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Sei mein Moerder

Sei mein Moerder

Titel: Sei mein Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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Gabi.
     
     
    Mark stand der Mund offen, dann trat er zur Seite und ließ sie ein. Sie blickte ihn schweigend an und brach in Tränen aus. Sie schluchzte und lehnte sich vornüber an seine Schulter. Er legte seine Arme um sie und verharrte. Er war verwirrt, wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Sanft strichen seine Finger durch ihr Haar. Irgendwann, Mark hätte nicht sagen können, wie lange sie so im Flur standen, löste sie sich von ihm und ging auf die Gästetoilette. Dort schnaubte sie in ein paar Blätter Toilettenpapier und kam zu ihm zurück. »Ich brauch was zu trinken.«
    Mark wollte so vieles sagen, doch noch immer rang er sich nicht dazu durch, denn jedes Wort konnte falsch sein.
    Sie zog Schnodder hoch und grinste schief. »Ich bin ja eine ganz schöne Heulsuse.«
    »Ach was.«
    Sie ging an ihm vorbei ins Wohnzimmer und bediente sich an der kleinen Bar, als sei sie nie weggegangen. Sie goss sich einen Whisky ein und lehnte sich mit dem Glas an den schmalen Tresen. Ihr Blick wanderte nach draußen in den Garten.
    »Möchtest du reden?«, fragte Mark sanft und füllte auch sein Glas.
    »Es ist wegen Peter. Ich war so wütend auf dich. Dann habe ich zweimal bei Magda angerufen, aber sie war nicht zu Hause, jedenfalls ging niemand dran. Und dann hatte ich keine Lust mehr. Deshalb war ich nicht bei Peters Beerdigung. Und jetzt tut es mir so leid, so schrecklich leid, vor allen Dingen für Magda. Ich hätte bei ihr sein sollen. Ich bin völlig verzweifelt. Außerdem habe ich dich im Stich gelassen, schließlich hast du deinen Vater so sehr geliebt. Auch, wenn wir nicht mehr zusammen sind, in so einem Fall durfte ich das nicht tun.«
    Mark nickte dumpf.
    »Und nun ist es zu spät«, seufzte sie und leerte in einem Zug das Glas und füllte sich nach. »Es ist immer zu spät. Für uns ist es zu spät, für alles ...«
    Mark legte den Kopf schief.
    »Hör auf, mich wie einen Klienten anzusehen«, sagte sie. Auch einer dieser alten Sätze, wenn sie sich unsicher fühlte und mit dem sie ihm deutlich machte, er solle sie nicht wie ein Psychologe, sondern wie ihr Mann einschätzen. Als wäre das so einfach.
    »Ich bin weder depressiv noch sonst 'was«, fügte sie hinzu.
    Du bist genauso einsam wie ich, dachte Mark, aber er sagte es nicht.
    »Und nun?«, fragte er. Es war eine dumme, eine unnütze Frage, aber sie war schneller über seine Lippen, als ihm lieb war.
    »Wie wäre es, wenn du mich noch einmal in deine Arme nimmst?«, fragte sie kokett.
    Mark traute seinen Ohren nicht, aber er überlegte nicht lange, sondern tat es. Sie schmiegte sich eng an ihn.
    »Warte«, sagte er. »Warte hier. Bleib so stehen.«
    Er sprang zur Musikanlage und griff zielsicher nach einer CD im Regal. Er legte sie auf und sofort das erste Stück war es, welches er hören wollte. Er ging zu Gabi und nahm sie erneut in die Arme.
    »Erinnerst du dich? Es ist unser Stück.«
    »Seit wann bist du so romantisch?«, fragte sie.
    Und Jeff Buckley begann mit Hallelujah .
     
    Well I heard there was a secret chord
    that David played and it pleased the Lord
    But you don't really care for music, do you?
    Well it goes like this
    The fourth, the fifth, the minor fall and the major lift
    The baffled king composing Hallelujah
    Hallelujah Hallelujah Hallelujah ...
     
    Sanft wiegte Mark sich mit Gabi. Sie hob ihre Wange an seine. »Es ist immer noch ein wunderschönes Lied.«
    »Ja, das ist es.«
    Und Mark war glücklich. Für die Zeit, die ein Vogel benötigt, um über ein Tal zu fliegen, war er wieder jener Mark Rieger, der mit Gabi glücklich war, der mit seiner Familie glücklich war.
    Sie tanzten langsam und innig. Sie hatten das Lied gehört und auf Anhieb geliebt. Sie hatten es zu ihrem Song erkoren und sich geschworen, ihn bei der Beerdigung des jeweils anderen zu spielen.
    So war es oft, wenn ein Paar sich getrennt hatte. Der silberne Faden war nicht so einfach zu zerschneiden, wie die Parteien es sich dachten, manchmal erhofften. Zahllose Klienten hatten davon berichtet, wie schwer sie sich voneinander lösen konnten, und viele fanden sich gelegentlich, um Sex zu haben. Hier fand man das, was verloren gegangen war. Man wusste, was einen erwartete, denn für Experimente war es noch zu früh.
    Mark riss sich aus seiner Analyse und versuchte, Gabi als das wahrzunehmen, was sie war. Eine Frau, die Nähe suchte. So wie er sie suchte. So wie er es sich erträumte. Und dann küssten sie sich.
    Küssten sich leidenschaftlich, als hätten sie sich

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