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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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seinen Sohn zu beruhigen. Aber der Junge war so aufgebracht, dass er sich dagegen wehrte und sich in seinen Decken vergrub.
    Hilflos betrachtete Johannes den Haufen, bevor er aus dem Planwagen kletterte, um sich schweigend neben seine Frau zu setzen, die ihn immer noch mit Missachtung strafte.
     
    Kurze Zeit später näherten sie sich der Etoschapfanne. Etoscha bedeutete auf Ovambo »großer weißer Platz«. Die über hundert Kilometer lange Salzpfanne war jetzt während der trockenen Monate ausgedörrt und zersplittert wie ein gesprungener Spiegel. Die Pfanne war eine riesige, weiß schillernde Senke, die eine Salzkruste bedeckte, von der sich nur der baumbestandene Rand deutlich am Horizont abzeichnete. Ihre Oberfläche bestand aus grünlichem Lehm mit verstreuten kleinen Sandsteinbrocken von purpurner Farbe. Auf den ersten Blick sah diese Mondlandschaft lebensfeindlich und wenig einladend aus. Auf dem kargen Salzboden wuchs nur eine Grassorte, aber die war für zahlreiche Gnus, Oryxantilopen und Zebras eine nahrhafte Pflanze. In regenreichen Jahren füllte sich die Etoschapfanne mit Wasser, sodass sich Abertausende von Flamingos und anderen Wasservögeln darin niederließen, um zu brüten. Für andere Tierarten war dieses Wasser ungenießbar. Sie bezogen die lebensnotwendige Flüssigkeit aus den wenigen natürlichen Quellen der Salzpfanne.
    Johannes hatte nicht vor, die Etoschapfanne direkt zu durchqueren. Er wählte die südliche Route, die sie an ausreichend Quellen vorbeiführen würde, deren Wasser von den Steilabbrüchen des südlichen Dolomitgesteins herrührte. Von dort floss Regenwasser in ein ausgedehntes System unterirdischer Spalten und Höhlen ab. Ihr Weg führte sie durch eine bizarre Savannenlandschaft,
die die Einheimischen »Märchenwald« nannten. Seltsam geformte Moringabäume, die an skelettierte Geisterund Fabelwesen erinnerten, bildeten einen bizarren Kontrast zu der sonst eintönigen Landschaft. Diese flaschenähnlichen Bäume speicherten in der Regenzeit das Wasser in ihren aufquellenden Stämmen. Davon profitierten sie dann während der trockenen Monate. In der Polizei- und Militärstation Okaukuejo machten sie zwei Tage Rast und frischten ihre Vorräte auf. Die Station war nur spärlich besetzt, denn die meisten Soldaten waren zum Schutz der Farmer in den Süden beordert worden. Von dem leitenden Offizier erfuhr Johannes erstmalig von der Schlacht am Waterberg. Als er hörte, dass das Gefecht in Hamakari, ganz in der Nähe von Owitambe stattgefunden hatte, machte er sich große Sorgen. Wie mochte es Jella, Fritz und den Leuten auf der Farm ergangen sein? Waren auch sie Opfer von Plünderungen geworden? Gab es Owitambe überhaupt noch? Alles in ihm drängte nun nach Hause. Zwar warnte ihn der leitende Offizier eindringlich vor einer Weiterreise, denn Gerüchten und Nachrichten zur Folge sollten auch die Ovambos im Norden begonnen haben, sich gegen die Schutztruppen aufzulehnen. Doch Johannes kümmerte das wenig. Er schlug alle gut gemeinten Ratschläge in den Wind. Am folgenden Tag brachen sie in Richtung Fort Namutoni auf. Auf holprigen Wegen durchquerten sie die aus Mopanebäumen, Drusen- und Schirmakazien bestehende Savannenlandschaft südlich der Etoschapfanne. Alles schien friedlich. Weit und breit waren keine Aufständischen zu sehen. Die wenigen Farmen auf ihrem Weg ließen sie aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen links liegen. Die Landschaft wirkte wie ein unberührtes Paradies. Einmal stießen sie auf eine kleine Gruppe Hei’lom-Buschmänner, die sie um etwas Mehl und Wasser anbettelten. Johannes gab gern etwas von seinen Vorräten ab und erfuhr dafür eine Abkürzung nach Fort Namutoni.

    An der Wasserstelle bei Charitsaub bot sich ihnen ein atemberaubender Anblick, der Johannes schon seinem Sohn zuliebe dazu brachte, eine Zeit lang zu verweilen. Hunderte von Gnus, Springböcken und Steppenzebras drängten sich um die begehrte Wasserstelle, und auch einige Giraffen gesellten sich zu den Tieren. Obwohl die Tiere in den letzten Jahren stark bejagt worden waren, versammelten sie sich hier immer noch sehr zahlreich.
    »So ähnlich müssen sich die Tiere um Noahs Arche gedrängt haben«, staunte Johannes und erzählte Raffael die Geschichte von dem alten Mann, der mit einem Schiff voller Tiere der großen Sintflut entkommen war.
     
    Fort Namutoni war 1897 von der deutschen Kolonialverwaltung errichtet worden. Mit Okaukuejo bildete das Fort die Markierung der nördlichen Grenze des

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