Sehnsüchtig (German Edition)
ihren Kopf zurück aufs Kissen fallen und reibt sich die müden Augen. Sie fühlt sich alleine, obwohl sie doch den ganzen Tag von Leuten umgeben gewesen war – und es sonst geniesst, am Abend die Wohnung für sich alleine zu haben. Sie studiert ihr Handy und wünscht sich, es würde piepsen. Ihr mitteilen, dass irgendwer an sie denkt und ihr schreibt. Sei es noch so banal.
Sie studiert am Shooting herum, und das beschwört all die Erinnerungen wieder herauf. Eliots Hände auf ihrem Rücken, auf ihrem nackten Oberschenkel, sein Atem auf ihrem Gesicht, sein Körper, warm an ihrem, dieser Geruch ... Sie kann ihn noch riechen, kann seine Hände wieder fühlen ... Die Eindrücke prickeln auf ihrer Haut und ihr ist plötzlich wieder heiss. Gequält rutscht sie im Bett herum. Sie wünscht sich, es wäre nicht so gross und leer. Und es wäre jemand da; Hände auf ihrem Körper, auf ihrer Haut, ein Mund auf ihrem, sich an und mit jemandem abreagieren bis die Haut nicht mehr brennt und die Gedanken vor Erschöpfung langsamer werden. Einen Augenblick ist sie versucht, Janosch anzurufen. Vielleicht würde er vorbeikommen. Nein, er würde sogar sicher vorbeikommen . Der Sex mit ihm war grossartig gewesen. Alys legt das Handy zurück auf den Nachttisch. Das ist eine ganz dumme Idee. Vielleicht würde es kurzfristig helfen, aber der Nachgeschmack wäre bitter. Sie würde sich leer fühlen und benutzt, obwohl sie ihn ja angerufen hätte. Sie würde sich nicht besser fühlen, sich höchstens ab sich selbst fragen. Sex ohne Gefühle ist für nichts. Und ihre Gefühle für Janosch haben sich verflüchtigt; vielleicht, weil sie ihn lange nicht gesehen hat, oder vielleicht, weil jemand anderes in ihrem Kopf im Kreis geht. Wahrscheinlich würde sie sich nicht mal auf Janosch konzentrieren können, sondern dabei an Eliot denken. Würde ich mir vorstellen, es sei Eliot und nicht Janosch? Ja, das würde ich. Und das ist traurig. Und es wäre verlogen. Das habe ich mal wieder super hingekriegt. Mich in Eliot verlieben, ausgerechnet. Dabei hatte sie zu Mascha noch grossmundig gesagt, „Ich werde mich nicht in ihn verlieben.“ Anscheinend doch. Bei der Wahl ihrer Männer war sie noch jedesmal masochistisch veranlagt gewesen. Auf den ersten Blick waren es alles tolle Männer gewesen. Intelligent, kreativ, selbstbewusst und ihre Freundinnen hatten noch über jeden gesagt, er sähe gut aus. Leider waren sie Luftikusse gewesen, die sich nicht binden wollten und nur auf ein bisschen Spass aus waren. Die Männer aber, die wirklich Interesse an ihr gehabt hatten, hatten sie gelangweilt. Sie fühlt sich ziemlich schnell bedrängt und unwohl, wenn jemand echtes Interesse an ihr zu haben scheint. Wahrscheinlich, weil sie einfach noch nicht dem Richtigen über den Weg gelaufen ist.
Und jetzt Eliot. Ein Traummann. Und wieder genau ihrem Muster entsprechend. Kreativ, selbstbewusst, sarkastisch, manchmal laut. Aber mit Tiefgang. Kompliziert bis anstrengend. Komm her. Komm mit. Ich will das so. Genau so und nicht anders. Unberechenbar eben. Mit einem grossen Herz und guten Manieren. Ein Widerspruch auf zwei Beinen. Ein verdammt schöner, wandelnder Widerspruch. Und verdammt verlobt. Vielleicht, wenn sie Glück hat, wird der Kontakt nach dem Auftrag nicht abbrechen. Vielleicht wird sie ihn weiter hin ab und zu auf einen Kaffee sehen. Sie kann sich ihr Leben nicht mehr ohne Eliot vorstellen. Wenn sie ihn schon nicht so haben kann, dann vielleicht wenigstens als Freund, mit dem sie Kaffee trinkt und sich über Gott und die Welt unterhält. Nein, der blosse Gedanke daran, Eliot zu verlieren, versetzt sie in Panik.
Hör. Auf. Zu. Denken. Jetzt sofort. Sie öffnet ihren Laptop, der auf dem Bett neben ihr zufrieden vor sich hinsummt. Vielleicht hilft ja irgendein Film. Keine Schnulze. Keine Sexszenen. Aber auch nichts Brutales und schon gar nichts Trauriges. Etwas mit leckeren Männern, Action und flotten Sprüchen. Sie klickt sich durch den iTunes-Store. ‚Die 3 Musketiere’? Warum nicht, sie hat schon immer eine Vorliebe für Säbelgerassel und Federbüschen auf Hüten gehabt. Einer für alle, alle für einen. Kampf um Ehre, rassige Pferde und hohe Lederstiefel. Ausserdem spielt Orlando Bloom mit, mit dessen Postern sie als Jugendliche ihr Zimmer tapeziert hatte. Himmel, sie war verrückt nach ihm gewesen. Die dunklen Augen. Die Wangenknochen. Die dunklen Locken.
Orlando Bloom ist kaum wiederzuerkennen in dem Film als fieser, überdrehter und tuntiger
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