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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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sorgte sich Josua, der ein Ovambo war. »Vielleicht kriegerische Herero.«
    »Quatsch«, beschied ihn Jella. »Die würden uns doch nicht aus dem Weg gehen. Wir sehen jetzt mal nach.«
    Sie schnalzte mit der Zunge und ließ das Pferd antraben. Sobald die Gruppe bemerkte, dass Jella auf sie zuhielt, änderten sie ihren Kurs und kamen ihr entgegen. Mit gemischten Gefühlen erkannte sie Rüdiger von Nachtmahr und drei seiner Orlam. Alle waren schwer bewaffnet und sahen aus, als hätten sie längere Zeit in der Savanne verbracht. Ihre Kleider waren schmutzig und voller brauner Flecken. Einer von ihnen saß auf dem Kutschbock eines schwer beladenen Ochsenkarrens, der mit einer Plane fest verzurrt war.
    Jella hielt sich nicht mit langen Begrüßungsworten auf.
    »Was machen Sie auf unserem Land?«, fragte sie barsch.

    »Ist das jetzt auch schon verboten?«, konterte Nachtmahr finster. »Meine Männer und ich waren in Okakarara. Wir wollten keinen Umweg machen, deshalb durchqueren wir Owitambe.«
    Er zog seine Stirn kraus und deutete mit dem Finger auf sie. »Das Gleiche könnte ich Sie fragen. Sie kommen doch von Hakoma. Was hatten Sie dort zu suchen? Sie sind dort genauso wenig willkommen wie ich hier.«
    Darauf hatte Jella nur gewartet.
    »Danke für Ihre Freundlichkeit«, antwortete sie schnippisch. »Ich habe die letzten vierundzwanzig Stunden damit verbracht, Ihren Sohn und Ihre Männer wieder zusammenzuflicken. Hakoma wurde von den Herero überfallen.«
    »Überfallen?« Nachtmahrs Gesicht wurde erst fahl und rötete sich dann vom Hals her. Gleichzeitig ballte er seine freie Hand zur Faust. »Diese Mistkerle«, knirschte er. »Die mach ich kalt. Jedem einzelnen von ihnen werde ich die Haut abziehen.« Erst sein zweiter Gedanke galt seiner Familie. »Was ist mit meinem Sohn? Warum ist er mit den Bastarden nicht fertig geworden?«
    »Schön, dass sie so viel Anteilnahme zeigen«, konnte sich Jella nicht verkneifen. »Ihr Sohn hat bei der Verteidigung des Hauses einen Streifschuss abbekommen, vier Ihrer Männer sind tot, die anderen mehr oder weniger schwer verletzt.«
    »Verdammt!« Nachtmahr schlug mit der Faust auf den Sattel, sodass sein Pferd leicht scheute. Es kostete ihn einige Mühe, sich wieder in den Griff zu bekommen. Sein Unterkiefer mahlte erregt hin und her, bevor er sich wieder Jella zuwandte.
    »Wir wären sicher auch ohne Sie ausgekommen«, meinte er knapp. »Dennoch bedanke ich mich für Ihre Hilfe. Sie werden verstehen, dass ich jetzt sofort zurückmuss.«
    Jella nickte. Doch dann fiel ihr noch etwas ein.
    »Ihrem Sohn wird es bald wieder besser gehen, aber um Ihre Frau mache ich mir weit größere Gedanken. Sie ist krank!«

    Nachtmahr hob misstrauisch eine Augenbraue und fixierte sie mit seinem finsteren Blick.
    »Was geht Sie das an? Sind Sie etwa Ärztin?«
    »Das bin ich nicht«, entgegnete Jella peinlich berührt. »Aber ich bin immerhin ausgebildete Krankenschwester und erkenne, wenn jemand an Gelbsucht leidet. Ihre Frau muss sich dringend schonen und die Medikamente einnehmen, die ich ihr gegeben habe. Wenn sie weiterhin so schuftet, wird sie bald ganz zusammenbrechen. Ihre Leber muss sich erholen. Sie sollten ihr Ruhe gönnen.«
    »Ihre Anteilnahme können Sie sich sparen«, herrschte Nachtmahr sie an. »Noch einmal: Wir benötigen Ihre Hilfe nicht. Falls Isabella wirklich einmal krank werden sollte, so werden wir ganz sicher zu einem kompetenten Arzt nach Okahandja oder Windhuk gehen.« Er warf ihr einen verächtlichen Blick zu. »Und nicht zu einer hergelaufenen Frau, die sich als Wohltäterin aufspielt.«
    Er wendete sein Pferd und gab seinen Leuten das Zeichen, weiterzuziehen. Jella blieb vor Zorn erstarrt zurück.
     
    Noch eine ganze Zeit schimpfte sie wie ein Rohrspatz vor sich hin. In ihren Augen war Nachtmahr ein ungehobelter Idiot, den sie ans Ende der Welt wünschte. Dieser Ignorant hatte keine Achtung vor anderen Menschen. Da sie etwas vom Weg abgekommen waren, schlug Josua vor, einen Bogen zu fahren und sich der Farm vom anderen Ende her zu nähern. Das war bedeutend kürzer, als sich wieder zurück auf den Hauptweg zu begeben. Jella hatte nichts dagegen gehabt, obwohl sie dabei einen kleinen Ausläufer des Waterbergmassivs überqueren mussten. Direkt dahinter befand sich Owitambe. Der Weg schlängelte sich anfangs zwischen Felsgruppen bergauf, während die winterliche Sonne auf das silbrig graue Geäst der Rosinenbüsche brannte. Es war wieder Josua, der Jella aufgeregt

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