SehnSucht - Erotischer Roman: Erotischer Roman (German Edition)
Allerdings mochte sie den Rückzug nicht antreten, ohne ihn wissen zu lassen, dass genau diese Art sie abschreckte. So rigoros wie Leander austeilte, musste er auch einstecken können. Vorgesetzter oder nicht – am Ende waren sie beide Menschen, die einander einigermaßen respektvoll begegnen sollten.
»Dann muss es in deinem Leben eine Sache geben, die dich konstantem Stress aussetzt«, konterte sie und verließ den Raum, ohne ihm die Möglichkeit einer Erwiderung zu geben.
***
Wenn Leander auf dieser Veranstaltung unbedingt mit einer Frau aufkreuzen musste oder wollte, wieso ließ er sich dann nicht von jemandem aus seinem privaten Umfeld begleiten?, grübelte Muriel noch als sie längst zu Hause war.
Hatte er keine Frau oder Freundin, so gab es doch sicher eine gute Bekannte, die ihm diesen Dienst erweisen würde.
Verzichtete er etwa darauf, weil er Privates und Dienstliches so strikt trennte? Muriel rief sich alle Events, die Leander in den letzten Jahren besucht hatte, in Erinnerung und mit ihnen die entstandenen Pressefotos. Der Untertitel eines jeden lautete: Leander Sands, Herausgeber des KINGz -Magazin, in Begleitung seiner Redakteurin / seines Redakteurs soundso.
Die Schüssel mit dem Salat, den Muriel sich zubereitet und nicht einmal zur Hälfte gegessen hatte, schob sie bald von sich. Noch auf dem Hocker sitzend, steckte sie die Hände in die Hosentaschen und blickte sich um.
Tatsächlich musste hier gründlich aufgeräumt werden. Auf der dunklen Oberfläche des Tresens lagen Krümel, wie auch auf den Dielen zu ihren Füßen. In der Spüle stapelte sich das Geschirr der letzten Tage, weil sie den Geschirrspüler noch nicht ausgeräumt hatte.
Einen unwilligen Laut ausstoßend, stand Muriel auf, beförderte das verschmähte Gemüse in den Müll und die Schüssel zu den Tellern, Tassen und dem Besteck in die Spüle. Sie nahm ein Glas aus dem Schrank. Der am Vorabend geöffnete Cabernet Sauvignon stand noch auf der Anrichte, umgeben von einem Muster aus vom Flaschenboden gezauberten roten Ringen. Sie schenkte das Glas halbvoll, trank einen Schluck und schlenderte von der Küche in den Wohnbereich.
Ihr Appartement war eine zu einem Loft umgebaute Dachgeschosswohnung – ideal für Muriel, die keine Türen benötigte, da es schließlich niemanden gab, von dem sie sich hin und wieder zurückziehen müsste.
Das Telefon klingelte. Muriel erkannte die Nummer und meldete sich. »Hallo Dad!«
Finley Harrison war für sie der beste Mensch der Welt. Als Kind hatte sie ihn angehimmelt, als Teenager bewundert und ihm schließlich nachgeeifert. Inzwischen war sie an ihm vorbeigezogen, wessen sie sich beide bewusst waren, doch er hatte nie nach Größerem gestrebt – wohl auch nicht die Möglichkeit dazu gehabt. Er war zufrieden mit dem, was er besaß, wie es immer gewesen war. Für die beruflichen Erfolge seiner Tochter freute er sich so sehr, wie ihn der private Verlauf ihres Lebens sorgte. Was er jedoch für sich behielt.
Muriels Vater war ebenfalls Redakteur. Seit sie denken konnte, schrieb er Berichte zu politischen und wirtschaftlichen Themen für die StarTribune, die Tageszeitung der Twin Citys Minneapolis und Saint Paul. Nachdem seine Frau und Muriels Mutter sie verlassen hatte als Muriel acht Jahre gewesen war, hatte er sie allein aufgezogen. Was Muriel früher selbstverständlich erschienen war, betrachtete sie nun mit großem Respekt. Sie war ein ziemlich lebhaftes Kind gewesen, das eine Menge Aufmerksamkeit verlangte und beizeiten einen eigenen Willen entwickelte, den sie als Teenager vehement durchzusetzen versuchte.
Die Redaktion der Tageszeitung war Muriels zweites Zuhause gewesen, denn nicht selten war ihr Vater dort bis spätabends oder auch am Wochenende beschäftigt. Die Atmosphäre des lebhaften Großraumbüros, die in die Jahre gekommene Einrichtung und veralteten Apparate – all das hatte sie fasziniert. Die Arbeitsabläufe und Gespräche der Redakteure waren so spannend für sie gewesen, dass sie sich häufig eingeklinkt hatte, was in den ersten Jahren für Amüsement gesorgt hatte. Später hingegen waren ihre Anregungen sogar willkommen gewesen. Es überraschte jedenfalls niemanden, dass Muriel im Anschluss an die High School Medienwissenschaft und Journalismus studierte.
Um ihren Vater auf den neuesten Stand zu bringen, erzählte Muriel ihm von der Presseveranstaltung. Wie erwartet, sah Finley darin eine Chance, die zwischen ihr und dem Herausgeber bestehenden Diskrepanzen zu
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