Sehnsuchtsland
verliebt habe! Und jetzt... ist alles wie immer.«
»Meine Güte, Lena!« Ingrid nahm Lenas Hand und beugte sich vor, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Sie sprach jetzt deutlich leiser als vorhin. »Er hat dir vielleicht nicht alles erzählt wegen Marielund. Na und? Und diese Britta... Ich hatte vorhin die Möglichkeit, mich länger mit ihr zu unterhalten. Und ich sage dir, zwischen den beiden läuft gar nichts mehr!«
Ingrid streckte die Hand aus und legte sie gegen Lenas Wange. »Kämpf um ihn!«, flüsterte sie.
Lena starrte sie an, völlig konfus von dem Aufruhr, der in ihrem Inneren herrschte. Ihre Lippen zitterten, und ihr Gesicht war nass von Tränen.
Sie zuckte zusammen, als plötzlich Magnus die Küche betrat. »Lena, ich weiß, wie das alles auf dich wirken muss, aber...«
»Du musst mir nichts erklären«, fiel ihm Lena heftig ins Wort. »Du hast ein Kind, und an das musst du jetzt denken. Es wäre mit uns beiden sowieso nicht gut gegangen. Also mach dir keine Gedanken. Es ist gut so, wie es ist.«
Mit abgewandtem Gesicht sprang sie auf und lief aus der Küche. Magnus blieb wie vom Donner gerührt stehen und blickte ihr stumm nach. Ingrid seufzte und wusste nicht, wohin sie schauen sollte. Sie konnte sich kaum an eine Situation erinnern, die so verfahren war wie diese.
*
Magnus traute seinen Ohren nicht. Er hörte die Worte zwar, konnte aber nicht glauben, dass es Britta war, die sie aussprach. Sie stand mit dem Rücken zu ihm auf dem Weg, der vom Hof zum See hinunterführte. Offenbar hatte sie sich außer Hörweite von Emma begeben, weil sie kein Interesse daran hatte, dass ihre Tochter von diesem Telefonat etwas mitbekam.
Dafür kam Magnus in den Genuss, ein paar besonders aufschlussreiche Sätze aus nächster Nähe anzuhören.
»Komm, sei nicht so ungeduldig«, sagte sie in einem ihm gänzlich unbekannten, lockenden Tonfall. »Morgen bin ich doch wieder da!« Sie hielt inne, der Anrufer erwiderte wohl etwas. Magnus musste nicht lange rätseln, worum es sich handelte, denn als Nächstes sagte Britta leise: »Ich doch auch! Bis dann mein, Liebling! Ich freu mich auf dich!« Sie trennte die Verbindung und schob ihr Handy in die Hosentasche.
Magnus trat an ihre Seite, und ihr genügte ein Blick in sein Gesicht, um zu erkennen, dass er genug mitgehört hatte. In Anbetracht der peinlichen Situation verhielt sie sich bemerkenswert gefasst, wie Magnus fand. Nicht die Spur von Schuldbewusstsein zeigte sich in ihrer Miene.
»Kenne ich ihn?« Er brachte es nicht fertig, ruhig stehen zu bleiben. Die Hände in den Hosentaschen vergraben, ging er in Richtung Bootssteg.
»Es tut mir Leid, Magnus.« Britta folgte ihm. »Ich wollte es dir schon längst sagen. Aber irgendwie war nie die richtige Gelegenheit. Ich habe ihn bei den Theatertagen in Göteborg kennen gelernt. Letzten Sommer. Er ist dort Dramaturg beim Theater.«
Magnus hockte sich auf die Holzbank am Rande des Stegs, beide Hände neben den Oberschenkeln zu Fäusten geballt.
»Es ist was Ernstes, oder?«
Britta nickte. Seufzend ließ sie sich neben ihm nieder und schaute stumm geradeaus.
»Irgendwie habe ich es geahnt«, sagte er. »Danach warst du noch mehr unterwegs als sonst.«
Sie schwiegen beide eine Weile.
»Wann hat es aufgehört mit uns?«, fragte Magnus schließlich.
»Es gibt wohl keinen bestimmten Zeitpunkt.« Britta zuckte die Achseln. Ihr Gesicht war ernst. »Irgendwann.«
Es hätte ihn treffen müssen, doch das tat es nicht. Da war keine Bitterkeit. Und wenn doch, war sie so bedeutungslos, dass er sie kaum spürte. Alles schien mit einem Mal von unausweichlicher Endgültigkeit zu sein. Trotzdem fühlte er sich entsetzlich schlecht.
Das, was sein Inneres plötzlich zu Eis erstarren ließ, hatte nichts mit seiner Ehe zu tun, sondern damit, dass er ein Kind hatte, das er mehr liebte als sein Leben.
»Wirst du nach Göteborg ziehen?« Sein Herz klopfte heftig bei der Frage und setzte kurz, aber spürbar aus, als Britta nickte und mit schwachem Lächeln sagte: »Wir haben eine kleine Wohnung am Hafen gefunden.«
Also war für sie schon alles geregelt, und er war der Letzte, der es erfuhr.
»Und Emma?« Magnus gab sich Mühe, möglichst gelassen zu sprechen, doch er konnte nichts dagegen tun, dass seine Stimme emotionsgeladen klang.
»Was denkst du?«, wollte sie neugierig wissen.
Magnus zuckte die Achseln und gab sich sachlich. »Das Wichtigste ist wohl, dass wir uns fair verhalten.«
Sie schaute ihn von der Seite
Weitere Kostenlose Bücher