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Sehnsuchtsland

Sehnsuchtsland

Titel: Sehnsuchtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inga Lindström
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an. »Wo soll sie leben?«
    Magnus begriff, dass Britta nicht automatisch unterstellte, Emma werde mit ihr nach Göteborg ziehen. Im Gegenteil, sie schien für alle diesbezüglichen Optionen offen zu sein. Sein Herz setzte erneut einen Takt aus, doch diesmal tat es nicht ganz so weh. Er hatte eine Chance.
    »Sie wird uns schon sagen, bei wem sie leben will«, erklärte er mit fester Stimme. »Sie ist ein kluges Mädchen. Ganz die Mutter.« Er lächelte Britta zögernd an.
    »Oder ganz der Vater.« Britta erwiderte sein Lächeln. Impulsiv ergriff sie seine Hand und drückte sie fest. Nur um sie im nächsten Moment wieder loszulassen, als wäre ihr soeben eingefallen, dass sie dazu kein Recht mehr hatte.
    Sie blieben noch eine Weile nebeneinander auf der Bank sitzen und schauten schweigend hinaus aufs Wasser.

    *

    Lena hatte rasch geduscht und sich umgezogen. Der Abschied von Ingrid war unkomplizierter über die Bühne gegangen, als sie befürchtet hatte. Wahrscheinlich lag es daran, dass Lasse dabei gewesen war. In der Gegenwart ihres Sohnes hatte Ingrid sich vermutlich zusammengerissen. Lena war froh, ohne eine weitere Standpauke davongekommen zu sein. Vorwürfe und Vorschriften waren das Letzte, was sie jetzt noch brauchen konnte.
    Der Abschied von ihrem Vater stand ihr noch bevor, doch auch damit würde sie fertig werden.
    Als sie ihn allerdings über den Hof auf sich zukommen sah, war sie dessen auf einmal nicht mehr ganz so sicher. Sein Gesicht war so ernst, und in seinen Augen stand unübersehbar die Furcht, sie zu verlieren.
    »Ich muss fahren«, sagte Lena überflüssigerweise. »Mein Urlaub ist zu Ende.«
    Björn legte den gesunden Arm um sie und hielt sie fest. »Kommst du wieder?«, flüsterte er in ihr Haar. Er wollte nicht, dass sie sah, wie schlecht es ihm ging. Sie war sein Kind, und sie riss ihm das Herz heraus. Und er konnte nichts dagegen tun.
    »Du kannst mich doch auch in Stockholm besuchen.«
    »Und Elinor?« Es war ein letzter Versuch, doch auch das nützte nichts.
    »Ich kann ihr nicht helfen«, sagte Lena.
    »Du würdest auch dir selbst damit helfen.«
    Lena schüttelte den Kopf. »Ich muss los, Papa. Ich melde mich. Mach’s gut.« Sie gab ihm einen raschen Kuss auf die Wange und eilte dann ohne ein weiteres Wort davon. Björn blieb stehen, ohne ihr nachzuschauen.

    *

    Lena hatte Mühe, nicht zu weinen, während sie an der Pferdekoppel vorbeifuhr und dann das Wäldchen passierte. Doch sie hatte sich vorgenommen, auf keinen Fall mehr zu heulen. Es tat nur weh und führte zu nichts. Das Leben ging weiter, und wenn sie eins begriffen hatte, so war es die Tatsache, dass die Dinge sich eben nicht änderten, egal, was Magnus dazu gesagt hatte.
    Sie hatte kaum die ersten paar hundert Meter mit dem Cabrio zurückgelegt, als ihr Handy klingelte. Es war Malte.
    Sie kannte ihn seit fast einem halben Jahr und hatte ihn erst vor ein paar Tagen das letzte Mal gesehen, doch mit einem Mal kam es ihr vor, als sei er ein Fremder.
    »Hallo, Malte«, sagte sie höflich. »Ich bin auf dem Weg nach Stockholm. Wie geht es dir?«
    »Sehr gut.« Seine Stimme am Telefon klang aufgeräumt. »Ich komme gerade aus London. Sehen wir uns heute Abend?«
    »Warum nicht«, erwiderte sie mit derselben mechanischen Höflichkeit, die sie auch vorhin bei der Begrüßung an den Tag gelegt hatte.
    »Ich hole dich um halb zehn ab«, erklärte er. »Was wollen wir machen? Essen? Kino? Oder bleiben wir bei dir?«
    Lena bremste abrupt und starrte auf die beiden steinernen Wegweiser, die den Weg nach Marielund markierten.
    »Lena?«, tönte es aus dem Handy.
    »Hör zu, Malte!«, sagte Lena mit plötzlicher Entschiedenheit. »Es wäre ein Fehler. Das mit uns — es ist vorbei. Oder genauer: Es gab im Grunde nie etwas.«
    »Was zum Teufel soll das heißen?«
    »Wir lieben uns nicht.«
    »Was hat Liebe damit zu tun?« Es klang überrascht und ein bisschen beleidigt.
    Lenas Blicke hatten sich an der steinernen Inschrift festgesaugt. Marielund...
    »Was Liebe damit zu tun hat?« Sie lachte bitter. »Alles natürlich! Sie hat alles damit zu tun!«
    Er war derjenige, der die Verbindung trennte, das machte es ihr leichter. Der Weg lag offen vor ihr, sie musste ihn nur noch gehen. Es war Zeit, Ordnung in ihrem Leben zu schaffen. Doch diesmal würde sie es richtig machen. Und an der richtigen Stelle wollte sie damit anfangen. Kurz entschlossen stieg sie aus dem Wagen und ging zwischen den beiden großen, verwitterten Steinen hindurch, um dem

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