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Seidig wie der Tod

Seidig wie der Tod

Titel: Seidig wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Ross
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kleinen Schubs. „Gehen Sie duschen, Falconer. In der Zwischenzeit werde ich sehen, ob ich diese Müllhalde wieder in eine Küche zurückverwandeln kann.“
    Wie erwartet, war Romans Kühlschrank nicht gerade eine Fundgrube kulinarischer Delikatessen. Ein Sechserpack Bier, eine halb volle Flasche Ketchup, ein Viertelpfund Butter, Dijonsenf und ein Stück verschimmelter Käse, das war alles. Zum Glück sah es in der Tiefkühltruhe etwas besser aus.
    Während Desiree Senf und Butter verrührte als Soße für die Lammkoteletts, die sie grillen wollte, fragte sie sich, was sie sich bloß dabei gedacht hatte, für einen Mann zu kochen, von dem sie nicht einmal wusste, ob er ihr sympathisch war. Einen Mann, dessen ruhelose dunkle Augen sie an den Helden eines historischen Romans erinnerten. An Heathcliffe beispielsweise, der von Anfang an zu einem Leben in Qual und Verzweiflung verdammt gewesen war.
    Viel zu viel an Roman Falconer spiegelt Emily Brontës finsteren Helden wider, dachte Desiree, während sie den Merlot entkorkte, den sie gefunden hatte, und sich ein Glas einschenkte. Obwohl sie ein hilfsbereiter Mensch war, hatte sie sich nie als Haushälterin betrachtet, geschweige denn als Erlöserin gequälter Seelen.
    Und doch, aus irgendeinem Grund, den sie nicht begriff, war sie hier bei Falconer, räumte seine Küche auf und bemühte sich, aus dem wenigen, das sie fand, ein komplettes Abendessen zuzubereiten.
    Als sie allerdings an den Abend zurückdachte, an dem Roman sie vor jenem Kretin gerettet hatte, indem er einen unverschämt hohen Preis für ein Rendezvous mit ihr bezahlt hatte, musste Desiree sich eingestehen, dass Roman auch durchaus charmant sein konnte.
    „Aber“, ermahnte sie sich laut, „das behauptet man vom Teufel auch.“
    „Ruft mich jemand?“, fragte eine tiefe Stimme an der Tür.
    Als Desiree sich umdrehte, wusste sie plötzlich nur zu gut, warum sie hier war. Ob es ihr nun gefiel oder nicht, auf eine geheimnisvolle Weise fühlte sie sich zu Roman hingezogen.
    Sein Haar, immer noch ein bisschen zu lang für normale Maßstäbe, schimmerte wie Pech im Schein der Deckenleuchte; sein glatt rasiertes Gesicht enthüllte ein markantes Kinn. Aus dem jähen Bedürfnis heraus, die Kerbe in diesem Kinn zu berühren, schloss Desiree die Finger unwillkürlich fester um den Stiel des Glases.
    „Wenn man vom Teufel spricht …“, versetzte sie mit einer Gelassenheit, die sie nicht empfand.
    „Bin ich das für Sie?“ Er durchquerte den Raum, und Desiree trat ganz unbewusst einen Schritt zurück. „Ein Teufel?“
    Sie war gefangen – hinter ihr die kalten Kacheln, vor ihr der verwirrend männliche Körper Falconers. Ein Körper, der Wärme und beherrschte Spannung ausstrahlte.
    Sie versteifte sich, als er die Hand ausstreckte. Hielt den Atem an, als er die Finger unter ihr langes Haar schob.
    „Ich weiß nicht. Sind Sie es?“, entgegnete sie, um einen spöttischen Ton bemüht.
    „Keine Ahnung.“
    Er nahm ihr das Glas aus den steifen Fingern und drehte es, bis die Lippenstiftspuren am Rand auf seiner Seite waren. Ohne seinen dunklen, unergründlichen Blick von ihr abzuwenden, hob er das Glas und trank.
    Mit anzusehen wie seine festen Lippen die gleiche Stelle berührten wie zuvor noch ihre eigenen, genügte, um ein Zittern in Desiree auszulösen.
    Roman, dem ihre Reaktion nicht entgangen war, stellte das Glas ab und begann mit den Händen über ihre Arme zu streichen, auf eine Art, die alles andere als beruhigend auf sie wirkte.
    „Ist Ihnen kalt?“
        „Dann müssen Sie Angst haben.“
    Wieder ließ er die Hand ihren Arm hinabgleiten und verschränkte seine Finger mit ihren, wie er es in jener Nacht auf der Tanzfläche getan hatte. Als seine Lippen ihre Fingerknöchel streiften, spürte Desiree, wie die Kraft aus ihren Knien wich. Kein Mann, dachte sie verzagt, dürfte eine solch ungeheure erotische Ausstrahlung besitzen.
    „Ich glaube schon“, gestand sie mit der kehligen Stimme, die sie bei männlichen Zuschauern so beliebt gemacht hatte. Mit einer Stimme, die unter die Haut ging und Roman an alles denken ließ, was er gern mit ihr getan hätte.
    „Vor mir?“ Er drehte ihre Hände und hauchte einen Kuss auf ihren Puls.
    Die Art, wie er sie ansah – als könnte er bis auf den Grund ihrer Seele schauen – veranlasste Desiree, ihm die Wahrheit zu gestehen. „Vielleicht ein bisschen“, gab sie zu.
    „Das ist gar nicht so unklug“,

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