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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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eine Jacke war das.
    Auf dem folgenden Bild war niemand in schwarzer Kleidung zu sehen.
    Die beiden Männer sahen sich ratlos an. »Es gibt haufenweise Kameras in der Spielbank«, sagte Gatow, »der Raum strotzt geradezu vor Kameras, die werden alles gefilmt haben.«
    »Wie lange speichert die Verwaltung die Aufnahmen?«
    »Ich glaube, dass es uns wenig nutzt.« Frank hatte nachgefragt, diese Aufnahmen dienten hauptsächlich dazu, Spielzüge zu dokumentieren.
    Henry erinnerte sich, er war Zeuge einer solchen Szene geworden, als ein Gast das Verhalten des Croupiers angezweifelt hatte.
    »Du hast Amber gegenübergestanden«, sagte Gatow, »auf der anderen Seite des Tisches, und du hast nicht gesehen, woher die Jetons kamen?«
    »Nein, ich war viel zu kribbelig, ich habe mich über den Gewinn gefreut, ich habe noch nie zuvor um Geld gespielt. Dazu verdiene ich es zu schwer. Ich habe nur auf den Spieltisch geschaut.«
    »Stimmt nicht, hier schaust du diese Marion an«, sagte Gatow und zeigte Henry das nächste Bild. »Und hier schautsie zurück, zumindest in deine Richtung, und richtig böse! Was ging da ab?« Er lächelte maliziös. »Es geht mich nichts an… Aber hat sie Amber nicht die Flasche mit dem Burgunder gebracht?«
    Während Gatow noch einmal die Bilder rückwärts durchging, erzählte Henry von der Reise durch Andalusien und von seiner Sympathie für die junge Journalistin, die sie recht großzügig und damit falsch interpretiert hatte.
    »Manche Leute müssen erst vor die Wand laufen, damit sie was begreifen«, meinte der Fotograf und drückte an seiner Kamera herum. Er fand das Foto von Ambers letztem Burgunder, aber darauf waren wieder nur Hände, Arme und Ärmel zu sehen, und die gehörten offensichtlich zu einem Mann und nicht zu Marion Dörner   – aber auch nicht zu einem der Kellner. Die Flasche war offen, sie stand auf einem kleinen Tablett, das Etikett war nicht zu erkennen, und neben dem Glas lag ein Korken. Das alles stand auf einem Tischchen, wie Henry jetzt bemerkte, das ans Roulette gerückt worden war   – die VI P-Behandlung .
    »Ob ein Schlafmittel im Wein war, damit er nicht merkt, dass jemand die Zimmertür öffnet? Das kommt fast einer Hinrichtung gleich«, vermutete Frank.
    »Den Obduktionsbericht kennt nur die Polizei, und die wird schwerlich damit herausrücken oder darüber was verlauten lassen.«
    »So kommen wir nicht voran. Das bringt dich sicherlich nicht weiter.«
    Henry hatte das Gefühl, wieder bei null zu stehen, er war bedrückt und enttäuscht, er hatte sich mehr versprochen, zumindest eine Spur, einen Hinweis auf die Personen in Ambers Nähe, um von da aus weitere Überlegungen anzustellen.
    »Ich werde heute Abend im Casino versuchen, mehr über die Filme herauszubekommen. Aber wenn es Profis waren, wovon wir ausgehen müssen, dann wissen sie von den Kamerasüber den Spieltischen und werden sich kaum haben filmen lassen.«
    »Bist du bei unserer intimen Soiree nicht dabei?«
    Gatow schüttelte den Kopf. »Antonia hat sich mal wieder vergeblich darum bemüht, aber die Organisatoren wollen nicht. Außerdem sind die mit den Nerven am Ende.«
     
    Der Tisch in dem gemütlichen Innenstadtlokal war glücklicherweise eckig, denn an einem runden hatte er den Tag verbracht und hatte davon die Nase voll, von den runden Tischen im übertragenen Sinne auch, denn es kam selten etwas Vernünftiges dabei raus. Die stärkere Partei tat sowieso, was sie wollte.
    Henry setzte sich, da noch Plätze frei waren, sofort ans Kopfende, um nicht zu sehr mit den anderen spanischen Juroren auf Tuchfühlung gehen zu müssen. Außerdem war der Überblick besser, er konnte sie alle im Auge behalten. Zu sechst würden sie sein, einige kannte er, andere würde er heute zum ersten Mal treffen. Leider war Mendoza mit von der Partie und saß neben ihm, die Reihenfolge, in der man eingetroffen war, bestimmte die Sitzordnung. Henry hätte Mendoza einen Bandscheibenvorfall gewünscht, mit dem er das Hotelbett hätte hüten müssen, aber Mendoza erfreute sich leider bester Gesundheit.
    »Oh, Señor Peñasco gibt uns höchstpersönlich die Ehre«, höhnte er, was die anderen beiden Herren am Tisch mit verständnislosen Blicken quittierten.
    »Was versteht jemand wie Sie von Ehre,
honorable
Señor Mendoza?«, fragte Henry gedämpft. »Haben Sie Ihre Ehre beim Massakrieren von Republikanern erworben? Wahrscheinlich Ihr Großvater. Bei welchem Erschießungskommando war er tätig? Militär oder Freischärler?«

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