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Seifenblasen kuesst man nicht

Seifenblasen kuesst man nicht

Titel: Seifenblasen kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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geschmissen.
    Â»Doch. Leider. Ihr beiden seid die Einzigen aus Deutschland, die sich um den Platz bewerben. Die anderen kommen aus New York, aus Paris oder Las Vegas und haben schon Bühnenerfahrung. Es geht hier um die Wild Card, und die hättest du gehabt. Wenn Xavier nicht plötzlich aus der Versenkung aufgetaucht wäre und das unglaubliche Glück gehabt hatte, tatsächlich eine Begabung in seinem Kurs zu entdecken.«
    Â»Hast du sie gesehen? Ist sie wirklich so gut?«
    Â»Ich weiß es nicht. Ich kann dir nur sagen, was Khaled mir erzählt hat. Er will, dass ihr beide gegeneinander antretet. Ich vermute, dass er auch ein bisschen Professionalität aus euch herausholen will. Du hast so gut wie keine Bühnenerfahrung.«
    Â»Ich war immerhin mal der Schwarze Schwan!«
    Â»In einer Kinderballett-Aufführung. Ich habe gehofft, dass es nicht dazu kommt. Aber ab und zu …«
    Fassungslos starrte Coralie ihre Trainerin an. »Du hast gewusst, dass so was passieren kann?«
    Â»Die Wild Card wird nicht verlost. Sie geht nach Leistung. Und die will Khaled sehen. Nicht mehr. Ich wusste nicht, dass Xavier …«
    Â»Ich auch nicht! Ich habe geglaubt, alles wäre klar und ich fliege nach London!«
    Â»Das wirst du auch.«
    Â»Und am nächsten Tag wieder zurück?«
    Â»Nur, wenn diese Jasmin besser ist.«
    Â»So eine …«
    Coralie fehlten die Worte. Ihr Traum war gerade wie eine Seifenblase zerplatzt. Dabei hatte Wanda es ihr versprochen. Der Platz war so gut wie sicher gewesen. Aber gerade begann sie zu begreifen, dass »so gut wie« eben doch nicht sicher war.
    Â»Und was nun?« Ihr war danach zumute, entweder laut loszuheulen oder einen der Umkleideschränke zu zertrümmern.
    Wanda stand auf. »Für mich ist es genauso eine Enttäuschung. Und für dich wird es nicht die letzte sein, wenn du wirklich auf die Bühne willst. Beiß die Zähne zusammen und kämpfe. Ich lasse dir jetzt noch genau eine Minute. Und danach will ich dich im Übungsraum sehen.«
    Wanda ging. Die beiden Mädchen hatten sich fertig umgezogen und wurden von ihren Kindermädchen rausgeführt. Coralie sah das wie durch einen Schleier. Die Tränen steckten in ihrer Kehle fest. Irgendwann, das wusste sie, würde sie weinen. Aber nicht jetzt. Wenn sie damit anfing, würde sie nicht mehr aufhören können. Sie ging zum Spiegel über dem Waschbecken und starrte sich an. Sie hatte rote Flecken auf den Wangen, ihre Augen brannten. Schnell drehte sie den Hahn auf und ließ sich kaltes Wasser über die Handgelenke laufen. Dann beugte sie sich hinunter und schöpfte es sich ins Gesicht, wieder und wieder. Als sie kein Gefühl mehr auf den Wangen hatte, richtete sie sich auf und tastete nach ihrem Handtuch. Die Flecken waren verschwunden. Sie sah frisch aus. Nur wer genau hinsah, würde in ihren Augen etwas erkennen, was dort nicht hingehörte. Ungeweinte Tränen.

6.
    Es klopfte. Laut. Lauter. Coralie zog sich das Kissen über den Kopf, aber irgendein Wahnsinniger zerrte es weg. Sie blinzelte. Die Morgensonne leuchtete, aber das war auch das Einzige. Das Gesicht ihrer Mutter war finster wie die Nacht.
    Â»Es ist halb sechs!«
    Â»Was?« Coralies Augen waren verschwollen, sie fühlte sich, als lägen schätzungsweise drei Tonnen Zeitungen auf ihr.
    Â»Du müsstest schon längst unterwegs sein. Du hast verschlafen! Hast du den Wecker nicht gestellt?«
    Â»Oh nein!«
    Coralie sprang auf, rannte ins Bad und räumte in ihrer Hast gleich noch das halbe Waschbecken ab. Bürsten, Zahnpasta und Becher landeten mit ohrenbetäubendem Scheppern auf der Keramik.
    Â»Was ist denn hier los?«
    Renés unrasiertes Gesicht tauchte hinter ihr im Spiegel auf. Coralie fuhr herum.
    Â»Kannst du mich fahren? Bitte, bitte! Die schmeißen mich raus, wenn ich …«
    Sie brach ab. Gerade war ihr eingefallen, dass wahrscheinlich ohnehin alles sinnlos war. Für was brauchte sie noch den Job, wenn sie London knicken konnte?
    Â»Kommt nicht infrage. Ich muss heute den Ferrari abliefern. Die wollen ihn noch vor acht in der Garage haben.« René angelte an ihr vorbei nach seinem Rasierpinsel im Regal. »Ich hab’s ja gleich gesagt, das hältst du nicht durch.«
    Wie Coralie Sätze liebte, die mit » Ich hab’s ja gleich gesagt … « anfingen und am besten mit »… aber auf mich hört

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