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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Woodtli
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abgehoben. Irgendwann hat er aufgegeben, hat es jetzt seit Monaten nicht mehr versucht. Das ist auch besser so. Alys hat einen Freund. Sie ist jetzt wieder glücklich. Er hofft, dass sie glücklich ist und versucht, das seltsame Gefühl in seinem Innern zu ignorieren.

 
    SCHOCKTHERAPIE
     
    März 2013
     
    „Darling, ich hab eine Überraschung für dich.“ Das ist Alans Stimme hinter ihr. Alys dreht sich um. Wie immer nach einem Tag Arbeit mit Illustrator brennen ihre Augen erschöpft. Sie sollte schon lange wieder einmal zum Optiker gehen und ihre Brillenkorrektur überprüfen lassen, aber sie schiebt es auf die lange Bank. Ihr Optiker ist in der Altstadt, nahe der Kathedrale, in der Nähe von seinem Atelier – und sie geht nur noch in diese Gegend, wenn es unbedingt sein muss. Zu gross ist ihre Angst, ihm über den Weg zu laufen. Die Angst davor, nicht zu wissen, wie das wäre und was es mit ihr machen würde.
    Sie zaubert ein Lächeln auf ihr Gesicht und blickt ihren Freund an. „Du machst mich neugierig.“ Er strahlt sie an und ein warmes Gefühl breitet sich in ihr aus. Er ist gut zu ihr. Seit er bei ihr ist, hat sie das Gefühl wieder am Licht zu sein. Alan zu treffen war wie ein Sonnenaufgang nach einer endlosen Winternacht. Mein persönlicher Sonnenaufgang.
    „Welche Hand willst du?“ Er verbirgt beide Hände hinter dem Rücken. Sie liebt sein Englisch, diesen dunklen Dialekt, der „Dublin“ zu „Doblin“ werden lässt. Er hat sich gut eingelebt in den letzten Monaten, im Land, in der Stadt, in ihrer Wohnung. Falls er Irland vermissen sollte, dann lässt er sich das nicht anmerken. Ende Januar war er bei ihr eingezogen. Ein riskanter Schritt nach nur einem Monat Beziehung, aber sie hatten es gemeistert, obwohl ihre Zweizimmerwohnung eigentlich zu klein ist für zwei. Aber weil er wenig eigenen Kram hat – alles passt in zwei Koffer – hat es funktioniert. Ausserdem hat Alan keine hohen Ansprüche und hat nicht versucht, ihre Wohnung anders einzuräumen oder etwas umzufunktionieren. Weil sie beide ruhige Menschen und friedliebend sind, streiten sie sich selten. Vielleicht liegt es auch daran, dass sie noch in der Phase sind, die man durch die rosarote Brille erlebt.
    „Ich will die rechte Hand“, sagt sie jetzt. Er grinst sein schelmisches Grinsen, es lässt Grübchen bis tief in seine Wangen entstehen. „Falsch.“
    „Schön, dann links.“ Sie rollt gespielt die Augen. „Bitte sehr“, er holt endlich die Hand hinter dem Rücken hervor und drückt ihr etwas in die Finger. Das Format des Papiers kommt ihr bekannt vor, und die Art, seidig glatt und dann diese Falzlinie. „Konzerttickets?“, sie blickt auf den Namen des Künstlers, Sturzflug plötzlich, sie scheint zu fallen. Ganz tief.
    ‚Eliot Wagner and the Bad Bats’ sind zurück. Der rebellische Rock’n’Roller macht seiner Livepause ein Ende und bringt das ‚Mon Amour’ zum Kochen.
    Sie wirft einen Blick auf das Datum. Das Konzert ist heute Abend. In drei Stunden genauer gesagt. Wie kann es sein, dass ich das nicht mitbekommen habe, dass er wieder auftritt? Vielleicht, weil sie seine Facebook-Seite seit Monaten meidet. Alle Internetseiten, die ihr etwas über ihn verraten könnten. Sogar den Kulturteil ihrer Tageszeitung, den sie früher verschlungen hatte . Ich kann da nicht hingehen.
    „Love, warum machst du ein so seltsames Gesicht?“ Sie reisst ihren Blick von den Tickets und blickt auf, direkt in Alans besorgte Augen. „Ich dachte, du freust dich!“
    Sie nickt und kommt sich dabei vor wie einer dieser unsäglichen Wackeldackel. „Ich freue mich doch“, sagt sie schnell. Sie will eine Ausrede erfinden: Kopfschmerzen, meine Tage, zu viel Arbeit, eine Lebensmittelvergiftung, zur Hölle, was auch immer. Aber sie weiss, dass er sofort merken würde, dass etwas anderes dahinter steckt. Und er wäre enttäuscht. Ich hasse es, ihn zu enttäuschen. Sie hat ihm nie viel von Eliot erzählt. Er hat keine Ahnung. Oder sie glaubt es. Sonst würde er ihr wohl keine Tickets schenken. „Ich bin gespannt, seine Alben sind klasse“, sagt Alan. „Und ich dachte, es wäre interessant für dich, ihn mal wieder zu sehen, jetzt, wo er wieder auftritt.“ Alys schluckt. „Ja. Vielen Dank für die Überraschung, Darling.“ Sie steht auf und umarmt ihn, küsst ihn, hält ihn umschlungen, atmet seinen Duft ein. Das beruhigt sie sonst. Nur heute nicht.
    „Gut“, murmelt er in ihr Haar, „erst dachte ich, du magst die Idee nicht.“ Er

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