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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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und ein Mädchen. Den Mann riefen sie Etomakwa, die Namen der Kinder habe ich vergessen.« Tränen glänzten in ihren dunklen Augen. Doch sie nahm sich zusammen und fuhr fort.
    »Etomakwa war ein guter Hirte. Als er Vengape zur Frau nahm, waren seine Herden mit Rindern, Ziegen und Schafen noch klein. Doch Etomakwa war ein umsichtiger Mann. Er durchstreifte unablässig die Ebenen und Hänge des Gebirges auf der Suche nach Wasser und gutem Weidegrund für seine Tiere. Keiner kannte das Land so gut wie er. Immer war er es, der nach der Regenzeit die besten Weidegründe fand. Er führte seine Tiere dorthin und schon bald vergrößerten sich seine Herden, und er gewann überall großes Ansehen. Vengape kümmerte sich unterdessen um ihr Ondjuwo. Das ist ein Haus, das sie mit Etomakwa und den Kindern bewohnten. Ein Ondjuwo ist nicht wie ein Haus in Owitambe. Es ist rund und klein und hat nur einen Raum. Du musst dich tief bücken, um durch einen vorgebauten Eingang in sein Inneres zu gelangen. Vengapes Volk baut das Ondjuwo aus den biegsamen Wedeln der Makalanipalme und macht es mit einer Mischung aus Flusssand und Kuhmist dicht. Der Fußboden ist aus festgestampftem Mist. Er hält im Winter die Kälte ab und im Sommer die Wärme. In der Mitte des Ondjuwo befindet sich eine mit Steinen umringte Feuerstelle. Tagsüber wird hier gekocht, und nachts spendet das Feuer Wärme, Licht und Schutz gegen wilde Tiere.«
    Sarah verstummte. Sie hielt ihre Augen geschlossen, als wäre
sie tief in ihren Erinnerungen gefangen. Johannes streichelte sanft ihre Hand.
    »Ruh dich aus«, meinte er besorgt. Doch Sarah schüttelte wieder den Kopf. Sie öffnete die Augen und begegnete fest seinem Blick. »Es ist für unseren Sohn«, sagte sie. »Du musst Vengapes Geschichte kennen!«
    Dann wandte sie ihren Blick von ihm ab und fixierte einen unbekannten Punkt an der grauen, mit Flecken übersäten Zimmerdecke.
    »Vengapes und Etomakwas Hütte war das einzige Ondjuwo in der Onganda. Etomakwa war ein guter Mann, aber er liebte die Einsamkeit. Seine Eltern waren schon lange gestorben und seine Schwestern waren streitsüchtig. Er suchte den Frieden. Deshalb lebten er und seine Familie ein Stück entfernt von den Ongandas ihrer Familien. Vengape gefiel das nicht. Sie liebte ihre Familie und wollte, dass Etomakwa in der Onganda ihrer Eltern lebte. Aber Etomakwa war eigensinnig und bestand darauf, dass sie ihre eigene Onganda hätten. Vengape war eine gute Frau und achtete den Wunsch ihres Mannes. Sie hatten ihr eigenes heiliges Feuer, und ihr Ondjuwo war gleichzeitig der Otjizero, die heilige Hütte. Etomakwa war großzügig. Er erlaubte Vengape, so oft sie wollte, ihre Familie zu besuchen. Und er lud ihre Familie ein, um Rituale in seiner Onganda abzuhalten. Seine Großzügigkeit wurde gerühmt. Denn er schlachtete bereitwillig Vieh für die Feste, und Vengape braute Kari, ein starkes Bier, das sie aus der Borke eines Baums, Grassaat und Honig herstellte. Vengape hatte oft Heimweh nach ihrer Familie, nur ihre Liebe zu Etomakwa ließ sie das einsame Leben ertragen.«
    Sarahs Stimme wurde jetzt beinahe monoton. Leise, um Festigkeit bemüht, suchte sie nach den richtigen Worten.
    »Die Einsamkeit bedeutete für Vengape nicht nur Heimweh. Sie bedeutete auch, dass sie keinen Schutz hatten. Die Himbas
hatten viele Rinder und noch mehr Schafe und Ziegen. Das sprach sich weit herum und schaffte Neid unter den anderen Stämmen. Immer wieder drangen Viehräuber von den Nama ins Kaokoveld und nahmen den Himba ihr Vieh weg. Sie waren grausam und töteten Frauen und Kinder. Eines Tages arbeitete Vengape auf ihrem Feld. Die Kinder schliefen noch im Onjuwo, und Etomakwa war gerade dabei, das heilige Feuer ins Innere der Hütte zu tragen. Vengape sah zu spät, dass Reiter kamen. Als sie sie bemerkte, hatten sie ihre Onganda schon fast erreicht. Es waren Viehräuber, die bereits begannen, die Rinder- und Schafherden zusammenzutreiben. Mit einem lauten Schrei stürzte sie auf das Ondjuwo zu. Etomakwa kam sofort heraus. Als er die Räuber sah, wurde er wütend, griff nach seinem Speer und rannte auf die Viehräuber zu. Ihr Anführer zögerte keinen Augenblick. Er hob sein Gewehr und schoss Etomakwa nieder. Vengape sah es und unterdrückte nur mit Mühe einen Schrei. Dann kroch sie in das Ondjuwo, um die Kinder zu holen. Der Junge schrie, weil er aufgeweckt worden war. Das Mädchen floh sofort in die schützenden Arme der Mutter. Sie packte ihre beiden Kinder und zog sie

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