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Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition)

Titel: Sehnsucht nach Wombat Hill: Australien-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Capp
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leichtsinnig, und so steuert Nathaniel das Gefährt in gemütlichen Schlenkern über den Pfad. Sie sollten, schreit er, sich einem Zirkus anschließen und dort todesmutige Nummern zum Besten geben!
    Daraufhin müssen sie so sehr lachen, dass Jemma den entscheidenden Moment nicht mitbekommt, doch irgendwann haben sie den Pfad verlassen und schlingern plötzlich mit zunehmender Geschwindigkeit über das Feld. Sie kommen über eine Kuppe, und aus dem Nichts ragt ein paar Hundert Meter hangabwärts ein großer Blaugummibaum vor ihnen auf.
    Jemma nimmt Nathaniel so gut wie jede Sicht, sodass sie sein Auge sein muss. Als sie jedoch einen Warnschrei ausstößt, ist ihr Schwung so groß, dass nur noch wenig Hoffnung besteht, den Zusammenprall zu vermeiden. Sie können nur noch abspringen. Jemma springt nach links und schlägt mit einem Aufschrei auf dem Boden auf, Nathaniel stürzt ihr hinterher. Zwei Sekunden später müssen sie zusehen, wie das Veloziped auf den massigen Stamm des Blaugummibaums trifft und mit sich wild drehenden Rädern hoch in die Zweige fliegt, ehe es zu Boden kracht und sein Eisenrahmen entzweibricht.
    Jemmas Sturz war zum Glück von einem kleinen verstreuten Heubündel abgemildert worden. Sie setzt sich auf und spricht Nathaniel an, der reglos auf dem Boden liegt. Seine auf dem Bauch liegende Gestalt und das Veloziped im Hintergrund mit seinen sich sinnlos drehenden Rädern inspiriert sie zu einem Bild, das sie einmal malen möchte. Das Gemälde eines Mannes mit einem kaputten Fahrrad, und sie wird sich beim Malen nach ihm verzehren, wie sie sich nach ihm verzehrt hat, als sie seinen Körper das erste Mal mit ihrem Pinsel lebendig werden ließ.
    »Nat! Alles in Ordnung mit dir?«
    Nathaniel stöhnt und stützt sich auf seinen Ellbogen. Am Rande seines Blickfelds wimmeln dunkle Gestalten, und er fragt sich, ob er gleich ohnmächtig werden wird. Er schließt die Augen und öffnet sie wieder. Langsam verschwindet das schwarze Gewimmel, aber sein Kopf hämmert.
    »Es scheint nichts gebrochen zu sein.«
    »Und was ist mir dir?«
    »Nur wehgetan«, antwortet sie und reibt sich ihren Schenkel.
    »Was haben wir uns nur dabei gedacht?« Er lächelt matt. »Wir hätten dabei umkommen können.« Er schleppt sich über den Boden zu ihr und legt seinen Kopf in ihren Schoß. Und schweigend verweilen sie so und lauschen ihren hektischen Atemzügen. Die von dem Zusammenstoß aufgescheuchten Kakadus lassen sich wieder nieder und picken ihre Grassamen. Am Himmel färben tief hängende Wolken sich rosa.
    »Wir werden einen Monat lang grün und blau sein«, sagt Nathaniel. Er findet es tröstlich, einen Zeitrahmen festzusetzen, obwohl er keine Ahnung hat, wie lange der Heilprozess dauern wird. Oder ob eine Heilung tieferer Art überhaupt je möglich sein wird. Ob ihre Liebe immer aus einem Teil Ekstase und aus zwei Teilen Schmerz bestehen wird.
    Ein Rad des Velozipeds liegt verbogen im Gras, das andere lehnt wie ein Betrunkener am Baum. Von einem der unteren Äste baumelt die Hälfte des um die eigene Achse gebogenen Rahmens.
    Jemma seufzt. »Es tut mir leid, Nat.«
    Nathaniel lässt sich von ihrem Schoß ins Gras rollen. »Was tut dir leid? Wir haben getan, wozu wir Lust hatten, Jem. Und es hat uns in Gottes Namen zum Lachen gebracht! Würdest du nicht alles noch mal tun?«
    »Alles noch mal tun?« Sie weiß, dass er damit nicht die Ereignisse dieses Nachmittags meint. Er möchte von ihr die Bestätigung hören, dass ihre gemeinsame Zeit es wert war. Sie sieht ihn an, wie er ausgestreckt auf dem Gras liegt, sein Hemd ist am Ellbogen zerrissen, und über seine Stirn zieht sich eine böse rote Schürfwunde, und doch hat sie ihn nie attraktiver gesehen. Wenn es doch nur möglich wäre, alles andere auszublenden und nur füreinander zu leben. Aber von Anfang an waren sie Gefangene von Ereignissen gewesen, die sich ihrer Kontrolle entzogen. Sie starrt hinaus auf die Bucht.
    »Wir hatten keine echte Chance.«
    Nathaniel will gerade etwas darauf erwidern, als Jemma Henry entdeckt, der aus dem Haus tritt. »Sieh doch!«, sagt sie, froh um diese Ablenkung. Und so verfolgen sie beide, wie der Junge mit dem an seiner Seite springenden Hund über das Feld auf sie zugerannt kommt.

40
    Seit ihrer letzten Schwangerschaft hat Celestina keinen so leichten Schlaf mehr gehabt. Seit man ihre Scheiben eingeworfen hat, wird sie vom leisesten Geräusch wach – Opossums auf dem Dach, das leise Gemurmel der Bergleute, wenn diese von der

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