Sei mein Stern
vorbeijagte.
Augenblicklich wirbelte Simon herum. „Entschuldige mich bitte kurz“, rief er und sauste hinter dem Kühlschränkchen her, das im Zickzack durchs Zimmer schoss. Rasch hatte er es eingefangen und klemmte sich das lamentierende Teil unter den Arm. „Hab ich dir nicht gesagt, dass du heute Pause hast?“, murmelte er dabei und presste einen Schalter an der Seite des Gerätes. Auf der Stelle versiegte das Gekreische, die Rollen fuhren ein und das blinkende Rotlicht erlosch. „Gut, dann eben auf die harte Tour“, grummelte Simon, während er den kleinen Kühlschrank in einer Ecke abstellte.
Er wandte sich wieder Jana zu. „Du wolltest mir etwas mitteilen“, bekundete er in beiläufigem Tonfall, als hätte er nicht gerade eine orientierungslose Minibar bezwungen und obendrein ein Schwätzchen mit ihr gehalten.
Jana starrte ihn mit heruntergeklappter Kinnlade an. Teufel aber auch! Wie brachte dieser Kerl es nur fertig, die Elektrogeräte so zu programmieren, dass sie fast menschlich anmuteten? Es war höchste Zeit, hinter dieses dunkle Geheimnis zu kommen. „Simon, was ist der Trick dabei?“
Er blickte sie betont arglos an. „Bitte was?“
Sie zeigte in Richtung der ruhiggestellten Minibar. „Die Elektrogeräte, was machst du mit ihnen?“
Er zuckte leicht mit den Schultern. „Nichts Besonderes. Eine neue Software, ein paar Scanner, mit denen sie ihre Umgebung sondieren, das ist alles. Aber was genau wolltest du von mir?“
Na herrlich! So kam sie einfach nicht weiter. „Ach so … ja. Also, ich wollte dir eine gute Nachricht überbringen. Morgen erscheint der Artikel über das Hotel. Valerie soll sich schon mal darauf vorbereiten, dass die Gäste ihr in Zukunft die Bude einrennen werden.“
Ein erfreutes Lächeln ergriff von Simons Gesicht Besitz. „Komm! Sie ist unten. Wir verkünden ihr diese Neuigkeit gemeinsam. Sie wird jubeln.“ Er packte Janas Hand, spurtete ohne Schuhe los und zog sie hinter sich her.
Und Valerie machte vor Freude tatsächlich einen kleinen Luftsprung, kaum dass sie dreimal geschluckt hatte, als Simon barfuß mit nassen Haaren, dafür aber Händchen haltend mit Jana in der Hotellobby aufgetaucht war. Ihre Blicke flogen ungläubig von einem zum anderen. Und erst als Jana sich Simons Hand entledigte wie einer lästigen Fliege, schien das soeben Gehörte zu Valerie durchzudringen. Kaum zu glauben, doch die gestandene Hotelbesitzerin wirkte in diesem Moment wie ein Schulmädchen, das endlich das heiß begehrte Lieblingskleid bekommen hatte.
Und dann tat sie etwas, was Jana mächtig entgegenkam. Sie sprach für den nächsten Abend eine Einladung zum Grillen aus. Somit eröffnete sich Jana zu guter Letzt die Möglichkeit, Rafael kennenzulernen und vielleicht einen besseren Einblick in die Familienverhältnisse zu erhalten, bevor sie Simon schlussendlich an den Pranger stellte. Und den heutigen Abend würde sie nutzen, um Simon – sollte er denn zustimmen – in ein Spielkasino zu locken.
Fürs Erste aber widmete sie sich einem ausgiebigen Stadtbummel. Und während sie leise vor sich hinpfeifend durch die ellenlange Münchner Fußgängerzone schlenderte, fiel ihr einmal mehr auf, dass ihr alles vernichtender Hass auf jeden Attentäter dieser Welt sich in Schall und Rauch aufgelöst hatte. Sie hegte kein Interesse mehr daran, ihr komplettes Dasein der Jagd auf Verbrecher zu opfern. Diese hatten ihr bereits den Bruder genommen. Das reichte.
Jana sehnte sich nach Freizeit und einem geregelten Leben mit gelegentlichen Urlauben. Die Vorstellung mal wieder essenstechnisch über die Stränge zu schlagen, ohne von Carsten zur Strafe zweimal über den Hindernisparcours gehetzt zu werden, ließ ihr das Wasser im Munde zusammenlaufen. Und wie es wohl wäre, sich zur Abwechslung einmal nach Strich und Faden volllaufen zu lassen und das komplette Wochenende in den Federn zu verbringen? Ohne unentwegt der Befürchtung zu unterliegen, dass ihr gnadenloser Chef sie bei Nacht und Nebel in ein Flugzeug verfrachtete, um sie ans andere Ende der Welt zu bugsieren.
Und zum Teufel noch mal, sie musste endlich wieder tanzen!
Obendrein wollte sie ihr Sozialleben zurück. So fasste sie den Entschluss, beim nächsten Zwischenstopp in Hamburg den Kontakt zu einigen Freundinnen aufleben zu lassen. Denn Bekannte zu treffen war für Jana in den letzten Jahren zu einem ungewohnten Luxus geworden. Nicht zuletzt, weil alle Welt sie für eine erfolglose, vertrottelte Journalistin hielt. Was für
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