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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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und machte Anstalten, sich vom
Tisch zu erheben. Doch Friedrich protestierte. »Karl, du kannst uns jetzt nicht allein lassen! Wir brauchen dich!«
    »Ihr kommt gut eine Weile ohne mich klar. Außerdem habe ich genug getankt! Auch für euch wäre es besser, wenn ihr jetzt Schluss machtet!« Er klopfte mit der Faust auf den Tisch und erhob sich endgültig. »Kommen Sie!«, winkte er Johannes zu sich. »Wir gehen jetzt in meinen Store!«
     
    Sie waren gerade aus dem Verwaltungsgebäude getreten, als ihnen der Soldat vom Eingangstor aufgeregt entgegenkam. »Da ist etwas, das ist gar nicht gut«, stammelte er und zeigte in Richtung des Eingangstors.
    »Was meinst du damit, Martin?«, knurrte Karl Martens.
    »Ja, hörst du das denn nicht?« Martins Stimme überschlug sich. »Das sind mindestens fünfhundert Mann! Sie stürmen auf Fort Namutoni zu. Die wollen uns angreifen! Das muss ich Sepp sagen!« Damit stürmte er an ihnen vorbei ins Haus.
    Johannes und Karl Martens begaben sich sofort zum Tor, das immer noch offen stand. Etwa einen Kilometer von ihnen entfernt hatte sich eine große Menschenmenge versammelt. Sie näherte sich ihnen auf breiter Phalanx.
    »Mein Gott!«, stieß Martens überrascht aus. »Das sind ja Ovambos. Was zum Teufel wollen die von uns?«
    Johannes’ Kiefermuskulatur spannte sich besorgt. »Die sehen nicht sehr friedlich aus! Ich nehme mal an, die wollen Namutoni überfallen. Wir sollten schleunigst die Tore schließen!«
    Er lief eilig zu einem der Torflügel und stemmte sich dagegen. Martens nahm sich den anderen vor. Gemeinsam schafften sie es, das Tor zu schließen und den schweren Holzriegel davorzuschieben. Dann befahl er Raffael, zu seiner Mutter zu gehen. »Geht in das Haus da drüben und verschließt die Tür«, befahl er seinem Sohn. »Kommt auf keinen Fall heraus und versteckt euch. Egal, was gleich passiert!«

    Raffael zuckte zusammen. So hatte sein Vater noch nie gesprochen. Instinktiv begriff er den Ernst der Lage und wetzte zu seiner Mutter, die bereits vom Bock des Planwagens gestiegen war.
    »Was haben Sie an Waffen?«, erkundigte sich Johannes energisch.
    »Das weiß ich nicht so genau!«, überlegte Martens. »Aber sollten wir das nicht Hauptmann Friedrich überlassen?«
    Johannes schnaubte verächtlich. »Der ist doch dicht wie eine Haubitze! Wir sollten sehen, dass möglichst alle Männer schnell wieder nüchtern werden. Wie heißt der Soldat, der Wache geschoben hat?«
    »Martin Ludwig«, antwortete Martens. Zumindest der Kaufmann schien einigermaßen nüchtern zu sein.
    »Gut! Er soll herkommen und mir erklären, wie die Kanonen funktionieren.« Er deutete auf den Mauerumlauf, auf dem einige Kanonen angebracht waren. »Wir müssen den Ovambos zeigen, dass sie kein leichtes Spiel haben! Beeilen Sie sich!«
    Martens’ wuchtige Gestalt bewegte sich eilig auf das Verwaltungsgebäude zu, aus dem gerade die betrunkene Besatzung torkelte. Johannes begab sich unterdessen zu Sarah und ihrem Sohn.
    Zum ersten Mal seit ihrem Streit berührte er seine Frau an den Schultern.
    »Ich habe viel falsch gemacht«, meinte er ernst. »Wenn das hier vorbei ist, dann müssen wir noch einmal reden.«
    Sarah nickte und schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln. Dann nahm sie Raffael und bugsierte ihn in den Store.
     
    Nehale IyaMpingana war seit sechzehn Jahren König der Ondonga im Ovamboland. Er musste sich die Herrschaft mit seinem älteren Bruder Kambonde teilen, was zu einer fortwährenden Rivalität zwischen den Brüdern geführt hatte. Während
Kambonde sich bisher erfolgreich durch Passivität gegen den Einfluss der deutschen Schutzmächte gewehrt hatte, bevorzugte Nehale kämpferischere Methoden. Die Rinderherden der Ondongas waren in den letzten Jahren durch die Rinderpest stark dezimiert worden. Um eine Ausbreitung der Seuche zu verhindern, hatten die Deutschen eine Blockade errichtet, die verhinderte, dass die Ovambos Handel mit den Herero treiben konnten. Nehale empörte sich darüber, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Erst als ihm die Nachricht überbracht wurde, dass die Deutschen zudem beabsichtigten, alle Ovambo-Rinder zu erschießen, beschloss er, sich zu wehren. Er wiegelte sein Volk zu einem Aufstand auf. Alle waffentragenden Männer mussten sich vor seinem Kraal versammeln. Dort schwang er eine mitreißende Rede:
    »Wie lange wollen wir uns noch von den weißen Eindringlingen ärgern lassen?«, fragte er die Männer. »Sie kamen in unser Land, um uns vor Unruhen zu bewahren.

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