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Seidig wie der Tod

Seidig wie der Tod

Titel: Seidig wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Ross
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auf Sendung gehen.“
    „Und wäre das nicht tragisch?“, murmelte Desiree, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden. „Es würde uns mindestens fünf Punkte in den Einschaltquoten kosten.“
    „Mindestens“, bestätigte Karyn gutmütig. „Willst du darüber reden?“
    „Worüber? Es gibt nichts zu bereden“, entgegnete sie und beendete ihren Bericht, zufrieden, dass sie das Wesen des Mannes in seinem letzten Interview gut eingefangen hatte. Sugars Aufnahmen würden das Bild vervollständigen.
    „Wenn eine Frau behauptet, wütend über nichts zu sein, kann es sich nur um einen Mann handeln.“ Karyn hockte sich auf die Schreibtischkante. „Stimmt etwas nicht mit deinem Liebesleben?“
    „Welches Liebesleben?“, murmelte Desiree, während sie mit unnötiger Gewalt die Speichertaste drückte.
    „Aha.“ Karyn nickte. „Es tut mir leid.“
    „Ach, verdammt.“ Desiree löste den Blick vom Bildschirm und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Entschuldige, Karyn. Ich bin heute nicht die Gesprächigste.“
    Karyns Lächeln verblasste, als sie Desirees düstere Miene sah. „Du macht dir Sorgen wegen des Vergewaltigers, nicht wahr?“
    „Ja und nein. Ich kann mir einfach nicht denken, was er vorhat. Warum schickt er mir Blumen und einen Brief, in dem er sich beschwert, keine Presse zu bekommen – um dann, wenn ich ihn trotz allem in meiner Sendung nicht erwähne, Stillschweigen zu bewahren und sich nicht bei mir zu melden?“
    Sie warf einen ärgerlichen Blick auf das Telefon, als könne sie es damit zum Klingeln bringen. Obwohl sie nicht wirklich mit dem Mann reden wollte, zerrte das Warten an ihren Nerven. Und dann die Sache mit Roman Falconer …
    Nein! Sie weigerte sich erst recht, über diesen launischen, rätselhaften Schriftsteller nachzudenken.
    „Vielleicht hat er die Stadt verlassen“, entgegnete Karyn. „Wer weiß, vielleicht ist er sogar tot.“
    „Tot? Warum sollte er tot sein?“
    „Auch Mörder können einen Herzanfall erleiden oder von einem Taxi überfahren werden …“
    „Ja, man darf die Hoffnung nicht aufgeben“, murmelte Desiree. Der Kopfschmerz, mit dem sie schon am Morgen aufgewacht war, begann zurückzukehren. Sie nahm zwei Aspirin aus einer Schublade und schluckte sie mit etwas kaltem Kaffee. „Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass er noch da ist. Und dass er wartet.“
    „Worauf?“
    „Das“, sagte Desiree und stellte die Tasse auf den Tisch, „ist die Millionendollarfrage!“
    Schluss damit! Roman betätigte die Fernbedienung und sah zu, wie der Bildschirm sich verdunkelte. Er konnte Desiree Dupree in seinem Leben genauso wenig brauchen wie die verdammten Albträume, die ihm mehr über die Verbrechen des Triebtäters verrieten, als er wissen durfte. Die unangenehme Wahrheit war jedoch, dass es ihm einfach nicht gelingen wollte, Desiree Dupree aus seinen Gedanken zu verbannen.
    „Wenn du nicht aufpasst, mein Junge“, murmelte er, „entwickelt sich die Frau noch zu einer Besessenheit.“
    Was sich als schwerwiegender Fehler erweisen würde, sagte er sich erneut und griff nach der Whiskeyflasche.
    Während er sich schwor, keine Nachrichtensendungen mehr zu sehen und keinen Gedanken mehr an Desiree Dupree zu verschwenden, klingelte es an der Haustür.
    Ein unheimliches Prickeln begann in Romans Nacken, und sein Instinkt, dem er stets vertraute, verriet ihm, dass der Gegenstand seines Ärgers draußen auf den Eingangsstufen stand.
    Eine weitere gut gemeinte Entscheidung geht den Bach hinunter“, dachte er, während er sich ins Unvermeidliche schickte und aufstand, um die Tür zu öffnen.

8. KAPITEL
    D ie ärgerlichen Worte, die Desiree durch den Kopf gingen, als sie klingelte, waren vergessen, als sie in das gequälteste, hagerste Gesicht schaute, das sie je gesehen hatte.
    Sie bezweifelte, dass Roman sich seit der Wohltätigkeitsveranstaltung rasiert hatte; seit der Nacht, in der er sie geküsst und dunkle, gefährliche Emotionen in ihr geweckt hatte, die ihr seitdem keine Ruhe mehr ließen.
    „Sie sehen schrecklich aus.“
    Die freimütige, wenig schmeichelhafte Feststellung war zutreffend. Roman fühlte sich, als hätte er einen Blick in die Hölle getan. Und was er dort gesehen hatte, war alles andere als beruhigend.
    „Danke für das Kompliment.“
    Sie ließ sich von seinem sarkastischen Tonfall nicht beirren. Irgendetwas stimmte hier nicht. Obwohl sie sich die größte Mühe gab, sich einzureden, Roman Falconer bedeutete ihr nichts, berührte er etwas

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