Sehnsüchtig (German Edition)
Lord Buckingham. Da gefallen ihr die Musketiere schon besser, schwarzes Leder um muskulöse Beine. Da ist Matthew MacFayden, dessen blaue Augen und kühl-sensible Art es ihr schon bei ‚Stolz und Vorurteil’ angetan hatten. Aber dann erobert jemand anderes ihren Bildschirm im Sturm. Und ihr Herz gleich mit. Oder auf jeden Fall den Teil, der für irgendwelche Schauspieler schlägt. Als Aramis oder Luke Evans zum ersten Mal die schwarze Kapuze nach hinten schlägt und direkt in die Linse blickt, drückt sie unvermittelt „Stop“, um dieses Gesicht zu studieren. Welch Mann. Diese Wangenknochen. Das viele, dunkle Haar. Die Denkerfalten auf der Stirn. Die Art, wie er zynisch die Augenbraue hochzieht. Das viele schwarze Leder. Vielleicht liegt es daran, dass er aussieht, als könnte er Eliots verlorener Bruder sein, aber diesen Gedanken verwirft sie rasch. Eliots Wangenknochen sind breiter und Luke Evans’ Augen sind blau. Egal. Luke Evans ist ein Hingucker.
Und offensichtlich schwul, wie ihr Google nach dem Film verrät. Oder war es früher einmal, als er noch ein unbekannter Theaterschauspieler in London war. Und offen dazu stand in Interviews. Jetzt hat er eine übereifrige PR-Tussi, die seine Wikipedia-Seite frisiert und auf der internationalen Filmseite IMDB Forumseinträge löschen lässt, die sich mit der Frage nach seiner sexuellen Orientierung beschäftigen. Weil jetzt Hollywood nach ihm ruft. Eigentlich schade, dass so etwas immer noch nötig ist. Dass Luke jetzt Alibi-mässig eine 27-jährige Londonerin aus dem Modezirkus ‚datet’ und ansonsten eisern schweigt, weil man ihm wahrscheinlich gesagt hat, er würde sonst keine grossen Rollen mehr kriegen. Schade, dass er sich so verstellen muss. Sie schaut sich ein paar Interviews auf Youtube an. Er ist sympathisch und witzig. Und sehr sexy. Bald ziert Luke Evans ihren Bildschirmhintergrund. All das Surfen hat sie endlich müde gemacht. Sie schläft ein, den Laptop immer noch im Arm.
*
Lillis Augenlider sind schwer, klappen immer wieder zu. Dann reisst sie sie wieder auf und guckt ihn mit grossen Augen an, während er ihr durchs Haar streicht und weitersingt. Little Star, den Song, den er nach ihrer Geburt über und für sie geschrieben hat. Sie schaut ihn an, als wäre er etwas Zauberhaftes. Etwas, das sie zum Staunen bringt. Er liebt das Strahlen in ihren Augen. Diese absolute, kindliche Unschuld. Weil sie noch nichts Schlechtes gesehen und ihr noch niemand wehgetan hat. Weil in ihren Augen geschrieben steht, dass sie ihn liebt und sie ihm vertraut und ihn braucht. Kompromisslos. Sie spielt mit seinen Fingern und er beugt sich tiefer über das Kinderbett. „Ich liebe dich, Maus“, murmelt er. „Dada“, gibt sie zur Antwort und gähnt herzhaft. Dabei lassen sich ihre zwei ersten Zähnchen sehen. Er singt noch eine Strophe und dann fallen ihr die Augen zu und sie schläft ein. Er hält ihre Hand noch eine Weile fest und sieht wie ihre Wimpern im Schlaf flattern. Dann löst er seine Finger vorsichtig aus ihrem Griff und steht auf. Erst jetzt bemerkt er, dass Irina hinter ihm im Türrahmen steht und ihn beobachtet. „Ich liebe es, wenn du für sie singst. Sie liebt es auch.“
Er nickt und steht auf. „Sie ist ein Wunder“, sagt er und streicht im Vorübergehen sachte über ihre Hüfte. „Ja, das ist sie“, sagt sie. Er beugt sich über sie und küsst ihre Stirn. Heute Abend herrscht Frieden zwischen ihnen. Zerbrechlich, aber doch Frieden. „Ich geh mal duschen.“ Er fühlt sich verschwitzt und klebrig vom Shooting, die Scheinwerfer brannten wie die Wüstensonne. Er fühlt sich unwohl unter der Puderschicht, die immer noch sein Gesicht bedeckt.
„OK“, sagt sie und verschwindet im Wohnzimmer. Er hört sie ‚The Fray’ andrehen, How to save a life , nur leise, wegen Lilli. Er duscht lange. Er war müde, als er vorhin für Lilli gesungen hatte, aber die Dusche weckt ihn wieder auf. Während er sich abtrocknet fühlt er sich seltsam rastlos. Eigentlich hatte er gleich ins Bett gehen, aber jetzt ist an Schlaf nicht zu denken. Er studiert am Shooting herum. All die Aufmerksamkeit ist ihm eigentlich zuwider und normalerweise mag er es nicht, fotografiert zu werden. Dafür war es überraschend gut gegangen. Es war irgendwie einfach gewesen, alles auszublenden und sich auf sich selbst zu konzentrieren. Und auf die Frau in seinen Armen. Auf Alys. Sie haben ihre Sache gut gemacht. „Das ist heiss“, hatte Nicolas immer wieder gesagt. Am
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