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Seidenmagd

Seidenmagd

Titel: Seidenmagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: U Renk
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waren schon selten. Fleisch war die Ausnahme. In der Bürgerschicht sah das anders aus. Auch dort gab es meist deftigen Getreidebrei zum Frühmahl, dazu Brot, Schmalz, manchmal Butter. Abends gab es meist ein Gericht mit Speck oder Würsten, geräuchertem oder gepökeltem Fleisch. Im Winter waren Kohlgerichte an der Tagesordnung. Kohl ließ sich gut und lange lagern, er ließ sich sauer einlegen und salzen. Wurzeln und Rüben gab es auch lange nach der Ernte, sie wurden in Sandlagen gelegt. Doch zum Ende des Winters waren diese Vorräte meist aufgebraucht. Frisches Fleisch oder Geflügel brachte man an Sonn- oder zu Feiertagen auf den Tisch.
    In diesem Haushalt jedoch war alles anders. Es schien Lebensmittel und Vorräte im Überfluss zu geben. Jeden Tag wurde Brot aus weißem Mehl gebacken. Statt Sauerteig nahm man Hefe. Süße und auch salzige Butter lagerten im Eiskeller unter dem Stall. Frisches Geflügel und Eier wurden täglich geliefert. Wachteln, Ente, Fasan und Tauben kamen regelmäßig auf den Tisch. Frisches Fleisch gehörte auch zur täglichen Küche. Dinge wie geschmorte Kalbsbäckchen oder Lammkeulen waren keine Seltenheit. Vielfältig war auch die Art der Zubereitung. Mamsell schien eine wahre Künstlerin zu sein, niemals wiederholte sich eine Speise in der Woche,obwohl morgens und abends mehrere Gänge serviert wurden.
    Die Gewürze, die in der Küche zur Anwendung kamen, gingen weit über das hinaus, was Catharina kannte. Immer wieder saß sie am Tisch, schnupperte verzückt. Oft durfte sie kosten, manche Geschmacksexplosion erlebte sie dabei. Die Offiziere, die bei den von der Leyen im Quartier waren, lobten die Küche über alle Maße, und Catharina konnte sich gut vorstellen, dass sie lieber hier blieben, als wieder in die Schlacht zu ziehen.
    Auch die Dienerschaft speiste gut. Zwar mussten sie bei Tagesanbruch aufstehen, lange vor der Herrschaft, aber auch sie hatten eine reichliche Auswahl in der Früh wie auch des Abends.
    Die Mahlzeiten nahmen sie gemeinsam ein, alle um den langen Holztisch versammelt, der in der Hauptküche stand. Nur bei großen Feierlichkeiten oder Festen kam ihre Abendmahlzeit etwas zu kurz. Oft durften sie aber die Reste essen, wenn alle Gäste gegangen waren.
    »Im Herbst herrscht hier ein wahres Wirrnis, wenn geschlachtet wird«, sagte Mamsell.
    »Hier wird geschlachtet?«, staunte Catharina.
    »Natürlich. Nicht Monsieur, aber wir schlachten. Vier bis fünf Schweine lassen die Herrschaften jedes Jahr mästen. Daraus machen wir unsere eigene Wurst und Räucherware. Was glaubst du denn, wo wir die Würste herzaubern? Im Garten wachsen die nicht.« Mamsell lachte.
    Jakob zwinkerte ihr zu. »Hast du die Keller und das Eishaus noch nicht gesehen? Zum Teil ist es unter den Pferdeställen, zum Teil unter der Remise. Ich zeige es dir, wenn du willst.«
    Catharina nickte. Sie hatte ihre anfängliche Scheu verloren, fühlte sich wohl in der Gesellschaft der anderen. Es gab immer etwas zu tun, und sie half gerne aus.
    Inzwischen hatte Madame von der Leyen festgestellt, wie gut das Kammermädchen ihres Neffen nähen konnte.
    Eines Mittags ließ sie Catharina zu sich rufen. Seit sie mit ihrer Mutter im Februar hier gewesen war, hatte Catharina die Wohnräume der Familie nicht mehr betreten. Voller Scheu folgte sie Lieke in den Salon.
    »Du bist Catharina te Kamp, nicht wahr?« Margaretha von der Leyen saß in einem Sessel am Kamin. Auf dem Tisch lagen Musterbücher und ein Journal aufgeschlagen.
    Catharina nickte. Obwohl inzwischen Frühsommer war, knisterte ein Feuer im Kamin.
    »Du bist Weißnäherin wie deine Mutter?«
    Wieder nickte Catharina, sie wusste weder, wie sie sich zu verhalten hatte, noch was sie sagen sollte.
    »Ich habe festgestellt, dass deine Nähte fein sind, sehr fein. Und dein Flickwerk ist kaum zu erkennen. Manchen Stellen sieht man es wahrlich nicht an, dass sie geflickt oder verbessert wurden.«
    »Merci«, sagte Catharina leise.
    »Aber kannst du auch wirklich nähen?«
    »Pardon, Madame?«
    »Nun, kannst du Kleider zuschneiden und nähen?«
    »Naturellement, Madame.«
    »Wirklich?« Margaretha stand auf und ging zu dem Tisch aus poliertem Kirschholz, der unter dem Fenster stand. »So etwas auch?« Sie deutete auf zwei Blätter, die dort lagen. Es waren Zeichnungen.
    Catharina beugte sich über die Zeichnungen.
    »Nimm es ruhig in die Hand«, sagte Margaretha.
    »Nun, ihr meint die Kleider dieser Dame?«
    »Ja.« Margaretha sah sie erwartungsvoll an.
    »Ich

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