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Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse

Titel: Seidel, S: Elfenzeit 16: Bestie von Lyonesse Kostenlos Bücher Online Lesen
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habe Euch ein paar von seinen Sachen herausgesucht. Sie liegen da drüben auf dem Stuhl.«
    Alebins Augen folgten ihrem Fingerzeig, und dem Elfen schwante Übles. Der Stuhl stand am anderen Ende des Zimmers. Erwartete die Frau, dass er da nackt hinmarschierte, während sie zusah? Offenbar ja, denn sie zog einen zweiten Stuhl hinter dem Bettende hervor, raffte ihr Kleiderzelt zusammen und ließ sich auf dem Sitz nieder. Da saß sie dann, lächelnd.
    Und wenn sie wartet, bis sie Moos ansetzt – ich stehe nicht auf!
Alebin machte sich ans Essen, hungrig wie ein Wolf. Mit der einen Hand tunkte er Brot in die Sauce und schob es in den Mund, spießte mit der anderen Fleischstücke auf und stopfte sie gleich hinterher. Die Frau würdigte er keines Blickes.
    Es war nicht so, dass der Elf sich geniert hätte. Sein Tarnkörper war gut gebaut, da gab es keinen Grund zur Scham, wahrlich nicht. Und selbst wenn, hätte das den Elfen auch nicht davon abgehalten, sich nackt zu zeigen, wäre das sein Wunsch gewesen. Nein, was Alebin so reagieren ließ, war eine gewisse Grundregel, die Frauen gefälligst zu beachten hatten: Er war der Jäger, nicht die Beute.
    Er war
nie
die Beute.
    »Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt«, sagte die Frau und holte es gleich nach. »Mein Name ist Eleanor Braxton.
Witwe
Braxton. Ich bin die Wirtin vom
Grumpy Hog

    Alebin stutzte.
Grumpy Hog? Da klingelt was bei mir!
Doch es fiel ihm nicht ein, und so kaute er weiter.
    Die Witwe seufzte. »Mein Mann, der selige Nicholas Braxton, hat mir die Taverne vermacht. Geld wäre mir lieber gewesen«, sagte sie und hob seufzend die Schultern, »aber was will man machen? Ich sage immer: Besser einen anständigen Whisky im Haus als gar nichts.«
    Alebin blickte vom Essen hoch. »Wiffki?«, fragte er hoffnungsfroh und mit vollem Mund.
    »Ja.« Mistress Braxton nickte. »Wenn Ihr Euch ausgeruht habt, kommt doch herunter in den Schankraum. Ich öffne zwar erst gegen Abend, aber das macht nichts. Ein Glas oder zwei kann man auch ohne die andere Kundschaft genießen, meint Ihr nicht auch, Herr …?«
    »O’Gill. Darby O’Gill.« sagte Alebin und griff nach der Bohnenschüssel.
    »Ein Schotte!«, rief Mistress Braxton.
    Was juchzt die denn so? Fehlt nur noch, dass sie in die Hände klatscht!
    »Und wo genau kommt Ihr her, Darby O’Gill?«
    »Aus dem Hochland.«
    »Ein Highlander!« Diesmal klatschte die Witwe tatsächlich in die Hände. »Der Nachbar vom Bruder meiner Freundin ist auch ein Highlander.«
    »Zufälle gibt’s!« Alebin mimte kurz den Erstaunten, bevor er anfing, mit dem restlichen Brot die restliche Sauce aus den Schüsseln zu wischen. Er hatte gar nicht gemerkt, wie ausgehungert er war, bis Mistress Braxton das Essen brachte. Erst da fiel es ihm auf.
    Und nun, als sich wohlige Entspanntheit in seinem Inneren ausbreitete, kam noch etwas hinzu.
    Alebins Hand stockte auf halbem Weg. Das warme Bett, die Mahlzeit und diese gemütliche Atmosphäre im Haus, die der prasselnde Regen noch unterstrich, hatten ihm Geborgenheit vorgegaukelt und seinen Blick getrübt für die Tatsache, dass er sich am falschen Ort befand. Dass ihm eine Erinnerung fehlte. War er nicht zuletzt irgendwo draußen gewesen? Er runzelte die Stirn.
    »Wo bin ich hier eigentlich?«
    »In einem Gästezimmer über dem
Grumpy Hog
«, antwortete Mistress Braxton im Plauderton. »Es ist eines meiner besten! Vom Fenster aus habt Ihr einen schönen Blick auf das Moor!«
    »Das Moor«, wiederholte Alebin nachdenklich. Sauce floh von dem Brot in seiner Hand, ohne Eile, in langen Fäden. Er merkte es nicht.
Was hatte ich im Moor gewollt?
    Der Elf versank in Schweigen – anders als Mistress Braxton, die offenbar auch dann gern redete, wenn niemand zuhörte – und ließ die letzten Ereignisse Revue passieren, an die er sich erinnern konnte. Alle kleinen und großen Hindernisse auf seinem Weg nach Whispering Willows. Das Dorf am toten Bacharm, jener Grenze, die zu überschreiten ihm nicht gestattet wurde. Trotz des furchtbaren Menschenfressers, dieser Bestie, die sich als Raubkatze tarnte und etwas ganz anderes war.
    »Sie hatte eine Aura«, murmelte er abwesend. »Ich könnte schwören, da wäre ein …« Er brach ab, als ihm bewusst wurde, dass er nicht allein war.
    »Ihr müsst mir etwas erklären, Mistress Braxton.« Alebin schob sich das letzte Stück Brot in den Mund, stutzte, warf einen Blick auf seine Wolldecke. Dann wischte er die Sauce weg und begann zu kauen. »Als die Bestie

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