Seidig wie der Tod
tief in ihrem Innersten. Sogar schon vor diesem überwältigenden Kuss. „Sie benötigen keine Komplimente. Was Sie brauchen, ist ein Bad, eine Rasur, ein Haarschnitt und etwas Vernünftiges zu essen. Wann haben Sie zum letzten Mal gegessen?“
Er lehnte sich gegen den Türrahmen und betrachtete sie in einer stummen Aufforderung, zu ihrem Fernsehsender zurückzukehren. Wo sie sicher war. „War das ein Angebot, etwas für mich zu kochen?“
„Jemand muss es ja wohl tun.“ Desiree war so überrascht wie er von ihren Worten. Aber jetzt, wo sie einmal ausgesprochen waren, weigerte sie sich, sie zurückzunehmen. „Lassen Sie mich vorbei, Falconer. Mal sehen, ob Sie außer Eiswürfeln und Sodawasser noch etwas anderes in Ihrem Kühlschrank haben.“
„Ich trinke meinen Whiskey pur. Ohne Eis“, entgegnete er und trat zurück, um sie einzulassen. In sein Haus – und in sein Leben, wie er befürchtete.
„Ein richtiger Macho“, bemerkte sie spöttisch, während sie sich umschaute. Die Staubschicht auf den Möbeln war sogar noch dicker als vier Tage zuvor. „Sie brauchen eine Putzfrau.“
„Ich hatte eine, aber sie kündigte vor zwei Wochen.“
„Bestimmt haben Sie sie vergrault.“ Als sie sich in Richtung Küche wandte, blieb Roman nichts anderes übrig, als ihr zu folgen. „Das überrascht mich nicht.“
„Bei
Ihnen
habe ich nicht den Eindruck, dass Sie flüchten“, sagte er gedehnt.
„Ich erschrecke nicht so leicht.“
„Das ist mir auch schon aufgefallen.“
„Es ist gut, zu wissen, dass Ihr Whiskeykonsum noch nicht alle Ihre Gehirnzellen vernichtet hat“, versetzte sie.
Die Küche sah mindestens so schlecht aus wie ihr Eigentümer.
„Ich nehme es zurück“, sagte Desiree, als sie die leeren Plastikbehälter und Pizzakartons auf Tisch und Schränken sah. „Dass ich nicht so leicht erschrecke, meine ich.“
„Ich erinnere mich nicht, Sie hergebeten zu haben.“
Ein trotziger Zug erschien bei seinen Worten um ihren Mund, und sie stützte die Hände in die Hüften. „Sie haben teuer für eine Verabredung mit mir bezahlt, Falconer, und ich will verdammt sein, wenn ich meinen Teil nicht erfülle. Da Sie nicht die Absicht zu haben scheinen, auszugehen, essen wir hier. Sobald ich diesen Müll beseitigt habe.“
Sie zog ihren hellen Wollmantel aus und legte ihn über einen Küchenstuhl. Darunter trug sie die gleichen Kleider wie bei ihrer abendlichen Sendung – einen schilfgrünen Angorapullover, der einen attraktiven Kontrast zu ihrem roten Haar bot, und einen wadenlangen Wollrock in derselben Farbe.
Roman schaute sich um, sah die Küche mit ihren Augen und dachte, dass sie Mut besaß. „Sind Sie immer so impulsiv?“
„Das kommt darauf an. In meinem Beruf eigentlich weniger. In meinem Privatleben lasse ich mich gerne treiben.“
Roman fühlte sich immer stärker zu dieser energischen Frau hingezogen, die trotz ihrer Kraft und Entschlossenheit so zart wirkte wie irisches Kristallglas. „Kann ich helfen?“
Sie wandte sich um und maß ihn mit einem langen Blick. „Ja, indem Sie mir aus dem Weg gehen. Nehmen Sie eine Dusche und rasieren Sie sich. Don Johnson mag ja ganz attraktiv gewesen sein mit seinen Bartstoppeln, aber die Achtziger sind vorbei, und mir sind glatt rasierte Männer lieber.“
Roman spürte, dass Desiree wieder einmal das Unmögliche gelungen war. Seine Lippen verzogen sich zu einem widerwilligen Grinsen.
„Wussten Sie, dass Sie eine Tyrannin sind?“
„Das höre ich andauernd – und betrachte es als Kompliment.“ Verdammter Kerl! Obwohl er wie der aufgewärmte Tod aussah und sie sich noch nie zu finsteren, problembeladenen Männern hingezogen gefühlt hatte, brachte Romans bloße Nähe ihr Blut in Wallung.
Ein schwaches Lächeln spielte um seinen Mund, und sie fragte sich, ob das Lächeln auch seine Augen erreichen würde, falls sie sich auf die Zehenspitzen stellte und ihn küsste.
Roman erriet, was sie bewegte, und erkannte auch das unfreiwillige Verlangen, das sich in ihrem Blick verriet. Langsam hob er die Hand, strich ihr das Haar zurück und legte sie dann unter ihr Kinn. „Ich weiß nicht, ob ich habe, was Sie brauchen.“
Seine tiefe Stimme war sanft und rau zugleich; sein Blick strahlte Verlangen aus und noch etwas anderes, das ihr fast wie aufrichtige Besorgnis vorkam.
Roman Falconer verwirrte und beängstigte sie. Aber er faszinierte sie auch.
Indem sie ihre Hände auf seine Schultern legte, drehte sie ihn herum und versetzte ihm einen
Weitere Kostenlose Bücher