Sehnsüchtig (German Edition)
Lisbeth – und geht davon. Ihr Hüftschwung ist allerdings ziemlich gekonnt, findet Alys. Eliot holt inzwischen seine Unterlagen aus der Tasche und breitet sie auf dem Tisch aus. „Dann lass uns mal über das CD-Booklet reden.“
*
„Autsch“, sagt Eliot und streckt seinen Rücken durch. „Ich werde langsam alt, hast du das Knacken gehört?“
Alys grinst, schüttelt den Kopf und reibt sich vorsichtig die müden Augen, um die Wimperntusche und den Kajal nicht zu verschmieren. „Wir sitzen auch schon eine ganze Weile hier“, sagt sie dann. „Aber ich glaube, es hat sich gelohnt. Heute Abend fange ich mit den ersten Entwürfen an ...“
„Nein“, sagt er. „Heute Abend nimmst du ein langes Bad, trinkst ein Glas Wein und rufst deinen Freund an und lädst ihn zu dir ein. Für heute hast du genug gearbeitet ...“
„Du fährst doch auch noch ins Studio und arbeitest.“ Sie lächelt. Es ist das erste Mal, dass sie mit einem Kunden einen so leichten Umgangston anschlägt, fällt ihr auf, aber mit Eliot fühlt sich das natürlich an. Das Ganze ist so ungezwungen – fast freundschaftlich, könnte man sagen, und vertraut, obwohl sie ihn heute erst zum dritten Mal sieht. Seltsam.
Sie blickt auf die Uhr. Sie sitzen schon seit fast drei Stunden hier. Es hat sich viel kürzer angefühlt. Nur die Menge an leeren Cola- und Eistee-Flaschen auf dem Tisch und die vielen vollgeschriebenen und vollgezeichneten Seiten in ihrem und seinem Notizbuch verraten, wie lange es wirklich gedauert hat.
Er wirft seinerseits einen Blick auf sein Handydisplay und sieht überrascht aus. Dann streckt er die Hand auf. „Können wir bitte zahlen?“ Die Bedienung nickt und kommt hinüber. Alys holt ihr Portemonnaie aus der Tasche, aber seine Hand legt sich auf ihren Unterarm und stoppt die Bewegung. „Nichts da, ich zahle.“
„Aber ...“, setzt sie an.
„Nein“, sagt er und lächelt sie an. Sie fühlt sich weich werden. „Vielen Dank.“
„Nichts zu danken ...“
Auf dem Weg zum Auto dreht er sich halb zu ihr um. „Sag mal, kennst du einen Blumenladen, der jetzt noch offen hat?“ Sie überlegt eine Weile. Dann nickt sie. „Er heisst ‚Rosenkavalier’ und ist in diesem Einkaufszentrum, das in der Industriezone gleich bei der grossen Konzerthalle ...“
„Die, die ich nie im Leben füllen werde?“ Er grinst. „Ich fahr dich nachhause, aber ich wäre froh, wenn wir da einen kurzen Zwischenstopp einlegen könnten. Ich brauche deinen Rat als Frau ... blumentechnischen Rat, sozusagen. Du kannst es als Arbeitszeit aufschreiben. Was meinst du?“
„Kein Problem.“
„Super“, sagt er und steigt ein.
Die Fahrt zurück in die Stadt verläuft schnell, auf jeden Fall kommt es Alys so vor. Sie unterhalten sich über Musik, über Filme und ihr Studium, seine Ausbildung zum Bibliothekar und über seine Band und das entstehende Album. Als sie durchs Parkhaus kurven, auf der Suche nach einem freien Parkplatz – heute ist Abendverkauf und die Jagd auf Weihnachtsgeschenke ist wohl schon in vollem Gang – spielt sein Handy wieder den Song der Foo Fighters. Dress me up in stitches, it’s now or never ...
Seine Stirn furcht sich, als er auf das Display blickt. Dann hebt er ab. „Hallo Darling.“
Er hört eine Weile zu. „Ich bin unterwegs nach Hause, aber ich kann gerade nicht reden. Nein. Ich bin in einer halben Stunde da. Ja, es tut mir auch leid. Bis gleich.“ Er beendet den Anruf und entdeckt im gleichen Moment einen freien Parkplatz. „Da hat er sich versteckt“, sagt er und parkt schwungvoll ein. „Mission Blumenkauf in 3, 2, 1 ...“ Alys lacht und steigt aus.
Sie sieht die Seitenblicke von einigen der Einkäufer und Shoppingwütigen als sie Eliot durch das Kaufhaus lotst, und bemerkt den fragenden Ausdruck auf einigen Gesichtern, ist das der, den ich im Fernsehen gesehen habe? Einige Mädchen und Frauen verrenken die Köpfe nach ihm. Nur er scheint nichts davon zu bemerken. Sie fragt sich, was Irina davon hält, das muss doch anstrengend sein, wenn alles deinem Freund hinterher schaut und einige sabbern, wie die Frau in ihrem Alter dort drüben, in dem zu kurzen Jeansrock ...
Anderseits ist es auch ein gutes Gefühl neben ihm herzugehen, offensichtlich seine Begleitung zu sein, vielleicht verspürt man dann auch einen gewissen Besitzerstolz. Alys ist sich zumindest sicher, dass sie diesen verspüren würde, wenn jemand wie Eliot ihr Eigen wäre ...
Sie erreichen den Blumenladen und Eliot blickt
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