Sehnsüchtig (German Edition)
lachen. Dann beantwortet sie doch noch Alys’ Frage: „Weil heute Silvester ist, ein neues Jahr. Ein Neuanfang. Hoffnungsvoll. Feiern. Champagner. Anstossen. Da kannst du nicht Schwarz tragen.“ Sie gestikuliert in Richtung ihres eigenen Kleides. Es ist rot, es ist kurz, es betont ihre Sanduhrkurven perfekt.
„Ich wette um einen Fünfziger, dass deine Unterwäsche auch rot ist“. Alys erinnert sich an den Brauch aus Italien, in der Silvesternacht rote Unterwäsche zu tragen, weil das Glück bringen soll. „’türlich“, sagt Mascha und betrachtet immer noch den Kleiderschrank. Alys grinst. „Wenigstens meine schwarze Unterwäsche lässt du mir, ja?“
Mascha dreht sich um und grinst zurück. „Klar. Hast du vor, sie jemanden sehen zu lassen?“ Alys winkt ab. „Ich hab nach Janosch gerade keinen Bock auf irgendwelche Geschichte. Das macht nur Ärger und ich hab andere Dinge im Kopf …“ Sie bricht ab und beschliesst, Mascha nicht wissen zu lassen, dass es während den Weihnachtsferien hauptsächlich Eliot war. Dass er in ihrem Kopf im Kreis ging. Seit wann hast du Geheimnisse vor Mascha, mäkelt die böse kleine Stimme in ihrem Kopf.
Mascha zupft ihren Rocksaum zurecht. „Ärger hin oder her, ich brauch dringend mal wieder Sex.“ Alys schmunzelt. Maschas unverblümte Art ist ihr nach all den Jahren vertraut. „Und du hast vor, ihn dir heute abend zu holen?“
Mascha streicht sich eine Locke aus dem Gesicht und reckt das Kinn etwas in die Luft. „Ja, warum nicht? Wenn sich die Gelegenheit ergibt ...“
„Hast du eigentlich jemanden gefunden, der mitkommt?“, fragt Alys. Mascha greift nach einem Kleiderbügel, der an der Kleiderstange im Schrank hängt. Sie scheint sich wieder mit der Frage von Alys’ Outfit zu beschäftigen.
„Ja, Frederic“, gibt sie zur Antwort und lässt blauen Stoff durch ihre Finger gleiten. Alys’ „Was?“ kommt schnell. Mascha dreht sich wieder zu ihr um und hebt eine Augenbraue.
„Du hast vor, mit Frederic zu schlafen? Das ist ja was ganz Neues!“ Mascha schüttelt heftig den Kopf. „Spinnst du?“, meint sie dann. Sie gibt Alys keine Zeit, zu antworten: „Ich mag Frederic. Ich mag ihn wirklich, auf diese platonische Art. Aber er interessiert mich überhaupt nicht als Mann. Da passiert nichts.“ Sie schnipst mit den Fingern der freien Hand. „Und du weisst, dass ich nicht mit Typen ins Bett gehe, die mich nicht reizen. So verzweifelt – oder niveaulos - bin ich nicht.“
Alys hält den Blick ihrer Freundin fest, Blau trifft Braun. „Ja, das weiss ich. Aber du weisst auch, dass Frederic in dich verliebt ist. Ich habe es dir mehrmals gesagt.“ Mascha zuckt mit den Schultern. „Ich weiss nicht, ob er das ist. Er hat nie etwas gesagt oder irgendwelche Anstalten gemacht …“
„Aber das sieht ein Blinder, M. Es ist offensichtlich.“ Alys betont das „offensichtlich“. Mascha schaut sie an und sagt nichts mehr. Alys holt einen weiteren Anlauf: „Du kannst keinen anderen Typen vor Frederics Augen abschleppen. Du wirst ihm wehtun. Du tust ihm jetzt schon weh, auch das hab ich dir schon gesagt …“ Mascha verdreht die Augen. „Er ist ein erwachsener Mann. Ich bin ihm gegenüber zu nichts verpflichtet.“
Alys lässt die Hände sinken. „Nein, das bist du nicht. Aber wahr ist es trotzdem.“
„Ich will nicht mit dir streiten“, sagt Mascha. Sie klingt jetzt ungeduldig, ein wenig genervt. Alys seufzt. „Ich auch nicht, es war nur ein gut gemeinter Hinweis.“
„Er ist entgegengenommen“, sagt Mascha und ihr Tonfall macht klar, dass das Thema für sie beendet ist. „Gut“, hält Alys fest.
Mascha hebt den Kleiderbügel hoch. „Warum ziehst du nicht das an? Das ist doch hübsch.“ Dunkelblauer Stoff schimmert im Licht der Nachttischlampe. Das Kleid ist mit Blumen im asiatischen Stil bedruckt, mit Stoffgürtel um die Taille und tiefem V-Ausschnitt am Rücken. Wie ein Kimono in Minikleid-Form. Alys legt den Kopf etwas schräg. „Das hab ich mal gekauft und ganz vergessen. Du hast Recht, es ist hübsch.“ Sie greift nach dem Kleiderbügel. „Schwarze Strümpfe und deine silbernen Pumps dazu. Perfekt“, kommentiert Mascha. Sie sieht wieder zufrieden aus.
*
Vor dem Konzert wollen sie Frederic im ‚Jupiter’ treffen. Die Luft in der Bar ist warm und jede Menge Parfüm liegt darin: Süss konkurrenziert mit schwer, Vanille mit Sandelholz und Moschus, sinnlich mit einfach grauenvoll. Alys betrachtet die Barbesucher, die fürs Jupiter
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