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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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gefunden hatte, auch wenn sie immer noch nicht wusste, ob ihr die prunkvollen Aufführungen behagten.
    »Petite wird auf dich aufpassen«, sagte Catharina zu Thea. »Und du musst auf sie aufpassen, sonst kettet Mamsell sie im Hof an.«
    »Ich werde mich bemühen«, antwortete Thea schwach. »Aber ich fürchte, dieser Abschied wird für immer sein.«
    »Sag das nicht, liebe Thea.« Catharina versuchte, die Tränen zurückzudrängen. »Du darfst so etwas nicht sagen.«
    »Ich spüre, wie die Kraft aus mir herausrinnt, wie Sand aus einer kaputten Sanduhr.«
    »Du musst nur mehr essen, dann wirst du auch wieder kräftiger.« Sie zeigte auf den Teller. »Gänseleberpastete hat Mamsell dir gebracht. Und Rotwein mit Ei. Du hast es noch nicht einmal angerührt.«
    »Später.« Thea winkte ab. »Ich habe keinen Hunger.«
    »Du musst dich zwingen«, bat Catharina. »Bitte!« Sie küsste die faltige Wange ihrer Wegbegleiterin des vergangenen Jahres. Ist es wirklich erst ein Jahr her, dachte sie verwundert, dass wir aufgebrochen und nach Hannover gefahren sind? Sie konnte es kaum glauben.
    Und nun würden sie nach Köln fahren, einer weiteren großen Stadt. Dort, da war sich Catharina sicher, würde Frieder sich endlich erklären. Bei dem Gedanken daran wurde ihr ganz warm ums Herz, und es kribbelte wohlig in ihrem Bauch.
    Als sie in die Küche ging, stürmte ihr Frieder entgegen.
    »Michel!«, rief er. »Habt Ihr die Kutsche angespannt?«
    »Kutsche? Ich dachte, wir fahren erst morgen früh?«, fragte Catharina entsetzt.
    »In der Tat. Aber jetzt gleich wird Kriegsgericht gehalten vor der Stadt. Das wird sicher ein großes Spektakel. Mögt Ihr mitkommen und es anschauen?« Er wartete nicht auf ihre Antwort, sondern griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich.
    »Das ist eine Hinrichtung.« Bestürzung machte sich auf ihren Gesichtszügen breit.
    »Ja, einer der Fahnenflüchtigen wird hingerichtet. Welcher es ist, entscheidet das Los. Es ist eine Art Lotterie auf Leben und Tod.« Frieders Wangen waren gerötet, seine Augen glänzten vor Aufregung.
    Die kleine Kutsche stand schon im Hof, Michel sah seinem Herren missmutig entgegen.
    »Soll ich Euch fahren?«, fragte er brummig.
    »Naturellement!« Frieder zog Catharina mit in die Kutsche.
    »Ihr wollt meine Schwester mitnehmen?« Michel schüttelte den Kopf. »Das ist nichts für sie.«
    »Es ist vielleicht die einzige Gelegenheit, einem Kriegsgericht beizuwohnen. Und nun schwingt Euch auf den Kutschbock, nicht dass wir es noch verpassen.«
    »Oui, Monsieur.« Michel warf Catharina einen scharfen Blick zu, doch sie konnte nur mit den Schultern zucken.
    Sie fuhren aus der Stadt heraus, an den Wallgärten vorbei in Richtung Münkershof. Dort hatten sich das Regiment und etliche Schaulustige versammelt. Catharina sah sich um, sie konnte niemanden von der Gemeinde entdecken und schämte sich plötzlich entsetzlich, hier zu sein.
    Die vier jungen Fahnenflüchtigen standen in einer Reihe; die Anklage und die Namen aller achtzig Deserteure wurden verlesen. Monsieur Villefranche zog mit zitternden Fingern das Los. Der junge Mann, dessen Name nun vorgelesen wurde, stieß einen spitzen Schrei aus und sackte dann in sich zusammen. Auch die anderen drei senkten den Kopf. Catharina war sich sicher, dass Tränen flossen.
    Der junge Mann wurde hochgehoben und an einen Pfahl gebunden, denn man eigens zu diesem Zweck auf der Wiese aufgestellt hatte. Man verhüllte seine Augen mit einem Tuch. Dann stellten sich fünf Soldaten in einer Reihe auf und hoben ihre Musketen. Zwei Trommler stellten sich auf, schlugen ihre Instrumenten, dann hörten sie abrupt auf.
    Michel war vom Kutschbock gesprungen und zog Catharina, die wie erstarrt dem Geschehen folgte, aus der Kutsche.
    »Das ist nichts für dich, Mädchen«, schimpfte er. »Warum, zum Teufel, bis du mitgekommen?«
    Die Schüsse knallten, es roch nach Pulver. Catharina rannte zu einem Busch und erbrach sich.
    »Er hat mich einfach mitgezogen, ich hatte keine Wahl.« Dankend nahm sie das Tuch, das ihr Bruder ihr reichte, und wischte sich über den Mund.
    »Du kannst immer nein sagen.« Er sah sie eindringlich an. »Und das solltest du auch tun.«
    Catharina spürte die Hitze, die in ihre Wangen stieg, sie senkte beschämt den Kopf.
    »Auch nach Köln solltest du nicht mitreisen. Es wird schon über dich geredet.«
    Nun hob sie trotzig das Kinn. »Und wenn schon«, sagte sie schnippisch.
    »Auch wenn es dir egal ist, mir, Mutter und deinen Schwestern

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