Sehnsucht nach dem Maerchenprinzen
über den Fluss zu schwimmen. Natürlich glaubte man ihm. Er gehörte zu den Reichen, ich dagegen zu den Armen. Wer hätte Mary Rose Costellos unehelichen Sohn schon in Schutz genommen? Und ich hätte damals geschworen, die Welt müsste untergehen, ehe du dich Martyn Prescott hingeben würdest!â
âVielleicht geschah es nicht ganz freiwillig. Hast du darüber einmal nachgedacht?â
âWie bitte?â
Charlotte schüttelte den Kopf. âVergiss, was ich gesagt habe. Wie konnte ich ahnen, dass wir uns wiederbegegnen würden?â
âBlödsinn!â, fuhr Rohan auf. âDu wusstest, dass ein Wiedersehen unvermeidlich war. Ich wollte dir nach Martyns Tod nur etwas Zeit lassen.â
âAnscheinend war es nicht genug.â Charlottes grüne Augen schimmerten feucht. âWas erhoffst du dir von mir? Soll ich sagen: âWillkommen zu Hause, Rohanâ?â
Rohan konnte sich kaum noch beherrschen. Alles hatte er erwartet â nur dies nicht. Die Kunde von Charlottes und Martyns Sohn war natürlich auch bis zu ihm gedrungen. Kummer und Verzweiflung hatten ihn fast umgebracht. Tag und Nacht, Monat für Monat, Jahr für Jahr hatte er mit seinen Dämonen gekämpft, um jetzt mit der niederschmetternden Wahrheit konfrontiert zu werden. Christopher war nicht Martyns, sondern sein Sohn.
Dabei hatte Charlotte behauptet, die Pille zu nehmen! âDu bist eine Lügnerin und Betrügerinâ, hielt er ihr grausam vor. âDas werde ich beweisen. Du hast gesagt, du würdest mich lieben und auf mich warten. Warum auch nicht? Wir hätten genug Zeit gehabt. Du warst erst achtzehn ⦠ich noch nicht mal einundzwanzig. Wende dich nicht ab. Jetzt ist Schluss mit diesem Theater. Ich bin Christophers Vater und werde es beweisen.â
âDrohst du mir?â
âAllerdings.â Rohan erschrak vor sich selbst. Er gab sich unversöhnlich, und doch quälte ihn das alte Verlangen, dessen er nicht Herr wurde. Würde das niemals aufhören? Charlotte war noch schöner geworden â seine Charlotte, die ihn und sich selbst betrogen hatte.
âBitte, Rohanâ, begann sie von Neuem. Ihr Gesicht und ihre Stimme verrieten, wie sehr sie litt. âIch ertrage das nicht. Lass mich allein nach Hause gehen.â
âDas kommt nicht infrage. Ich fahre dich.â Rohan zog sie von ihrem Stuhl hoch, verlieà mit ihr die Bibliothek und wandte sich zur Rückseite des Hauses, wo in einer angebauten Garage ein Auto für ihn bereitstand. âAhnt dein Vater etwas, oder verfolgt er immer noch die alte Vogel-StrauÃ-Politik?â
âDad liebt Christopher sehrâ, beteuerte Charlotte.
âDas wollte ich nicht wissenâ, erwiderte er grimmig.
DrauÃen schien hell die Sonne. Die weiÃen Rosen, die sich an der Giebeltür und der Mauer emporrankten, verströmten ihren lieblichen, Sehnsucht erweckenden Duft. Auf den Beeten jenseits der Terrasse blühten andere Sorten, vermischt mit schwerköpfigen Päonien, die Charlotte besonders liebte.
âAnfangs sah Chris meinem Bruder tatsächlich sehr ähnlichâ, sagte sie leise, ohne sich damit entschuldigen zu wollen. Es wäre sinnlos gewesen, Rohan weiter zu täuschen. Christopher glich ihm jetzt viel mehr als Mattie, und das würde sich noch verstärken. Hatte sie das nicht immer insgeheim gefürchtet? âJetzt verliert er allmählich sein süÃes Kindergesicht, aber das blonde Haar ist geblieben.â
âNa, groÃartig!â, rief Rohan aus. âEr hat also das blonde Haar der Marsdons! Nicht auszudenken, wenn es rabenschwarz wäre wie meins. Oder noch schlimmer ⦠rot, wie das meiner Mutter.â
âIch habe dich geliebt!â, begehrte Charlotte auf.
Er stieà einen verächtlichen Laut aus. âDu musst dir die Tränen aus dem Kopf geweint haben, als du mich los warst. Aber ich bin reich ⦠das ist ein ungeheurer Vorteil. Dein Vater war ein absoluter Verlierer, wie sich herausstellte, und ich hatte auch nichts. Ich war noch zu jung. Martyn dagegen verfügte über ein groÃes Vermögen. Sein Verlust muss sehr schmerzlich für dich gewesen sein. Warum lebst du bei deinem Vater? Hat Martyn dich nicht als wohlhabende Witwe zurückgelassen?â
âLeider nein, aber das geht dich nichts an.â
âEntschuldige, wenn ich widerspreche. Es geht mich sehr wohl etwas an. Martyns Vater war zu
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