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Seidentanz

Seidentanz

Titel: Seidentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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angeboten. Man hatte sich gemerkt, daß ich diese Süßigkeit mochte. Ich bedankte mich gerührt. Beide sahen sehr niederge-schlagen aus. Aiko, in einen blaßgrünen Kimono gehüllt, machte ein bekümmertes Gesicht. Sagon setzte sich nicht, als ich ihn dazu aufforderte, sondern stand vor dem Bett und hielt den Oberkörper gesenkt.
    »Gomennasai – ich bitte um Entschuldigung!« stieß er kehlig hervor. Seine Stimme verriet, wie betroffen er war. Ich starrte ihn ungläubig an.
    »Aber ich bin es doch, die sich entschuldigen muß! Ich habe die Aufführung verpfuscht!«
    Sagon hob die Hand in Brusthöhe, bewegte sie lebhaft hin und her, in der verneinenden Geste der Japaner.
    »Nein, Ruth, nein! Der Schuldige bin ich. Ich habe dir die Maske aufgezwungen.«
    »Aufgezwungen?« sagte ich. »Sie gehörte doch zu meiner Partie! Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen, Mori-Sensei, das wäre mir nämlich nicht recht. Und außerdem, Sie hatten mich ja gewarnt.«
    Er war immer noch nicht beruhigt.
    »Aber du hättest sie ablehnen können. Ich hätte mein Konzept geändert…«
    »Nein, Mori-Sensei. Sie führten Regie. Die szenischen Vorgänge müssen eingehalten werden. Wenn jeder Spieler seine Seelenzustände hätte… «
    Ich zog vielsagend die Schultern hoch. Er brachte ein blü-
    tenweißes Taschentuch zum Vorschein, wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Ja, die Rolle hätte neu konzipiert werden müssen. Ich danke dir, Ruth. Du siehst die Dinge schon richtig. Ein Regisseur hat ein fertiges Bild im Kopf und kann Änderungen nicht ohne Magenkrämpfe in Betracht ziehen!«
    »Ach, Sie geben es also zu?«
    Er erwiderte zerknirscht mein Lächeln. Ich hatte ihn stets mit Ehrfurcht betrachtet; jetzt, da er seine Sorge für mich erkennen ließ, begann ich ihn zu lieben.
    Kunio hatte mir erzählt, wie es an jenem Nachmittag weiter-gegangen war. Als ich wie eine Betrunkene auf der Bühne torkelte und zu Boden stürzte, war ein kurzes Durcheinander entstanden. Die Zuschauer schickten sich an, ihre Plätze zu verlassen. Sagon war sofort vor das Publikum getreten. Hatte sich entschuldigt, daß einer der Spieler von der Hitze ohnmächtig geworden sei und angekündigt, daß er die Partie übernehmen würde. Ein paar Minuten später hatte er mein Übergewand über die Schultern gestreift, die Maske umgebunden, und schwang die Hellebarde. Die Zuschauer, nahmen ihre Plätze wieder ein, und das Ensemble spielte das Stück, bis zum Schluß. »The show must go on« zitierte Sagon auf englisch und grinste. »Und was die Maske betraf… nun, ich bin nur ein Mann. Sie verhielt sich ruhig.« Er ließ ein abfälliges Zungenschnalzen hören.
    »Ich bin tief beschämt, es wurde ein lausiger Tanz!«
    Aiko schüttelte lebhaft den Kopf.
    »Glaube das ja nicht, Ruth! Er übertreibt mal wieder. Sein Auftritt war vollkommen. Daß er aufgeregt war, sah nur ich.
    Aber du, Ruth, du hast großartig getanzt. Oh, es war wundervoll! Bis zu dem Augenblick… da diese Sache geschah. Und selbst da hattest du dich noch perfekt im Griff. Ich wurde erst unruhig, als du versuchtest, den Knoten zu lösen und es dir nicht gelang.«
    »Aiko machte sich die größten Vorwürfe«, erläuterte Sagon.
    »Sie dachte, der Knoten sei ihr mißglückt.«
    Aiko legte ihre schmale Hand auf ihr Herz, um zu zeigen, wie erschrocken sie war. Vom vielen Schlafen war meine Zunge schwer geworden, und so lächelte ich ihr nur beruhigend zu.
    Nach kurzem Schweigen sagte der Priester in verhaltenem Ton:
    »Ruth, ich weiß nicht, was für Pläne du jetzt hast. Aber wenn du in Japan bleiben möchtest, würde ich dich gerne weiter ausbilden. Du bist krank gewesen, und gewiß ist es für dich noch zu früh, eine Entscheidung zu treffen. Nimm dir Zeit, überlege dir die Sache gründlich. Aber du sollst wissen, daß ich stolz wäre, dich in unserem Ensemble zu haben.«
    Widersinnig genug, spürte ich nur noch Zufriedenheit. Ich war dem Bugaku verfallen wie einem berauschenden Trank.
    Die Welt des schönen Scheins, des seligen Traums, zog mich mit unerhörter Mächtigkeit an. Und selbst die Maske mit ihrer Schattenhaut trug noch die Elemente des Reizvollen für mich.
    Sitzend im Bett, schon ganz erschöpft von dem kurzen Gespräch, deutete ich eine Verbeugung an. Erwiderte rückhaltlos sein Lächeln, das voller Zuneigung und Wärme war.
    »Verzeihung, bitte, Mori-Sensei. Ich bin es nicht wert, Ihre Schülerin zu sein. Aber es ist eine besondere Ehre für mich.
    Vielen Dank. Und ich werde

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