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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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von dem Dauerbeschuss mit Frostpartikeln erholt hatte, würde ihr gemütlich warm werden. Nadja nahm Davids kalte Hände in die ihren.
    »Woher wusste der Bauer, dass wir nach Tara wollen?«, fragte sie misstrauisch.
    »Er wusste es nicht. Ich nehme an, er gehört zu Bandorchus unfreiwilligen Dienern. Hast du seine Augen gesehen? Viel Intelligenz stand da nicht mehr drin.« David seufzte. »Sie weitet ihre Macht aus! Wenn schon Leute aus dem fernen Umland Bandorchu beliefern, möchte ich gar nicht wissen, wie es erst in den Hügeln aussieht.« Er seufzte erneut. »Na ja. Erfahren werden wir’s trotzdem.«
    Der Trecker zog an, und mit einem Ruck setzte sich das Gefährt in Bewegung. Nadja legte ihren Kopf an Davids Schulter. Sie versuchte, nicht daran zu denken, was sie am Ende der Reise erwartete. Bandorchu hatte Talamh in ihrer Gewalt; sie verlangte nach wie vor die sofortige Unterwerfung des Reiches Crain, und auch ihre Aufforderung an Fanmór, den Thron Earrachs an sie zu übergeben, stand. Regiatus und die Blaue Dame hatten versucht zu intervenieren, doch ohne Erfolg. Da war es kaum vorstellbar, dass Bandorchu das Baby wieder herausgeben würde.
    Nadja zwang ihre Gedanken in die Gegenwart zurück und lächelte sogar. Es war angenehmer, der Winterlandschaft beim Zurückbleiben zuzusehen, statt sie mühsam gegen den Wind gestemmt zu erobern! Manchmal tauchten Elfen am Straßenrand auf, das ging schon seit geraumer Zeit so. Sie sagten nichts, verzogen keine Miene und schauten dem Wagen nur argwöhnisch hinterher. Dann verschwanden sie wieder. Diese schweigenden, düsteren Gestalten waren Nadja unheimlich, aber solange sie weiter nichts taten, als in der Kälte herumzustehen – sollten sie doch!
    Außerdem ist es gut, nicht allein zu sein, falls ein Reifen platzt oder der Motor sich verschluckt!
, dachte sie voller Galgenhumor.
    Urplötzlich sprang jemand auf die Straße. Nadja und David schreckten hoch. Hinter ihrem Fahrzeug stand ein kleiner Mann – ein
wirklich
kleiner Mann. »Runter von dem Wagen!«, brüllte er. »Geht weg! Geht weg!« Dann holte aus und warf etwas nach ihnen. Es landete auf Davids Beinen. Kaum lag es still, verschwand der kleine Mann auch schon wieder.
    »Wer war das?«, fragte Nadja erschrocken.
    David hob das Wurfgeschoss auf, betrachtete es schweigend, und sein Blick wurde nachdenklich. Was er da zwischen den Fingern hielt, war ein Schuh. Solide gearbeitet, aus braunem Leder, und gerade mal groß genug für eine Puppe oder ein Baby. Oder einen …
    »Leprechaun.« Überrascht hob David den Kopf, wies mit dem Schuh auf die leere Straße. »Das war ein Leprechaun!«
    Er erzählte Nadja, was es mit diesen in Irland heimischen Wesen auf sich hatte. Sie waren klein, nicht einmal armlang, hatten rote Haare und trugen für gewöhnlich grüne Kleidung. Der Name stammte aus dem Gälischen und bedeutete
kleine Körper
.
    »Little people – das Kleine Volk«, sagte der Elf. »So werden sie oft genannt, aber passender wäre: geizige, dauerschmollende Einsiedler. Leprechauns leben im Verborgenen. Sie häufen Reichtümer an – zumeist Gold – und hüten ihre Schätze mit Inbrunst. Aber sie sind auch fleißige Leute; Schuhmacher, die einen Großteil der Anderswelt mit ihrer Ware beliefern. Privat legen sie keinen Wert auf Kontakte außerhalb des eigenen Clans, und sie mischen sich äußerst selten in fremde Angelegenheiten ein.«
    »Warum wollte er uns dann verjagen?«
    »Ich bin nicht sicher, ob er das wollte.« David schob den winzigen Schuh in seine Hemdtasche und blickte stirnrunzelnd zurück auf den Weg, den sie gekommen waren. Dort waren die Straße, die Weiden rechts und links mit ihrem smaragdgrünen Gras, das der Winter gebleicht und der Schnee bedeckt hatte … Kahle Bäume reckten ihr Astwerk dem Himmel entgegen, erhobenen Armen gleich, und einen Moment lang erinnerten sie David an den Leprechaun.
    Geht weg! Geht weg!
, hatte das scheue Wesen gerufen – ganz gegen seine übliche Natur der Nichteinmischung. Die Bäume schienen es ihm gleichzutun. Überhaupt lag auf dem Land eine seltsame, unangenehme Spannung, die von Unheil sprach, von Verderben.
    David nickte still.
    Der Leprechaun wollte sie nicht verjagen. Er wollte sie warnen.
    Die Tara-Hügel kamen in Sicht, Bandorchus dunkles Reich. Dort hatte sich die einst so liebenswerte Elfenkönigin eine Festung erbaut – Abwehranlagen, Mauern, Bollwerke ringsum –, und mittendrin stand die Burg. Ein gigantisches Puzzle aus Türmen, Erkern,

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