Seidenmagd
langes, qualvolles Leiden.« Sie sah ihre Freundin an. »Missversteht mich nicht, meine Liebe. Ich weiß, unser Leben ist ein Geschenk Gottes, und wir sollten es in Ehre undsorgsam führen, voller Dankbarkeit, auch wenn es hart ist. Aber diese jungen Männer werden viele Qualen erleiden.«
»Ich versteh, was Ihr meint, Anna«, sagte Catharina und legte der Freundin die Hand auf den Arm. »Es scheint Euch sehr zu beschäftigen?«
»Ja.« Anna nickte. Sie klang plötzlich traurig. »Auch wenn mein Anneken schwächlicher Natur ist, so ist sie doch ein liebes Kind, und ich habe viel Freude an ihr. Marijke ist auch ein Quell des Glücks für uns, und dieses Kind«, sie legte die Hand auf den gewölbten Bauch, »scheint auch sehr munter zu sein.« Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, doch dann wurde sie wieder ernst. »Aber mich quälen Ängste immerzu.«
»Ängste?«
»Ja, ich habe Angst zu sterben, die Kinder zurückzulassen. Ich habe Angst vor Schmerzen und Qual.«
»Aber Ihr habt die Geburten doch gut überstanden?«
»Ich fürchte den Gedanken an Krankheit und Siechtum.« Anna lächelte verlegen. »Auch wenn ich gar keinen Anlass dazu habe.«
Sie bemerkte Catharinas sorgenvolle Miene und zwang sich zu lächeln. »Aber das ist sicher bald besser, wenn erstmal dieses Kind auf der Welt ist.«
Annegrijt, die in der Wiege lag, begann zu weinen. Anna nahm sie hoch und beruhigte das Kind.
»Darf ich sie halten?«, fragte Catharina schüchtern.
»Natürlich.« Anna gab ihr das Kind. »Sollen wir in den Hof gehen? Die Sonne scheint so wunderbar.«
Im Hof saß Marijke im Staub und streichelte Petite, die sich wohlig räkelte.
Anna lachte leise. »Sie hat einen Narren an dem Hund gefressen. Es ist aber auch ein ganz besonders liebes Tier.«
»Ja, ich hänge sehr an ihr«, sagte Catharina und schnupperte verzückt am Kopf der kleinen Annegrijt. »Kinder riechen so gut.«
Anna kicherte. »Nicht, wenn sie gewickelt werden müssen.«
»Ich hatte immer große Angst vor der Geburt, doch seit dem Herbst habe ich die Angst verloren.«
»Ja, Ihr erzähltet von dem Erlebnis. Aber jede Geburt ist anders, und ich fürchte mich vor den schweren Stunden.« Anna setzte sich auf die Bank, die an der Hauswand stand. »Wie geht es eigentlich der alten Magd, die Euch begleitet hat? Ist sie immer noch so krank?«
Catharina nickte traurig und ließ sich neben Anna nieder. »Ja, seit der Fahrt hat sie diesen Husten. Ich hatte gehofft, dass die Wärme des Frühlings ihn vertreiben würde, doch es wird immer schlimmer. Thea ist nur noch Haut und Knochen. Wir befürchten, dass sie bald von uns gehen wird.«
»Das ist bitter. Hat sie noch Familie?«
Catharina schüttelte den Kopf. Schon bald gab sie das Kind der Mutter zurück, stand auf, verabschiedete sich und ging.
Marijke sah ihr und Petite enttäuscht nach. »Maman«, sagte sie dann, »darf ich auch einen Hund haben? So einen, wie Petite?«
Anna legte den Kopf schräg. »Da wirst du Vater fragen müssen.«
»Ich möchte so gerne«, sagte das kleine Mädchen, setzte sich auf die Bank, kuschelte sich an seine Mutter und steckte den Daumen in den Mund. »Es wird ja noch dauern, bis Anneken mit mir spielen kann«, nuschelte sie. »Sie wächst arg langsam.«
Anna musste lachen.
Wenig später kehrte Abraham von seinen Geschäften zurück. »Es duftet köstlich in der Küche«, sagte er, küsste seine Frau sacht auf die Wange und strich Annegrijt und Marijke über den Kopf. »Was kocht unsere Elise denn?«
»Sie kocht Rindfleisch aus und schmort es dann.«
»Rindfleisch.« Abraham legte die Stirn in Falten. »Wo hast du es gekauft?«
»Hans hat es vom Scheutenhof mitgebracht. War das nicht recht?«
»Doch. Bauer Scheuten vertraue ich.«
»Und wem nicht?«, fragte Anna verwundert.
»Es heißt, es gebe ein großes Rindersterben, und niemand weiß, wieso. Die Tiere fallen einfach tot um. Vielleicht ist ihr Fleisch verdorben.«
»Davon habe ich ja noch nichts gehört«, sagte Anna erschrocken.
»Ich habe es auch erst heute von meiner Mutter erfahren. Es soll im Umkreis von Moers vor ein paar Wochen das erste Mal aufgetreten sein, nun sind aber auch schon andere Höfe in der Nähe der Stadt betroffen. Der Winertzhof auch, so sagte sie mir.« Er setzte sich neben Anna und nahm Marijke auf den Schoß.
»Vater?«, fragte das Mädchen. »Darf ich einen Hund haben? So einen, wie Mademoiselle Käthe?«
»Käthe war heute hier?«, fragte Abraham überrascht.
»Ja, ich soll dir
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