Seifenblasen kuesst man nicht
müde aus. »Es war ein groÃes Drama. Hätte Rumer den Unfall selbst verschuldet, hätte er alles verloren.«
»Und wir? Wir hatten ein Haus! Wir hatten ⦠Ehre.«
»Ehre ist nichts, was andere Leute dir verleihen. Nur du selbst.«
»Ich habe alles gehasst, was mit Autos zu tun hatte. Nur deshalb habe ich mich so aufs Tanzen gestürzt, um mit all diesem alten Krempel nichts zu tun zu haben!«
»Das haben wir verstanden und akzeptiert.«
»Aber â¦Â« Coralie sprang auf. »Es ist es nicht. Verstehst du? Ich habe mich geirrt! Das Tanzen ist es nicht!«
René sah sie überrascht an. »War es so schlimm?«
»Nein! Ich bin gar nicht angetreten, weil ich es in letzter Sekunde kapiert habe. Ich habe mir was vorgemacht. Ich bin gut, ich bin wirklich gut. Aber ich werde nie eine Tänzerin sein. Ihr habt das gewusst. Warum habt ihr mich trotzdem in die Irre gehen lassen?«
Ihr Vater stand auf und kam um den Schreibtisch herum. Er nahm sie in die Arme und drückte sie an sich. »Weil man seinen Kindern auch die Freiheit des Irrtums zugestehen muss. Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Wir wollten dir nie etwas aufzwingen. Und wir haben geglaubt, das Tanzen macht dich glücklich. Aber, wenn ich ehrlich sein soll â¦Â«
»Dann sei ehrlich zu mir!«
»Wir hatten immer Angst, dass du dich in etwas verrannt hast.«
Coralie zog laut und vernehmlich die Nase hoch. »Danke. Vielen Dank.«
René setzte sie, vorsichtig, als wäre sie aus Porzellan, auf den wackeligen Stuhl. »Wir alle machen Fehler. Vielleicht war es mein gröÃter Fehler, damals etwas zu gestehen, was ich gar nicht getan hatte. Aber ⦠Rumer war querschnittsgelähmt. All sein Geld war schon für Therapien und Umbauten draufgegangen. Zudem standen hohe Summen an Sponsorengeldern auf dem Spiel. Er wäre von heute auf morgen ins wirtschaftliche Nichts gestürzt.«
»Das bist du doch auch!«
»Sicher. Aber ich kann gehen. Ich kann arbeiten. Ich bin nicht untergegangen. Was hat er denn noch auÃer seinem Rollstuhl und der Bitterkeit, die ihm das Leben vergiftet? Geld? Glaubst du wirklich, Geld macht glücklich? Du machst mich glücklich. Marion macht mich glücklich. Die Leute, denen ich ihr Auto repariert zurückgebe und die strahlen, die machen mich glücklich. Ich bin so reich beschenkt.«
»Ach, Papa.«
Sie nahm ihn in die Arme und presste ihn an sich. Und mich, dachte sie, was macht mich jetzt glücklich?
Coralie lieà sich von der Menge auf den Eingang zutreiben. An einem Wohnwagen mit der Aufschrift »Akkreditierungen« scherte sie aus und ging hinein. Hinter einem provisorischen Tresen arbeiteten junge Frauen die Schlange vor ihr ab. Als Coralie an der Reihe war und sie ihren Namen gesagt hatte, gab es einen kleinen Moment Irritationen.
»Sind Sie von der Presse?«
»Nein. Ich bin privat hier. Meine Einladung muss irgendwo hinterlegt sein.«
»Einen Moment.« Die junge Frau telefonierte und legte kurz darauf mit einem Lächeln auf. »Sie werden abgeholt. Bitte warten Sie einen Moment.«
Da bin ich aber gespannt, dachte Coralie und betrachtete die Poster an den Wänden. Rennwagen, Rennfahrer ⦠Etwas kribbelte in ihrem Bauch. Das musste die Aufregung sein, die einfach jeden ansteckte, der auf dem Weg zu einem Rennen war.
»Coralie?«
»Allister!«
Allister Coy stand drauÃen und wartete, bis sie die Stufen hinuntergeklettert war. Dann begrüÃte er sie mit herzlichen Wangenküssen und hängte ihr gleich mehrere Zugangskarten um den Hals. »Für die VIP -Tribüne. Das Fahrerlager. Und hier â damit kommst du in die Starteraufstellung.«
»Danke. Wo ist David?«
»Noch im Zelt. Sie gehen gerade die Computeraufzeichnungen von gestern noch mal durch. David war Vierter. Das ist groÃartig. Ich glaube, damit steht er ganz oben auf der Liste.«
Sie folgte Allister durch die Absperrungen, bis sie zu einer abseits gelegenen StraÃe kamen, in der ein Truck neben dem anderen geparkt war. Dahinter standen die Repräsentanzen der Automobilhersteller. In jeder waren riesige Leinwände und Fernsehbildschirme aufgebaut, damit das Rennen auch von der Boxengasse aus verfolgt werden konnte.
» Here we go. « Allister blieb vor einem Zelt stehen.
Ein Dutzend schmale, niedrige Rennwagen standen hinter der Absperrung. Ultraleichte, fast zerbrechlich
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