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Seifenblasen kuesst man nicht

Seifenblasen kuesst man nicht

Titel: Seifenblasen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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spät am Abend, wenn alle anderen schon gegangen waren. Zum Schluss war sie der Meinung gewesen, mit diesem Video könnte Coralie sich direkt bei Madonna bewerben – und würde auf der Stelle genommen. Sie ließ sich neben Wanda auf die Bank fallen. »Habe ich meinen Platz?«
    Â»Theoretisch ja. Aber … Xavier … Also, es wurde noch jemand vorgeschlagen. Eine Jasmin Karner aus Berlin. Kennst du sie?«
    Â»Nein«, flüsterte Coralie. »Was … Wer ist Xavier?«
    Â»Alle ehemaligen Mitglieder von Khaleds Company können ihm begabte, junge Tänzer vorschlagen. Xavier arbeitet für Mikk MIC .«
    Mikk MIC – Emm Äi Si ausgesprochen – war eine andere Tanzschule. Mikk hieß eigentlich Karsten Möckel und wäre wohl auf immer und ewig im dunklen Orkus der Links-zwo-drei-Tanzschulen verschwunden, wenn er nicht vor Jahren einmal einen Gastauftritt in einer Casting-Show gehabt hätte. Abgesehen davon, dass er in dieser Show mit noch nie zuvor da gewesener Inkompetenz die Fähigkeiten der Bewerber kritisiert hatte, war es ihm auch noch gelungen, seiner Schule den Stempel »Hier tanzen die Stars« aufzudrücken – eine dreiste Lüge, denn kein Star hatte jemals den abgeranzten roten Teppich betreten, der zu seinen Räumen führte. Die Lehrer wechselten häufig bei ihm, und es war ein Wunder, dass es jemanden aus Khaleds Company dorthin verschlagen haben sollte.
    Â»Xavier und ich … Also, wir hatten schon früher ein paar Probleme miteinander.« Wanda scharrte mit ihren Füßen über den Boden. Coralie würde plötzlich bewusst, wie wenig sie eigentlich von ihr wusste. Tatsächlich hatten sie sich immer nur über das Tanzen, neue Videos, ausgefallene Shows und Wandas Zeit bei Khaled unterhalten. Dass es da Probleme mit einem Xavier gehabt haben sollte, war Coralie neu. Und dass diese Probleme plötzlich zu ihren eigenen wurden, noch neuer.
    Â»Klär mich auf.«
    Â»Ich bin damals freiwillig aus Khaleds Company ausgeschieden. Irgendwann muss man wissen, wann es Zeit ist, Schluss zu machen. Mitte dreißig jedenfalls ist so ein Alter, in dem man über Alternativen nachdenken sollte. Das Rumreisen, die Hotels, jeden Tag eine andere Stadt … Und dann werden die Verletzungen schwerer, ein Bänderriss heilt nicht mehr so schnell … Der Körper sagt dir, was er braucht, und jeder Tänzer sollte sehr genau hinhören. Ich wollte immer was Eigenes auf die Beine stellen. Und eines Tages werde ich auch meine eigene Schule haben, das weiß ich.« Wanda lächelte. Coralie hatte nie darüber nachgedacht, wie alt ihre Trainerin war. Zum ersten Mal fiel ihr der feine Kranz von Fältchen um Wandas Augen auf. Tanzen war ein Knochenjob. Aber womöglich war das Schlimmste dabei, dass die eigene Uhr schneller tickte als die von anderen.
    Wanda wurde ernst. »Xavier hingegen ist von Khaled rausgeschmissen worden. Das hatte Gründe. Aber über die will ich hier nicht reden. Jedenfalls glaube ich, er will sich bei Khaled wieder einschmeicheln. Das geht am besten mit eigenen Schülern. Ich bin so stolz auf dich, Coralie. Wenn Khaled dich sieht, wird er wissen, was für eine großartige Arbeit wir geleistet haben.«
    Und er wird Wanda vielleicht beim Aufbau ihrer Schule helfen und einen Workshop bei ihr abhalten, dachte Coralie. Das ist ihr sehnlichster Wunsch, und ich würde mich so für sie freuen, wenn es klappt. Aber …
    Â»Was ist, wenn er diese Jasmin sieht?«
    Â»Dann wird er Xavier vielleicht noch eine Chance geben, zurückzukehren und als Second Coach zu arbeiten.«
    Coralie sprang auf und begann, nervös auf und ab zu tigern. »Was genau heißt das jetzt für mich? Ich bin raus?«
    Â»Nein! Es bedeutet nur, dass du um deinen Platz kämpfen musst. Du und Jasmin, ihr müsst nach London und gegeneinander antreten.«
    Coralie hatte das Gefühl, neben sich zu stehen und zwei völlig fremde Menschen miteinander reden zu hören. Das konnte doch nicht wahr sein. Seit Monaten hatte sie die Zusage aus London. Hatte unendliche Diskussionen mit ihren Eltern hinter sich gebracht. Stand seit dieser Woche jeden Morgen um drei auf und trug Zeitungen aus, um sich das Geld zusammenzusparen. Und jetzt das.
    Â»Das kann er doch nicht machen.«
    Khaled, Gott des Tanzes, Vishnu der Musik-Videos, Schamane der Stage Shows, hatte sie offenbar gerade aus seinem Workshop

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