Sei mein Stern
ihren Beruf sprechen zu können. Aber es war nun einmal eine Regel beim BSC, dass Angehörige oder Freunde aus Sicherheitsgründen nicht involviert werden durften.
Was sie gerade bei ihrer Mutter ein ums andere Mal vor Probleme stellte. Denn die attraktive Fünfundfünfzigjährige, die vor dynamischer Energie grundsätzlich zu vibrieren schien, besaß eine unglaubliche Menschenkenntnis und war nur schwerlich hinters Licht zu führen. Sie arbeitete seit Urzeiten als freie Journalistin für eine Wirtschaftszeitung und war dementsprechend international bewandert.
Während einer Reportage in Moskau hatte sie vor vielen Jahren Janas Vater kennengelernt, der dort als Auslandskorrespondent für einen deutschen Fernsehsender eingesetzt war. Und allen geschäftlichen Strapazen zum Trotz führten die beiden ein glückliches und ausgefülltes Leben. Selbst der tragische Tod von Janas Bruder hatte der Ehe nichts anhaben können. Weit gefehlt, dieses Erlebnis hatte ihre Eltern noch stärker zusammengeschweißt.
Gedankenverloren warf Jana das Handy zurück in die Handtasche und wünschte sich von Herzen, dass ihre Mutter mit ihrer Einschätzung in puncto Simon zumindest ansatzweise richtig lag und sich die Geschichte doch noch zum Guten wendete.
Aufgewühlt schlüpfte sie in ihre Sportklamotten, da sie das dringende Bedürfnis verspürte, sich abzureagieren. Sie musste diese Flut von zermürbenden Bildern aus ihrem Schädel herausbekommen. Leichtfüßig hüpfte sie aus dem Raum, nur um mal wieder über eine vorbeijagende Minibar zu stolpern, die quietschend abbremste und so schwungvoll ihre Tür auffliegen ließ wie ein Exhibitionist seinen Mantel. Stolz präsentierte sie Jana ihre Auslage. Doch als Jana nicht zugriff, wurde das Teil schlagartig ungeduldig. „Bitter Lemon, willst du Bitter Lemon? Bitte, nimm dir ein Bitter Lemon!“, appellierte es mit erwartungsvoller Stimme.
O nein, auch das noch! Wenn es eins gab, was Jana hasste, dann war das Bitter Lemon. Völlig entnervt griff sie nach der Kühlschranktür und feuerte sie zu. Prompt versiegte die Marktschreierei, die Bar wirbelte mit einem deutlich vernehmbaren Seufzer herum und rollte leise klappernd von dannen.
Ungläubig den Kopf schüttelnd tappte Jana in den Fahrstuhl, der sich mit einem Affenzahn in die Tiefe stürzte. Gott! Gab es denn in diesem Hotel kein einziges Elektrogerät dem Simon nicht seinen Stempel aufgedrückt hatte? Doch sie mochte jetzt keine weiteren Gedanken an diesen Mann verschwenden, das brachte sie nur noch mehr aus dem Gleichgewicht.
Hastig riss sie die Tür zum Fitnessraum auf, wo ebendieser Mann geschäftig an einem der Laufbänder herumschraubte. Er hob den Kopf, und sein Blick glitt unverblümt über ihren Körper, der in einer kurzen Sporthose und einem Trägertop steckte.
Etwas Undefinierbares blitzte in seinen Augen auf, bevor er übers ganze Gesicht grinste. „Jana, dich schickt der Himmel. Ich habe soeben das Gerät neu programmiert und brauche ein Versuchskaninchen.“
Mit einer fließenden Bewegung sprang er auf. Augenblicklich erhöhte sich ihr Herzschlag. Er trug eine Anzughose und ein weißes Hemd, dessen Ärmel er lässig nach oben gerollt hatte. Beeindruckend zeichnete sich seine Brust-und Oberarmmuskulatur unter dem dünnen Stoff ab.
„Und warum opferst du dich nicht selbst?“
„Ach, ich bin kein so guter Sportler.“
Ja natürlich, und diesen begnadeten Körper verdankte er ausschließlich dem Computerhacken. „Was du nicht sagst! Wo du doch wirkst, als könntest du problemlos beim nächsten Ironman-Wettbewerb antreten.“
Er blickte verwundert an sich hinunter, bevor er den Kopf schüttelte. „Nein, das sind nur gute Gene. Sport ist wirklich nicht mein Ding. Irgendetwas mit der Motorik ist bei mir heftig schiefgegangen.“
Seine blitzschnellen Reflexe kamen ihr in Erinnerung, als er sie bei ihrem imitierten Schwächeanfall problemlos abgefangen hatte. Doch sie nahm von weiteren Kommentaren Abstand. „Also gut. Was soll ich machen?“
Simon strahlte. „Stell dich einfach aufs Laufband. Es wird dir Anweisungen geben.“
Skeptisch kletterte sie hinauf. Simon presste einen Knopf an der Seite des Gerätes und ließ sich dann auf einer nahen Hantelbank nieder.
„Hallo!“, vernahm sie in diesem Moment eine melodische männliche Stimme. „Mein Name ist M 5000. Ich bin ein Laufband der Extraklasse und werde dich durch dein heutiges Training führen. Wie heißt du?“
„Jana“, stotterte sie völlig
Weitere Kostenlose Bücher