Sein erster Fall
tut mir wirklich leid«, sagte er freundlich, »darf ich Sie zurück in Ihre Wohnung bringen?«
Ich fuhr los.
11
Ich trug mich im Hotel Perkins als Rinton C. Watson aus Klamath Falls im Staate Oregon ein. Man gab mir ein Zimmer mit Bad, und ich sagte dem Pagen, er möchte mir den Portier mal aufs Zimmer schicken.
Der Portier hatte die ölig grinsende Servilität an sich, die allen Zuhältern, Gelegenheitsmachern und Kupplern auf der ganzen Welt eigen ist.
»Sie sind nicht der Mann, den ich sprechen will«, sagte ich.
»Ich kann alles für Sie tun, was die anderen können.«
»Darum handelt es sich nicht. Ich möchte einen ganz bestimmten Mann sprechen, einen alten Bekannten.«
»Wie heißt er?«
»Der Name mag sich inzwischen geändert haben.«
Er lachte. »Nennen Sie ihn mir, vielleicht weiß ich, um wen es sich handelt.«
»Das würden Sie sicher, wenn ich ihn nenne«, bemerkte ich und warf ihm einen prononciert mißtrauischen Blick zu.
Er lachte nicht mehr. »Wir sind hier zu dritt«, sagte er.
»Wohnen Sie auch hier im Hotel?«
»Ich ja. Ich habe ein Zimmer unten im Souterrain. Die beiden anderen wohnen privat.«
»Der Mann, den ich meine, ist etwa fünfundzwanzig Jahre alt und hat sehr dickes schwarzes Haar. Er hat eine breite, stumpfe Nase und schiefergraue Augen.«
»Wo haben Sie ihn kennengelernt?« fragte er.
Ich überlegte eine Weile, dann sagte ich: »In Kansas City.«
Meine Antwort zog. Der Mann gab durch eine Geste zu erkennen, daß er mitzumachen bereit war. »Das ist Jerry Wegley«, sagte er, »er tritt heute nachmittag um vier Uhr an und arbeitet bis Mitternacht.«
»Wegley also«, wiederholte ich nachdenklich.
»Ist das der Name, unter dem Sie ihn kennen?« fragte er.
Ich zögerte wieder merklich und sagte dann: »Jawohl.«
»Aha!«
»Wo kann ich ihn erreichen?«
»Hier, nach vier Uhr.«
»Ich meine jetzt.«
»Ich kann seine Adresse feststellen, vielleicht wollen Sie mit ihm telefonieren.«
»Ich muß ihn schon persönlich sprechen«, erwiderte ich, »ich hieß nämlich anders, als ich ihn kennenlernte.«
»Ich werde sehen, was ich machen kann.«
»Tun Sie das«, sagte ich und schloß die Tür hinter ihm ab. Dann zog ich das Geldkorsett unter meinem Gürtel hervor und nahm die Fünfzig- und Hundertdollarnoten heraus. Es waren alles in allem achttausendvierhundertundfünfzig Dollar. Ich wickelte die Scheine zu vier Rollen zusammen, steckte sie mir in die Hosentaschen und machte aus dem Geldkorsett ein festes Bündel.
Der Portier kam zurück. »Er wohnt in der Pension Brinmore«, sagte er. »Es kann sein, daß Jerry von Ihrem Besuch nicht begeistert ist; dann sagen Sie bitte nicht, woher Sie seine Adresse haben.«
Ich gab ihm einen Fünfzigdollarschein. »Können Sie mir fünfundvierzig Dollar davon wiederbringen?« fragte ich ihn.
Sein Gesicht verzog sich zu einem fröhlichen Grinsen.
»In fünf Minuten bin ich mit den fünfundvierzig Dollar wieder da.«
»Bringen Sie mir auch noch eine Zeitung mit«, rief ich ihm nach.
Nachdem er mir das Geld und die Zeitung gebracht hatte, wickelte ich das Geldkorsett in Zeitungspapier ein und verließ das Hotel. Ich ging zum Hauptbahnhof und setzte mich ein paar Minuten auf eine der Bänke. Dann stand ich auf und ging weiter, das Päckchen ließ ich auf der Bank liegen. Auf der Post kaufte ich einen frankierten Briefumschlag, markierte ihn >Durch Eilboten«, adressierte ihn an Jerry Wegley, Pension Brinmore, riß ein Blatt Zeitungspapier in Streifen und steckte einige davon in den Umschlag. Dann klebte ich ihn zu und fuhr mit einem Taxi zur Pension Brinmore.
Zu der Pension mußte man eine hohe Treppe hinaufgehen, dann landete man vor einer kleinen Theke mit einer Klingel, einem Gästeregister und einem fliegenverschmutzten Pappschild, auf dem >Bitte klingeln< stand. Ich klingelte. Als sich nichts regte, versuchte ich es noch mal. Kurz darauf kam eine dürre Frau mit vielen Goldzähnen herbei und fragte lächelnd, was ich wünsche.
»Ein Eilbrief für Jerry Wegley«, sagte ich, »wollen Sie ihm den bitte geben?«
»Nee, er wohnt in Zimmer 18, geradeaus den Gang ’runter«, erwiderte sie kurz. Die Tür zu ihrem Zimmer fiel krachend hinter ihr ins Schloß.
Ich ging zu Nr. 18 und klopfte dreimal leise gegen die Tür, bekam aber keine Antwort. Dann versuchte ich, mit einem Taschenmesser das Schloß zu öffnen, kam aber nach fünf Minuten zu dem Schluß, daß ich zum Einbrecher kein Talent besaß. Ich ging auf dem
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