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Sei mein Moerder

Sei mein Moerder

Titel: Sei mein Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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nicht sedieren. Ich würde es so gerne tun, wirklich so gerne, damit Sie keine Schmerzen haben. Ich verspreche Ihnen, mich zu beeilen. Wirklich, das verspreche ich Ihnen.«
    Zuerst löste sich Trenklers Blase, danach sein Darm.
    Der Körper des Gefesselten zuckte wie ein Wurm auf dem Trocknen, seine Wangen blähten sich, die Brille rutschte ihm von der Nase, der ganze Körper war nass vom Schweiß. Mark nahm die Brille, klappte sie sorgfältig zusammen und legte sie neben der Kamera auf den Tisch. Auf einer schwach schimmernden Ebene, weit entfernt wie eine einsame Insel, erkannte er, dass er den Mann mit seinen Worten folterte, obwohl er das genaue Gegenteil erreichen wollte. Es musste jetzt getan werden.
    Jetzt oder nie!
    Wen würde es sonst treffen?
    Gabi? Konnte er auf sie verzichten? Liebe Güte, sie hatte ihn verlassen. War er noch für sie verantwortlich?
    Seine Mutter? Wäre sie dann nicht besser dran, anstatt die nächsten Jahre vermutlich einsam und alleine zu sein?
    Das alles waren Ausflüchte, Hilferufe. Er war zu weit gegangen. Es gab kein Zurück mehr.
    Also nahm er ein neues, scharfes Skalpell aus dem geschenkten Holzkasten und begann.

11
     
    Er hatte rasende Schmerzen. Mark versuchte, die Krämpfe loszuwerden, doch sie zogen durch seinen Körper wie Maschinen, die auf einem Gleis eine feurige Spur hinterließen. Er keuchte und stöhnte, drückte sich tief und tiefer in die Matratze, versuchte, sich mental zu entspannen, und endlich, endlich wurden die Schmerzen erträglich.
    Er hechelte wie ein durstiger Hund, lag auf dem Rücken, die Arme von sich gestreckt und starrte an die Decke seines Schlafzimmers. Dann stürzte die Realität auf ihn nieder wie ein Steinschlag im Gebirge.
    Er hatte vergessen, wo er war und für eine Weile auch, was er getan hatte. Hatte er geschlafen? Vermutlich. Ja, das hatte er. Sehr lange sogar. Viele Stunden lang.
    Die Symptome waren klar. Er litt an einer Dissoziation. Wahrnehmungs- und Gedächtnisinhalte trennten sich. Das nannte man eine dissoziative Amnesie, wie man sie nach einer Gehirnwäsche oder einem traumatischen Erlebnis beobachten konnte.
    Mark analysierte sich rational. Er war sein eigener Patient.
    Sein Gehirn schuf Muster, um sich zu retten, und bildete gleichzeitig eine psychische Störung aus. Erlebnisspuren, also alles, was mit den normalen Sinnen aufgenommen und gewöhnlich als Einheit gesehen wurde, zerfaserten, sie wurden in seinem Gehirn umgebaut und liefen nicht mehr gleichzeitig.
    Die Krämpfe waren ein deutliches Warnzeichen gewesen und untermauerten seine Diagnose. Außerdem konnte er sich kaum noch an das erinnern, was in der Blockhütte geschehen war. Erst ganz langsam flammten Bilder auf, die so grauenvoll waren, dass Mark am liebsten geschrien hätte.
    Er hatte einen Menschen ermordet.
    Einen Mann, den er nicht kannte.
    Schließlich hatte er die Leiche an einem Wanderweg entsorgt, wie es der Briefschreiber gefordert hatte.
    Er sah die Kamera, die auf der Frisierkommode lag. Ein widerlicher Impuls trieb ihn an, sich den Film anzuschauen, doch ein Rest Normalität wehrte sich dagegen. Er blickte auf die Uhr. Es war gegen 12 Uhr Mittag.
    Lieber Gott, er hatte fast zehn Stunden geschlafen.
    Er hatte noch Zeit bis morgen früh. Wie war er nach Hause gekommen? Diese Bilder fehlten ihm. Dort, wo sie sein sollten, klaffte ein Loch, wie eine blutige Wunde.
    Er erinnerte sich auch nicht, ob er etwas gegessen oder geduscht hatte. Er starrte seine Hände an, die krustig waren von Blut. Nein, geduscht hatte er sicherlich nicht.
    Das Telefon schrillte.
    Mark schleppte sich ins Wohnzimmer. Sein Fuß schmerzte erbärmlich. Er trug noch immer seine Jeans und sein besudeltes Hemd. Blut war gespritzt, mehr, als er vermutet hatte, Därme waren aus dem Körper des Geschundenen geplatzt wie überreife Früchte; die Finger hatte Mark nicht aufgesammelt, sie lagen noch immer auf den Holzdielen des Blockhauses, in dem es mittlerweile schrecklich stinken würde.
    Er hatte nur nach Hause gewollt. Zurück in die vermeintliche Normalität.
    Für die Hygiene war er heute zuständig.
    Mittlerweile schien ihm der Tag zu kurz.
    Alles ging zu schnell.
    Er nahm den Hörer hoch.
    »Kreidler.«
    »Sorry, aber mich hat die Grippe erwischt.«
    »Tut mir leid, Sie zu stören, Dr. Rieger«, hörte er die helle Stimme seiner wichtigsten Auftraggeberin, Gruppenleiterin Elvira Kreidler.
    Mark krächzte, ohne sich verstellen zu müssen und hustete.
    »Oh je, das klingt gar nicht gut«,

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