Seidenmagd
Geschäft, hab ich gehört.«
»Seit sie auch das Waschen der Hemden übernommen hat, kann sie sich vor Aufträgen kaum retten.« Henrike verzog das Gesicht. »Es schmeckt mir nicht, wie sie mit ihnen umgeht.«
»Wie meinst du das?«, wollte Catharina verwundert wissen.
»Nun, du solltest erleben, wie es ist, wenn sie die Sachenbringen oder abholen. Immer hat sie ein Lächeln und einen freundlichen Spruch auf den Lippen. Doch hintenrum schimpft sie über die Soldaten, lässt kein gutes Haar an ihnen. Dabei sollte sie froh sein, denn sie verdient gut.«
»Das eine hat mit dem anderen vermutlich nichts zu tun«, sagte Catharina nachdenklich. »Mutter macht das, um die Familie über die Runden zu bringen.«
»Sie bekommt ja auch noch deinen Lohn. Und trotzdem feilscht sie auf dem Markt um jeden Taler.«
»So viele Jahre hat sie sparen müssen, das vergisst man nicht, Rike.«
»Ter Meers Knecht war hier, er hat das Dach des Schuppens repariert und im Hinterhaus eine Waschküche gebaut. Zwei große Kessel hat Mutter dort. Ein Spülbecken soll noch gemauert werden.«
»Und im Haus?«
Henrike wendete sich ab, ohne zu antworten.
Gemeinsam bereiteten sie das Essen zu. Da Gäste erwartet wurden, deckten sie die Tafel in der Stube.
Früher erschien mir der Tisch und das gute Geschirr als nobel, dachte Catharina verwundert. Aber nun weiß ich, dass der Glanz fleckig ist. Ich sollte mich ob meiner Gedanken schämen.
»Meine Frau lässt sich entschuldigen«, sagte Abraham ter Meer und legte den Mantel ab.
»Oh?« Esther reichte ihm ein Glas Wein. Das Teilen einer Mahlzeit gehörte zu den Gebräuchen der Gemeinde. Früher hatten sie Gottesdienste bei einem der Gemeindemitglieder im Verborgenen feiern müssen. Erst nach und nach wurde die Gemeinde akzeptiert, und schließlich wurde den Mennonitengestattet, eine eigene Kirche zu bauen, die sie allerdings hinter einer hohen Mauer verstecken mussten.
Doch an den gemeinsamen Mahlzeiten hielten viele Familien fest. Es wurde reihum eingeladen, und jeder brachte etwas mit.
»Leider kränkelt auch unsere Magd«, sagte Abraham verlegen. »Deshalb bringe ich Euch ein kleines Fässchen Heringe mit. Ich habe sie gestern in Uerdingen erworben.«
»Das wäre doch nicht notwendig gewesen. Wie geht es Eurer Gattin, und was fehlt der Magd?«
»Anna leidet diesmal sehr unter den Beschwerden der Schwangerschaft. Zu Anfang war ihr ständig übel, dann ging es eine Weile gut, doch jetzt macht ihr das Wetter zu schaffen. Sie ist schlapp und gleichzeitig unruhig. Dabei hat sie noch drei Monate vor sich. So Gott will, wird sie diese Schwangerschaft trotzdem gut überstehen.«
»Es ist sehr schnell sehr warm geworden«, sagte Geertie Lobach. »Kein Wunder, dass Eure Anna darunter leidet.« Sie legte einen Laib Brot und einen Käse auf den Tisch.
»Das Frühjahr war zu kalt und zu nass, doch jetzt schimpfen die Bauern über die Hitze und Trockenheit.« Peter Lobach nahm dankend das Glas Wein entgegen.
»Es gibt immer etwas auszusetzen«, sagte Abraham lächelnd. »Dabei sollten wir alles so annehmen, wie es kommt.«
»Das hat der Prediger heute gut gesagt.« Esther trug das Essen auf und wies alle an, Platz zu nehmen. »Ich denke, er meinte auch die Last, die wir durch die Besatzung haben.«
»Die Friedensgespräche rücken immer näher. Ich setze große Hoffnung darauf«, sagte Abraham.
»Habt Ihr die französische Zeitung von Köln gelesen?« Peter Lobach sah ihn fragend an. »Am 15. Juni sollen sich dieBevollmächtigten der kriegsführenden Parteien in Augsburg treffen. Doch sollte es dort zu einem Friedensschluss kommen, droht ein neuer Krieg.«
»Nein!« Esther sah entsetzt auf.
»Der Sultan habe wohl, so sagt die Zeitung, ein Manifest veröffentlichen lassen, dass er den Maltesern den Krieg erklären werde.« Abraham strich sich nachdenklich über den Bart. »Doch möglicherweise sind das nur leere Drohungen. Es geht wohl um ein Schiff, das die Malteser geraubt haben sollen.«
»Ein Krieg? Wegen eines Schiffes?«, fragte Catharina ungläubig.
»Es sind schon Kriege für weniger erklärt worden.« Peter Lobach senkte den Kopf. »Doch nun lasst uns beten und Gott für Speis und Trank danken.«
Die Kaninchen in einem Rotweinsud mit frischen Zwiebeln und dem gerösteten Weißbrot fand allgemeinen Anklang. Schweigend genoss man das Essen. Erst als abgeräumt war, zogen die beiden Männer ihre Pfeifen hervor.
»Es gab ein Erdbeben auf der Insel Terceira, berichtet die Zeitung aus
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