Seifenblasen kuesst man nicht
ankam und sich nach Laura umdrehte, war die verschwunden. Sie suchte die Menge ab, konnte Laura aber nirgendwo entdecken. In groÃer Sorge â war ihre Freundin zwischen die Rolltreppen geraten? Hatte sie die Orientierung oder, schlimmer noch, das Bändchen verloren? â fuhr sie wieder hoch. Am Rande des roten Teppichs stand die Vermisste â vertieft in ein Gespräch mit einer bekannten Modebloggerin.
»Und das machst du alles selbst?«, fragte die junge Frau. Sie war groà und dünn und hatte grasgrüne schulterlange Haare. Trotzdem sahen beide aus wie durch denselben Windkanal gejagt.
»Ja!«, quietschte Laura. »Mich inspirieren die Avatare aus meinen Mangas.«
»Was, du zeichnest auch noch?«
Coralie blieb bewusst ein paar Schritte entfernt stehen. Sie wollte Laura nicht stören, auch wenn die Zeit drängte und sie immer noch keine Plätze im Kino hatten. Die Bloggerin war nett. Wenn sie lachte, hatte sie Grübchen in den Wangen. Immer wieder wurde das Gespräch unterbrochen, weil Bekannte oder Freunde von ihr auftauchten und sie mit Wangenküssen begrüÃten. Laura hatte vor Aufregung einen hochroten Kopf, der nicht ganz zu den pinkfarbenen Rougepunkten passte, aber einen interessanten Kontrast zu den grünen Haaren ihres Gegenübers bildete.
Endlich war das Gespräch beendet. Aufgeregt hüpfte Laura zu Coralie.
»Ich komme in ihren Blo-hog!«, rief sie. »Ich kriege die Headline morgen früh! Ich bin das Street Girl des Tages!«
Coralie verkniff sich die Bemerkung, was die genaue Ãbersetzung dieses Begriffs bedeutete und in welchem Zusammenhang er einmal gestanden hatte.
»Sind wir jetzt so weit?«, fragte sie und betrat die Rolltreppe. Laura nickte und folgte ihr. Unten wartete schon die nächste Ãberraschung: Es gab sechs Kinos. Und in allen lief derselbe Film. Aber nur in einem, dem gröÃten, würden Casper Kendall und Mia Myers im Anschluss auch vor den Vorhang treten. Diejenigen, die kein goldenes Bändchen hatten, mussten sich auf die kleineren Kinos verteilen.
»Dann sind wir also nicht Vip, sondern Vip-Vip?«, fragte Laura einen Kinomitarbeiter in Livree, der ihnen den richtigen Eingang zeigte.
»Sieht so aus. Ihr habt das groÃe Los.« Er musste ein Mia-Myers-Fan sein, denn er sah ein bisschen unglücklich aus. »Da hinten gibt es Drinks und Popcorn. Bedient euch.«
Coralie musterte die Schlange vor der Essensausgabe mit gerunzelter Stirn. »Das dauert ja den halben Film, bis wir dran sind. WeiÃt du was?« Sie wandte sich an Laura. »Geh du rein und halte mir einen Platz frei. Ich hole uns was.«
»Okay. Bis gleich!«
Und schon war ihre Freundin verschwunden. Coralie versuchte, das Ende der Schlange ausfindig zu machen, und stellte sich an.
»Hi.«
Sie fuhr herum und im selben Moment fing ihr Herz an zu jagen. David. Und neben ihm, im Rollstuhl, sein Vater.
»Bist du also doch hier?«
Nein, das ist mein Geist, wollte sie antworten, aber der Joke blieb ihr im Hals stecken. Thomas Rumer sah nicht so aus, als ob er den Abend genieÃen würde. Er trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Armlehne seines Rollstuhls und scannte die Menge wohl gerade nach einem Fluchtweg ab.
»Guten Abend«, sagte sie und streckte ihm die Hand entgegen. Rumer, abgelenkt von seiner Suche, sah sie einen Moment irritiert an.
»Ich bin Coralie«, sagte sie. »Wir kennen uns von Ihrem Geburtstag.«
Rumer ergriff ihre Hand und drückte sie. Beinahe wäre Coralie zu Boden gegangen. Er hatte immer noch eine Kraft in den Fingern, mit der er selbst eingerostete Feststellschrauben ohne Werkzeug lösen konnte.
»Waren Sie die junge Dame, die â¦Â«
»Nein, war ich nicht«, unterbrach sie ihn, bevor er ihr Schleiertänze auf dem Dach oder ein Bad in Schokoladenpudding unterstellen konnte. »Ich war nicht lange genug da, wofür auch immer.«
»Und wie kam ich zu der Ehre Ihres Besuchs?«
»Ihr Sohn hat mich eingeladen.«
»Ah. Ja. Ich erinnere mich.« Es schien nicht die schönste Erinnerung seines Lebens zu sein. »Und so sehen wir uns wieder.«
»Ja. So schnell geht das. Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend.«
Sie drehte sich um, stellte fest, dass rücksichtslose Barbaren ihren Platz in der Schlange okkupiert hatten und sie dort stehen bleiben musste, wo sie war.
»Und wer hat dich eingeladen?« David
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