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Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caro Ramsay
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durch die Dunkelheit, und er hielt seine Taschenlampe ein wenig höher.
    Ungefähr dreißig Meter weiter teilte sich der Weg in drei auf. Er versuchte, sich zu orientieren, und schwenkte die Lampe in weitem Bogen von links nach rechts. Die Wege rechts und links verliefen parallel zur Crown Avenue weiter, der dritte, eher ein ausgetretener Pfad, verschwand in der Dunkelheit. Der Mut wollte ihn verlassen – wie viele solche kleinen Wege gab es denn noch, Geschenke für jeden Kindesentführer? Waren die überhaupt auf den Plänen verzeichnet?
    Er ließ das Licht seiner Lampe an den Häusern entlangwandern bis zu der Stelle, wo die Mauer plötzlich nur noch drei Meter hoch war. Von hier aus konnte er die Hinterhöfe nicht einsehen, daher ging er fünfzig Meter weiter, an halb verfallenen Garagen vorbei, deren Türen ausgehängt waren und deren Dächer durchhingen. Er leuchtete hinein und sah defekte Rasenmäher, alte Bettgestelle und Unrat aller Art; Aladins Höhle für Kinder.
    Ihm wurde kalt, der Frost kroch ihm in die Knochen, und die Einsamkeit machte ihn nervös. Er würde seinen letzten Penny verwetten, dass diese Gegend überhaupt nicht auf den Suchplänen auftauchte. Also holte er sein Handy heraus und fotografierte die Garagen; das Bild war unscharf, aber man konnte es zeigen, man hatte einen Beweis.
    Nun schaltete er seine Taschenlampe aus und kehrte zum Wagen zurück, startete sofort den Motor und stellte die Heizung auf höchste Stufe. Er pustete sich in die Hände, damit die Finger wieder auftauten. Sein Blick schweifte an den Häusern entlang. Vier Geschosse? Fünf, wo auch das Untergeschoss ausgebaut war. Das multipliziert mit dem ganzen West End … Und die Abendschicht der Suchmannschaft war damit zufrieden, auf den fetten Ärschen zu sitzen.
    Wenn nur jemand mit einem Gewissen an diesem Fall arbeiten würde, ein Detective mit Kindern. Er hatte von diesem Detective Inspector Colin Anderson gehört.
    Smythe legte den Gang ein und fuhr den Hügel hinauf in Richtung Hyndland Road und Partickhill-Wache.

14
     
    Lynne hatte ein Essen im Mother India geplant, nur für Douglas und sich. Er würde mit dem Taxi vorbeikommen, um sie abzuholen, und sich einen großen braunen Umschlag unter den Arm klemmen, sodass Stella McCorkindale, wenn sie im falschen Moment aus dem Fenster sah, glauben würde, er habe ihr nach einem Beratungsgespräch noch wichtige Unterlagen zu überbringen.
    Auf dem Weg nach Hause überlegte sie, was sie in welcher Reihenfolge erledigen würde. Eve war bei ihrem Neurologen, und in dessen Praxis kam man auch mit Termin nicht pünktlich an die Reihe. Also würde Lynne zunächst zwanzig Minuten bei einer Tasse Earl Grey die Füße hochlegen. Danach würde sie in aller Ruhe baden, sich die Beine rasieren, die Augenbrauen zupfen und sich dick mit der neuen Edel-Feuchtigkeitscreme von M&S einschmieren. Und zum Schluss würde sie noch ihr Clinique Aromatics benutzen, das Eve so hasste.
    Sie stand einen Augenblick lang vor der Tür und malte sich Momente heimlicher Leidenschaft mit Douglas aus. Dann steckte sie den Schlüssel ins Schloss. Und nachdem sie ihn umgedreht hatte, lösten sich ihre Tagträume in Wohlgefallen auf.
    Eve war daheim. Der Geruch von Pommes und Curry begrüßte Lynne schon im Flur. Ihre verfluchte Schwester hatte den Taxifahrer überredet, ihr unterwegs bei einem Imbiss Essen zu kaufen. Lynne stellte die Einkaufstüten vorsichtig auf dem Boden ab, machte die Tür sehr langsam hinter sich zu und schlich auf Zehenspitzen durch den Korridor. Die Tür zu ihrem Schlafzimmer stand offen, obwohl sie die immer schloss. Immer. Sie betrachtete den Veloursteppich. Gleichmäßig, richtig perfekt; da waren keine Spuren eines Rollstuhls zu sehen.
    »Hallo?«, rief jemand, jedoch nicht aus dem Arbeitszimmer. Wo auch immer sie steckte, wenigstens klang Eve fröhlich.
    »Hallo. Ich bin’s«, antwortete Lynne. »Ich bin sofort bei dir.«
    »Bist du allein?« Die Stimme kam aus dem hinteren Teil des Hauses.
    »Ich wünschte, ich wäre es«, murmelte sie. Sie nahm ihre Einkäufe, ging in die Küche und fand eine zerknickte leere Rolle Pringles auf dem Boden.
    Sie stellte die Einkäufe auf die Arbeitsfläche und ging um die Ecke ins Esszimmer. Der gesamte Esstisch war mit Zeichnungen und Illustrationen von Eve bedeckt – Pastellkreide, Wasserfarbe, Bleistift und Tusche. Dem Chaos auf Boden und Tisch zufolge musste sie ausgesprochen fleißig gewesen sein. Ihre Schwester hob den Kopf nicht, als

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