Sehnsucht nach Owitambe
Kapitän nicht.
Nicht weit von den aufständischen Herero entfernt befand sich Owitambe. Fritz und Jella hatten sich entschieden, auf der Farm zu bleiben. Jella wollte ihr Baby zu Hause auf die Welt bringen. Sie hatten keine Angst vor Übergriffen. Die Herero hatten zwar auch einige Wasserstellen auf ihrem Land besetzt, doch sie hatten aus sicherer Quelle erfahren, dass keiner der Kapitäne einen Überfall auf ihre Farm plante. Nicht alle Herero hatten Owitambe verlassen. Einige Familien hatten sich entschieden, gemeinsam mit den Ovambos und Damarras zu bleiben. Schließlich war die Farm zu ihrem Zuhause geworden. Die Beteiligung an den Erlösen der Farm bot ihnen und ihren Familien
ein gutes Auskommen, das sie nicht verlieren wollten. Owitambe war die Heimat dieser Menschen, und die Sonthofens und van Houtens waren ein Teil von ihnen, trotz ihrer hellen Hautfarbe. Johannes, Sarah und der kleine Raffael waren immer noch bei den Himbas im Kaokoveld. Jella und Fritz hofften jetzt, dass sie dort blieben, bis sich die Lage entspannt hatte. Mit Sorge hörten sie die neuesten Nachrichten von der Aufrüstung der Schutztruppen. Seitdem im Mai Lothar von Trotha zum Oberkommandierenden von Deutsch-Südwestafrika ernannt worden war, um den Aufstand der Herero niederzuschlagen, war eine friedliche politische Lösung nahezu unmöglich geworden. General von Trotha strebte die Vernichtung der Aufständischen an, um ein Exempel zu statuieren. Seine Absicht war, alle verfügbaren Kräfte zu bündeln und die Herero mittels eines konzentrischen Angriffs zu einer Entscheidungsschlacht zu zwingen. Allerdings befanden sich große Truppenteile im Süden des Landes, um den Aufstand der Nama niederzuschlagen. Aus diesem Grund musste er Freiwillige und Reservisten rekrutieren. Rüdiger von Nachtmahr und sein Sohn Achim gehörten zu den Ersten, die sich meldeten. Immerhin hatte von Nachtmahr einmal dem königlich-sächsischen Kavallerieregiment angehört. Isabella und ihre kleine Tochter Sonja hatte der Baron in die Garnison nach Okahandja geschickt. General von Trothas Absicht war, den Aufstand mit einem Schlag militärisch zu beenden. Doch der neue Oberkommandierende der deutschen Streitkräfte hatte nicht mit den örtlichen Schwierigkeiten und den taktischen Fähigkeiten der Herero gerechnet. Die Herero waren kampferprobte Krieger mit guten Waffen. Ihr Aufstand war keinesfalls planlos verlaufen. Neben Angriffen auf Farmen führten die Herero Überfälle auf Depots, Eisenbahnlinien und Handelsstationen durch. Sie schwächten damit die Infrastruktur und sicherten ihren Nachschub. Die Krieger brannten die Höfe nieder und töteten die Männer. Frauen und
Kindern sowie Missionaren gestanden sie freien Abzug zu den nächsten Schutzstationen zu. Zu ihrer Taktik gehörte es auch, Gefallene vollkommen auszuplündern und sich nicht nur deren Waffen, sondern auch sämtliches persönliches Eigentum und die Uniformen anzueignen. Die Deutschen empfanden dies als äußerst abstoßend, da die Herero sich nicht scheuten, die deutschen Uniformen selbst anzuziehen und damit ihre Feinde zu verwirren. Durch diese List gelang es ihnen immer wieder, die Deutschen in einen Hinterhalt zu locken.
Auf der anderen Seite schaffte es das Deutsche Reich innerhalb kürzester Zeit, große Truppenkontingente nach Afrika zu verlegen. Innerhalb eines halben Jahres waren die Truppen von siebenhundertfünfzig Schutztruppensoldaten auf etwa fünfzehntausend aufgestockt worden. Damit hatten die Herero nicht gerechnet. Außerdem war es ihnen trotz Überzahl nicht gelungen, die Städte und Telegrafenlinien zu erobern. Nach etlichen Scharmützeln, die in zunehmendem Maße auch von den deutschen Schutztruppen gewonnen wurden, war das Herero-Volk des Kämpfens müde geworden und bereit, am Waterberg über ein Friedensangebot zu verhandeln. Doch ihre Kapitäne, allen voran Samuel Maharero, hatten mit dem friedfertigen Gouverneur Leutwein und nicht mit dem Vernichtungswillen eines Generals von Trotha gerechnet.
Am 11. August 1904 kam es zu der entscheidenden Schlacht am Waterberg. Von Trotha ließ zum Angriff blasen. Zahlenmäßig unterlegen, aber mit hervorragenden Waffen ausgestattet, griffen etwa tausendsechshundert Soldaten das Lager der Aufständischen von allen Seiten an. Von Trothas Ziel war es, die Herero vollständig zu unterwerfen. In einer Zangenbewegung sollten die sechs deutschen Abteilungen die Herero einkreisen und dann zum Kampf zwingen. Allerdings gab es
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