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Sehnsucht

Sehnsucht

Titel: Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang R. Hantel-Quitmann
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gemacht werden. Pablo Picasso hat immer wieder von seiner tiefen Sehnsucht gesprochen, so einfach, offen und unbefangen wie ein Kind malen zu können. Seine Sehnsucht hat sich zur Freude der Menschen mehr als erfüllt und seine Genialität rührt vielleicht genau daher, mit wenigen Strichen wie ein Kind malen zu können und dabei zugleich das Wesentliche zu verdeutlichen, wie es nur ein Erwachsener sehen kann.
    Heute wird ein achtjähriger englischer Junge namens Kieron Williamson als neuer Picasso gefeiert. Seine dritte Galerieausstellung war nach 27 Minuten ausverkauft, der Erlös: 150000 Pfund. Heute kann man kein Bild mehr von ihm kaufen, seine Werke gelten als ausverkauft. Wäre Kieron nicht acht Jahre alt, sondern 38, dann wären seine Bilder nicht wirklich etwas Besonderes. Er malt vorwiegend Natur- und Landschaftsbilder. Seine Eltern kaufen ihm Bildbände anderer Maler, die ihn dann zu eigenen Bildern inspirieren. Dabei zeigt er sich auf eine erstaunliche Weise wissbegierig und kreativ. Sein Elternhaus in Holt an der englischen Ostküste wird von Fans aus der ganzen Welt besucht, viele Zeitungs- und Fernsehreporter versuchen den Jungen beim Malen zu beobachten und daraus Sensationsberichte anzufertigen, die den Mythos des jungen Genies nähren. Man hofft beim Lesen solcher Berichte immer, dass Kieron von seinen Eltern liebevoll gefördert und nicht von deren Interessen angetrieben wird.
    Geborene Wunderkinder sind eher selten und vollbringen ihre Wunder mit einer besonderen Leichtigkeit auch bis ins hohe Erwachsenenalter. Sicher ist Johann Sebastian Bach solch ein Wunderkind gewesen, allerdings galt seine Kindheit bislang als weitgehend unerforscht. Noch vor seinem zehnten Lebensjahr war er Vollwaise. Er hat in seinem Leben mehr als tausend Werke komponiert, ein geübter Notenschreiber würde sein ganzes Berufsleben darauf verwenden müssen, diese Werke allein nur abzuschreiben. Aber Bach hat sie komponiert, darunter mit nicht einmal 18 Jahren die berühmte Toccata in d-Moll. Vor wenigen Jahren hat man in der Anna-Amalia-Bibliothek in Leipzig Schriften und Kompositionen des jungen Bach gefunden, die den lang gehegten Verdacht untermauern, dass Bach ein ebenso begnadetes Wunderkind wie Mozart gewesen sein musste, man wusste es nur nicht. Anscheinend war er nicht der hilflose Vollwaise, als der er bislang gesehen wurde, sondern wurde in seinen Talenten schon früh erkannt und auch gefördert. Bach hat später seinen Söhnen Geschichten über seine Kindheit erzählt, die sich heute aufgrund neuer Befunde und Handschriftanalysen bestätigen lassen. Er war eines der geborenen Wunderkinder, die ihr Schicksal anscheinend selbst in die Hand genommen haben.
    Geborene und gemachte Wunderkinder verfügen alle über besondere Begabungen und Potentiale, aber gemachten Wunderkindern fehlt dabei irgendwie die Leichtigkeit. Man merkt ihnen die ungeheure Energie an, die sie täglich dafür aufbringen müssen, ihren Status als Wunderkind sich selbst und anderen immer wieder neu zu beweisen. Häufig quälen sie sich über viele Jahre in der Angst, dass das nächste Wunderkind jederzeit entdeckt werden und den eigenen Platz streitig machen könnte. Wer oder was sitzt diesen gemachten Wunderkindern im Nacken, was treibt sie an, warum nehmen sie solche Qualen auf sich? Weil sie wie alle Kinder von ihren Eltern geliebt werden wollen, aber stets mehr oder weniger offen zu Höchstleistungen angetrieben werden, um die Sehnsüchte ihrer Eltern zu erfüllen.
    Michael Jackson und die Kinderband Jackson Five sind dafür nur ein besonders tragisches Beispiel. Heute ist der Drill bei zweijährigen Kindern aus meist wohlhabenden Familien in vielen Elitekindertagesstätten alltäglich. Schon die Aufnahme in diese Kindertagesstätten gleicht einem Genietest. Da werden Sprachkompetenzen durch das Erzählen von Geschichten überprüft, komplizierte mehrteilige Puzzles gelegt oder mathematische Frühkompetenzen getestet. Und nach bestandener Aufnahmeprüfung geht es mit der gezielten Förderung entsprechend weiter: Buchstaben und Zahlenreihen müssen bereits mit zwei Jahren geübt werden, mit drei Jahren sollte eine zweite Fremdsprache erlernt werden, musikalische Früherziehung und sportliche Förderung verlaufen natürlich parallel. Hier werden Kinder zu Wunderkindern erzogen und die Voraussetzungen sind nicht immer besondere

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