Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)
mich bei Ihnen bedanken. Hoffentlich bekommt er die Chance, es zu tragen.«
»Die wollen doch den Basar nicht absagen?«
»Nein, bestimmt nicht. Ich fürchte nur, er wird nicht hingehen können. Er muss zu seiner Großmutter, weil Brenda zu tun hat …«
»Was denn?«
»Zu tun eben.« Colin zuckte mit den Schultern. »Was Frauen so vor Weihnachten tun, und was Männer eigentlich für sinnlos halten. Und ich kann es mir nicht leisten, ihn abzuholen, da der Fall, an dem wir arbeiten, gerade meine volle Aufmerksamkeit verlangt, und …«
»Ich könnte ihn mit dem Taxi abholen. Wir verstehen uns doch gut, vielleicht holen wir uns ein Monkey Meal und Cheeky Chips.« Sie lächelte schelmisch. »Ernsthaft, das würde mir Spaß machen, und ich hätte etwas zu tun. Außerdem bin ich neugierig, was Puff the Magic Dragon mit Weihnachten zu tun hat.«
Colin ließ sich in das Sofa zurücksinken und wärmte sich die Finger an dem Kaffeebecher. »Die hatten die Kinder aufgefordert, sich etwas Neues auszudenken, und das war seine Idee.«
»Man muss ihn wirklich bewundern«, sagte Helena. »Er gibt der größten Geschichte der Welt eine ganz neue Ausrichtung. Puff muss sich wahrscheinlich gegen eine Babypuppe in Windeln und einen Windhund als Eselsersatz durchsetzen.«
Sie schlug die Beine übereinander, ließ einen der schwarzen Mokassins an ihrer Zehe wippen und fragte viel zu beiläufig: »Und, wie läuft es denn mit der neuen DCI – Rebecca Quinn, oder?«
»Wie mit jeder anderen Heuschrecke auch.«
Helena lächelte und nippte an ihrem Kaffee.
Es wäre viel zu leicht gewesen, einfach dazubleiben, beschlich Anderson das Gefühl, um mit jemandem über Alan zu sprechen, der ihn auch gekannt hatte, und sich in den Erinnerungen aufzuwärmen und zu entspannen. Eigentlich hätte er sich hier am liebsten nie wieder fortbewegt. Dennoch stand er auf, ehe die Verführung zu groß wurde. »Helena, wenn Sie etwas brauchen, rufen Sie einfach an«, sagte er. »Sie haben ja meine Handynummer.«
»Danke, Colin.« Sie erhob sich, ging zur Tür und blieb dort stehen, legte ihm die Hand aufs Jackett und sagte: »Ja, und Sie sagen einfach Bescheid, wenn ich morgen auf Peter aufpassen soll. Sie haben oft genug auf meinen Mann aufgepasst.« Sie bewegte die Hand nicht, sie starrte nur darauf, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie betrachtete ihren Ehering.
Luca Scott schlug die Augen auf. Er lag bequem und zufrieden und allerdings auch ein bisschen verwirrt in einem warmen Bett. Noch immer war er an diesem schönen Ort. Über sich sah er nicht die abgeblätterte blaue Decke seines eigenen Zimmers; diese war grau und schwarz gesprenkelt. Er erkannte Muster, Pferde und Power Ranger, Palmen und Dinosaurier. Wenn er zur Seite schaute, bewegten sie sich. Aber er hatte keine Angst. Er fühlte sich sicherer als je zuvor in seinem Leben … ohne seine Mum. Hoffentlich ging es ihr gut. Er hatte immer gewusst, was er tun musste, wenn seine Mum so einen komischen Anfall bekam – sie allein lassen, bis sie nicht mehr zuckte, und es ihr dann bequem machen. Doch in der Spielhalle hatte sie nicht mehr aufgehört, und sie hatte sich den Kopf gestoßen, und es hatte geblutet, und jemand hatte sie angeschrien. Er war aus dem Weg geschoben worden und hatte sich im Labyrinth der vielen Beine verirrt. Dann stand er plötzlich draußen auf der Straße. Ihm war sehr kalt gewesen, da am Bordstein, er hatte nasse Füße bekommen, konnte nichts mehr sehen und versuchte, nicht zu weinen. Seine Nase lief, aber er konnte sein Taschentuch nicht finden. Seine Mum wurde immer böse, wenn er sich die Nase mit dem Ärmel abwischte.
Jetzt war ihm warm, er fühlte sich geborgen. Er knüllte sich die Decke um den Hals zusammen und fragte sich, was er heute machen würde. Vielleicht spielte er wieder mit dem Game Boy, oder sie würden wieder über den Boden rennen und gegen die Matratzen an den Wänden springen, oder vielleicht könnten sie auch wieder rutschen. Zu Hause war das alles verboten. Hier durfte er sogar Chips essen und Cola aus der Dose trinken, und gestern hatte er sich die salzigen, fettigen Finger am Sofa abgeputzt, und niemand hatte geschimpft. Man hatte ihm gesagt, er sollte schlafen gehen, wann er wolle, denn er sei ja schon ein großer Junge. Also blieb er ganz lange auf und schaute Garfield und aß Schokolade. Er setzte sich auf das Sofa und deckte sich mit der Decke zu, die ihm ganz allein gehörte. Troy hockte auf der anderen Seite des Sofas,
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