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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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potentielle Kunden sie in Unterwäsche sehen. Sie hat nichts dagegen, mit ihrer Weiblichkeit zu spielen, schliesslich trägt sie privat oft kurze Kleider. Sie weiss, dass sie gute Beine hat. Das sagen zumindest viele. Sie sind wahrscheinlich etwas vom Besten an ihr. Aber alles hat Grenzen.
    Der Rest der Aufnahmen geht gut über die Bühne. Am Schluss darf sie noch einmal ein Abendkleid tragen. Alleine für dieses Kleid hat sich all der Aufwand gelohnt. Es ist aus königsblauer Seide und darin fühlt sie sich auch wie eine Königin, oder wie eine Beinaheprinzessin, wie zum Beispiel Catherine, Herzogin von Cambridge, vor einem Jahr noch Kate Middleton, langjährige Freundin von Prinz William. Nur der Rückenausschnitt ist ein bisschen zu tief für eine Blaublüterin. Das Kleid ist fast komplett rückenfrei. Aber das ist die Art von verführerisch, gegen die sie nichts hat.
    Nicolas klatscht in die Hände. „Endspurt, Leute!“ Die Uhr an der Wand zeigt mittlerweile fast 16 Uhr. Alys ist erschöpft. Sie sind seit sechs Uhr morgens hier. Nicolas will etwas von ihnen, das er Tango-Pose nennt. Die Seide verheddert sich unwillig um die Absätze ihrer goldenen High Heels, dann um ihre Beine. Es ist eine ziemliche Balanceübung. Eliot soll ihren Oberschenkel anheben, sie soll ihr Bein um seine Hüfte wickeln und sich dabei rückwärts lehnen. Er soll sie in den Armen halten ohne sie fallen zu lassen. Wie diese Bewegung im Tango, wo sich der Mann hingebungsvoll über die Frau beugt und sie sich in seinen Armen fast bis zum Boden sinken lässt. Sie stellen sich beide ziemlich ungeschickt an und Eliot gerät aus der Puste. „Verdammte Raucherlunge“, murmelt er. Alys muss lachen wegen seinem konzentrierten und angestrengten Gesichtausdruck. Dann glucksen sie beide, er lässt sie fast fallen und eine Weile geht gar nichts mehr. Mascha grinst, Irina sagt zu Mascha „ich muss ihn endlich in einen Tanzkurs schleppen“, und Nicolas rauft sich die sorgfältig in Form geklebte Frisur.
    Dann klappt es doch noch und Nicolas beschwört wieder ein Blitzlichtgewitter herauf. „Beug dich noch ein wenig mehr über sie“, befiehlt er Eliot. „Tut mal so, ob ihr Euch gleich küssen würdet“. Alys hebt eine Augenbraue, aber dann ist Eliots Gesicht plötzlich ganz nah an ihrem. Sie erstarrt in seinen Armen und hofft nur noch, den Halt nicht zu verlieren. Eliot legt sein Gesicht etwas schräg, damit sich ihre Nasen nicht in die Quere kommen, dann verharrt sein Mund knapp über ihrem. Sie kann seinen Atem auf ihrem Gesicht fühlen, er beschleunigt sich aber sie weiss nicht, ob es ist weil sich ihre knapp 60 Kilo für ihn mittlerweile nach viel mehr anfühlen ... Sie hält den Atem an bis die Natur ihr Recht verlangt und selbst dann fällt es ihr noch schwer. Sie sollte vermutlich die Augen schliessen, aber das geht irgendwie nicht . Sie scheint ihn anschauen zu müssen, die dunklen Augen so nahe wie noch nie, wenige grüne Sprenkel darin, seine Pupillen sind gross, obwohl es doch hell ist im Fotostudio.
    „Super, das war’s“. Nicolas Stimme kommt von weit her. Eliot richtet sich wieder auf und zieht sie mit sich, strahlt sie an und lässt sie dann los. Sie gerät ein wenig ins Schwanken. Diese verdammten Schuhe. Diese verdammten Gefühle!
    „It’s a wrap“, ruft Nicolas, nur kiekst er dabei nicht so wie Heidi Klum in „Germany’s Next Topmodel“, wenn ihre ‚Mädels’ mal wieder ein Shooting hinter sich gebracht haben. Nicolas klatscht jetzt und alle fallen ein. „Du warst super, Zuckerpuppe“, sagt Eliot leise und wickelt einen Arm um ihre Schulter . Du solltest mich nicht so nennen. Sie lächelt vage zu ihm auf und hofft, das es nicht traurig aussieht. Oder dass er es ihr nicht ansieht. Dass es nicht jeder sehen kann. Ich bin verliebt in dich, Herr Wagner. Und ich hab keine Ahnung, was ich jetzt tun soll.
     
    *
     
    Sie hatte vorgehabt, früh schlafen zu gehen. Aber obwohl sie sich vom Shooting ausgelaugt fühlt, ist an Schlaf nicht zu denken. Obwohl sie lange in der Badewanne lag, viel Schaum, nach Honig riechend, bis sie sich ganz aufgeweicht fühlte. Auch ein Glas ihres Lieblingsweins, ein ganz süsser Rosé aus Portugal, stoppt das Rattern in ihrem Kopf nicht. Sie war schon immer jemand gewesen, der sich viele Gedanken macht. Zu viele. Und meistens, so wie heute Abend, kann sie das Gedankenkarussell nicht anhalten, so sehr sie auch will. Es dreht sich schnell und schneller bis ihr schwindlig wird. Mann. Sie lässt

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