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Seidene Küsse

Seidene Küsse

Titel: Seidene Küsse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Leheta
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der Rolltreppe nach oben geschwemmt, sie widersetzte sich nicht. Die ersten Besoffenen kamen ihr auf der Rolltreppe nach unten entgegen, schließlich war es kurz vor halb vier. Kaum war sie oben, kam es ihr vor, als wäre sie in eine andere Welt ausgespuckt worden. Gerüche von Bratäpfeln, Fisch, Zuckerwatte, Bratwürsten, Pferdeäpfeln und natürlich der unverkennbare Biergeruch verschmolzen mit dem Geruch von Parfüms aller Art. Von den Schaubuden wurden ihr Hits entgegengeschleudert. Als sie zwischen zwei Fahrgeschäften entlangging, klang noch der Schlager der einen Schaubude in ihrem Ohr, und gleichzeitig vernahm sie
Hey Ya!
von
Outkast.
Worte, Gesang und Musik stürmten auf sie ein. Geschickt wich sie zwei torkelnden Männern aus; es war nicht klar ersichtlich, wer hier wen stützte. Sie schlängelte sich vorbei an Menschen aller Altersklassen und Hautfarben, an Familien mit Kinderwagen, die nicht so schnell vorankamen wie sie. Heute war der Himmel in seinem schönsten Blau-Weiß über den Zelten gespannt, dabei hätte Regen besser zu ihrer Stimmung gepasst. Es war ein goldener Herbsttag, und dementsprechend war alles auf den Beinen. Die Wiesn war ein riesiges Areal, und trotzdem kam sie nur schlecht vorwärts. Hier ein Ausweichen, da ein Auf-die-Seite-Gehen.
    Sie war nicht nur aufgeregt wegen des Okfoberfesfes, nein, auch wegen des Vorschlags von Michael.
    Manuela war durchaus klar, dass andere Paare Partnertausch veranstalteten, in Swinger-Clubs gingen oder eine so genannte offene Beziehung lebten. Für sie war so etwas nie in Frage gekommen. Sie hatte immer nur eines gewollt: einen Mann, dem sie genug war und der ihr genug war. Nicht in ihren kühnsten Träumen hatte sie je daran gedacht, dass ausgerechnet sie einmal einen Freund haben würde, der solche Dinge von ihr verlangte.
    Es war so weit, sie war im
Hackerzelt.
Manuela war eins zweiundsechzig, mit Absätzen acht Zentimeter größer, aber da fast alle Menschen auf den Bänken standen und beim
Anton aus Tirol
lauthals mitsangen, war es ihr unmöglich, über die Wand aus Leibern drüber zu sehen. Bedienungen drängten sie zur Seite. Eine wogende Menge, alle in Feierstimmung; manch einer versuchte ihrer habhaft zu werden.
    »Hi Deandl«, riefen sie ihr zu, aber Manuela ging weiter, ohne sich darum zu scheren. Sie drängte sich durch die Massen und erreichte den Gang, in dem der Tisch reserviert war. Hier griffen Arme nach ihr, dort musste sie sich vorbeidrücken.
    Die Bekannten von Michael saßen schon am Biertisch und sangen bei
Lebt denn der alte Holzmichl noch?
mit. Alle hatten eine Maß vor sich stehen. Manuela wurde bei der Hand genommen und auf die Bierbank gezogen. Sie kannte niemanden von Michaels Begleitern, aber genau so hatte er es gewollt. Er stieg um seine Spezis herum, begrüßte Manuela, aber nicht wie seine Freundin, sondern wie man eben Bekannte begrüßt. Schließlich war heute der Tag der Tage. Fast war ihr übel vor Aufregung.
    Immer noch war sie sauer auf ihn, weil er sie überredet hatte, seine Fantasie auszuleben. Seine, nicht ihre!! Irgendwann war sie so wütend gewesen, da hatte sie es ihm nur noch zeigen wollen. Ob sie allerdings nach diesem Intermezzo noch eine Beziehung mit ihm haben wollte, da war sie sich nicht sicher. Warum war sie überhaupt hergekommen? Die ausgelassene Stimmung wollte so gar nicht zu ihrer Gemütsverfassung passen, ihr Lächeln kam ihr wie festgefroren vor. Eine Maß Bier würde sicher helfen, damit sich ihre Nervosität etwas legte.
    Schon wurde ein
Prosit der Gemütlichkeit
gesungen. Irgendjemand hatte ihr ein Bier bestellt, aber sie hatte es nicht mitbekommen, so sehr war sie in ihre Gedanken vertieft gewesen. Einer der Bekannten stellte sich als David vor. Urig sah er aus in seiner schwarzen Kniebund-Krachledernen; ein Trachtenhemd und das Halstuch vervollständigten sein Wiesn-Outfit. Er stand Manuela gegenüber. Sie strahlte ihn an und nahm einen großen Schluck von der vollen Maß. Sonst war es für sie immer ein erhabenes Gefühl gewesen, in dieser Masse auf der Bierbank zu stehen und die riesige Menschenmenge zu sehen, aber heute war alles surreal. David war ganz hingerissen von ihr. Sein Blick wanderte immer wieder zu ihrem Dekolletee und zu ihren Beinen, manchmal suchte er auch ihren Blick. Manuelas Magen war ein einziges Durcheinander; die Musik, die Massen, die Stimmung, seine Blicke und das, was vor ihr lag. Plötzlich spürte sie von hinten eine Hand an ihrer Kniekehle. So schnell konnte

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