Seidenfessel - Maeda, K: Seidenfessel
Aufgaben vorzubereiten, auch wenn sie nicht wusste, welcher Art diese sein sollten. Je schneller es vorbei war, desto besser.
„Bitte kommen Sie mit hinein. Ich habe ihnen etwas mitgebracht und ich möchte gerne, dass Sie es tragen. Kyo wird Ihnen dabei helfen, es anzulegen. Sobald Sie fertig sind, werde ich Sie abholen lassen.“
„Und dann?“, fragte Isabelle, bevor sie darüber nachdenken konnte. Toshinaka lächelte, aber es erreichte nicht seine Augen. „Dann fahren wir nach Tokio.“
Es war ein Kimono. Isabelle konnte nicht anders – sie bewunderte das Kleidungsstück, sobald sie es auf dem Halter in ihrem Zimmer stehen sah. Er bestand aus lindgrüner Seide und war mit teuren Stickereien verziert, die fallende Kirschblüten und braune Äste zeigten. Einige der Äste waren auf die rechte untere Ecke des Kimono gestickt, drei weitere auf die linke Schulter. Ein Wind schien durch das gesamte Muster zu wehen, der die Blüten der Bäume über Vorder- und Rückseite des Kleidungsstückes tanzen ließ. Die Kirschblüten waren leicht rosa, und Isabelle fürchtete, dass sich die Farbe zu sehr mit ihrem roten Haar beißen würde, aber Toshinaka hatte ein gutes Auge für sie bewiesen. Als sie den Kimono vor ihre Brust hielt und sich in dem neu aufgestellten Spiegel betrachtete, sah sie, dass die Farben und Stickereien ihr schmeichelten. Das Grün unterstrich ihre Augen perfekt, und die rosafarbenen Kirschblüten waren kleine Akzente, die Isabelles rotes Haar betonten und sich nicht damit bissen. Die Ärmel des Kimono waren lang; sie reichten ihr fast bis zu den Fußknöcheln. Ein Zeichen für unverheiratete Frauen, hatte sie einmal gelesen.
Die Schiebetür öffnete sich, und Kyo, gekleidet in einen Yukata, trat ein.
Isabelle nickte ihm zu, und er nahm ihr sanft den Kimono aus der Hand. „Zieh dich aus, ich helfe dir.“
„Woher weißt du, wie man einen Kimono bindet?“
Kyo lächelte schmal. „Ob du es glaubst oder nicht, ich habe schon mehrmals Frauen aus so etwas geschält und ihnen am nächsten Tag wieder geholfen, es anzulegen.“
Er nahm einen weiteren, etwas dünneren Kimono vom Ständer. Er war weiß eingefärbt und auch sonst eher schlicht. Im Gegensatz zu dem anderen besaß dieser keine Stickereien oder Muster. „Zieh erst einmal den an. Der andere kommt dann darüber.“
Isabelle schlüpfte aus ihrem Yukata und griff schnell nach dem Unter-Kimono. Kyo sollte sie nicht in ihrer Unterwäsche sehen. Toshinaka hatte ihr Gepäck aus dem Hotel nachschicken lassen, und Isabelle war froh, zumindest ihre eigenen Slips und BHs wieder tragen zu können.
Als sie den Unter-Kimono anlegte, hielt Kyo sie hastig auf. „Nein, nein, die linke Seite über die rechte! Alles andere würde heißen, dass du zu einer Beerdigung gehst!“
Isabelle schlug die Seiten des Kimonos wieder um. „Das hat mir Shin nie gezeigt“, murmelte sie.
„Du sorgst dich, mhm?“
„Natürlich.“ Isabelle wandte den Blick ab, damit Kyo ihre Augen nicht sah. „Deswegen bin ich hier.“
Er nahm eine Art breites Band und trat näher an Isabelle heran. Geübt griff er um sie herum und band den losen Kimono fest. „Du wirst ihn wiedersehen. Toshi hat bisher immer Wort gehalten.“
„Anders als du?“, entfuhr es ihr bissig.
Kyos Miene verzog sich für einen kurzen Augenblick. Aber nicht für lang. „Du solltest dein Misstrauen mir gegenüber nicht zu sehr schüren. Ich gehöre nicht zu denjenigen hier, die dir schaden wollen“, sagte er, während er den Gürtel fester zog. Isabelle musste fest einatmen.
„Wer will mir hier nicht schaden?“, gab Isabelle zurück.
Kyo nahm den zweiten Kimono und hielt ihn Isabelle hin, damit sie problemlos hineinschlüpfen konnte. Diesmal schloss sie ihn sofort auf die richtige Weise. Kyo holte einen weiteren Gürtel. Dieser war wesentlich breiter als der erste und rot. Er wickelte ihn um Isabelle und wiederholte die Prozedur mit einem gelben Obi, der wieder schmaler war, so dass an seinen Rändern der rote Stoff des ersten Obi hervorschaute. Eine Kordel, in einem komplizierten Knoten geschlungen und um den Obi gewickelt, rundete das Bild ab.
Kyo griff in seine Hosentasche und holte ein kleines Kästchen hervor. Es bestand aus schwarzem Lack, und als er es öffnete, sah Isabelle, dass es mit Samt ausgeschlagen war. Darin lag eine Haarnadel aus Kupfer, an deren dickerem Ende mehrere Perlen auf Schnüren aufgereiht waren. Sie waren weiß, schimmerten im Licht aber in verschiedenen Farben, von
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