Seifenblasen kuesst man nicht
die Luft raus, wirfst die Maske weg
Und kriegst Angst vor dem, was bleibt.«
Coralie trat zurück und beobachtete Jasmin. Es war unglaublich. Sie war sogar noch besser, wenn sie keine Moves kopierte, sondern tief aus sich heraus improvisierte und tanzte. Als das Lied zu Ende war, tauchte sie aus der Musik auf wie aus einem Traum.
Coralie hob die Hände und klatschte. »Unfassbar.«
Unsicher sah Jasmin sie an. »Echt?«
»Echt.«
»Ich kann das gar nicht beurteilen. Deshalb hab ich mir einfach gesagt, werde besser, besser, besser und noch besser. Vielleicht bist du dann eines Tages gut.«
»Wenn du das tanzt, wird Khaled dich auf seinen Schulten im Hurragalopp in die Company tragen.«
Jasmin ging in die Ecke und hob das Handy auf. »Dass du das mal sagst â¦Â«
»Ja. Ich wundere mich selbst. â Danke. Ich schick es dir als Datei. Gib mir deine Nummer.«
Es war, als ob sich wieder eine Mauer zwischen ihnen aufbauen würde. Vielleicht, weil die eine jetzt eine Etage tiefer direkt in ein neues Leben gehen würde. Und die andere kampflos aufgegeben hatte. Sie streamte das Lied auf Jasmins Handy.
»HeiÃt das eigentlich â du steigst aus?«
»Ja.«
»Aber du bist doch auch gut!«
»Gut, ja. Aber nicht umwerfend. Nicht sensationell.«
Ihr Handy vibrierte. Eine neue Nachricht von Laura. Entsetzt sahen sich die Mädchen an.
»Bitte«, flüsterte Coralie. »Bitte bitte nicht.«
Er hat überlebt. Hoffen und beten.
In Jasmins Augen glitzerten Tränen. »Ich werde ihn besuchen und mich bei ihm bedanken.«
»Das wird ihm helfen, denke ich.«
»Und du? Was machst du jetzt? Fährst du noch zum Lausitz-Ring? David hat mir erzählt, dass du kommen wolltest.«
»Ach ja?« Coralie versuchte, so unbeteiligt wie möglich zu klingen. Dass ausgerechnet die Frau, die ihr noch vor Kurzem am liebsten die Augen ausgekratzt hätte, sie an ein Date mit David erinnerte â ein vermurkstes Date zwar, eins, das eigentlich schon im Eimer war, noch bevor es überhaupt stattgefunden hatte ⦠aber egal.
»Ist jetzt wohl zu spät.«
»Warum?«
»Weil in diesen Minuten gerade die Qualifikation läuft.« Coralie nahm ihre Tasche. »Ich wollte sowieso nicht hin.«
»Aber warum denn nicht? David hat noch nie ein Mädchen gefragt, ob es ihn begleiten kann. Sogar ich musste mich ihm regelrecht aufdrängen. Und du weiÃt, wie sehr mir so was widerstrebt.«Jasmin grinste sie an. Sie schlossen den Raum ab und machten sich auf den Weg hinunter ins Loft. »Magst du keine Autorennen?«
»Doch. Klar.« Sie wollte nicht auf der Treppe erklären, warum ihr im Moment der Sinn nach allem, nur nicht nach hochgetunten Boliden stand. Vor der Tür zu Khaleds Räumen blieben sie stehen.
»Hör zu«, sagte Jasmin. »Wir werden nie Freundinnen. Aber ich danke dir. Für das Lied und dafür, dass du nicht gegen mich antrittst und unterliegst. â Stopp!« Coralie hatte empört unterbrechen wollen, doch Jasmin hob die Hand. »Aber der Mensch hat nicht nur Freunde, sondern auch Feinde. Ich bin ein guter Feind. Einer, der dir die Wahrheit sagt. Einer, der dir das Messer nicht von hinten zwischen die Rippen rammt. Einer, der dich vor falschen und schlechten Freunden warnt. Ein guter Feind. Das kann ich sein.«
Coralie hatte noch nie eine derartige Feindschaftsanfrage bekommen. »Ãhm, ja. Also, du meinst, ich weiÃ, was ich an dir habe?«
»Exakt.«
Sie standen sich gegenüber und einen Moment lang breitete sich Schweigen aus.
»Viel Glück«, sagte Coralie.
»Danke. Dir auch.«
»Bei was?«
»Bei David. Aber das brauchst du ja eigentlich nicht mehr. Das hast du ja schon.«
23.
In der Werkstatt brannte noch Licht. Coralie fand ihren Vater über den Abrechnungen. Er sah hoch, als sie in das kleine Büro kam, und nahm dann erstaunt die Brille ab.
»Du bist schon wieder zurück? Dann ist es wohl nicht so gut gelaufen?«
»Besser als erwartet. Hast du eine Minute?«
Er bot ihr den Platz in dem uralten, zerschlissenen Drehstuhl an.
Coralie setzte sich. »Ich will nur eines wissen: Warum hast du damals die Schuld an dem Unfall auf dich genommen? Warum hast du einer anderen Familie den Arsch gerettet und nicht deiner eigenen?«
René lehnte sich zurück und rieb sich mit den Fingern über die Nasenwurzel. Er sah
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