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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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mittlerweile so einiges nachgesagt. Die Leute saugen sich das meiste aus den Fingern, und ihr alle wisst, wie in der Branche geklatscht wird.«
    »Mich wundert, dass gerade Sie das sagen.« Aguirre machte ein Gesicht, als würde er gleich sehr zornig. »Glauben Sie, jemand sagt offen, dass er Schmiergeld nimmt? Das wird so lange abgestritten, bis das Gegenteil bewiesen ist.«
    Mendoza beteiligte sich nicht an der Debatte, der Fall interessierte ihn nicht, er war vielmehr auf Krawall aus. Er belauerte Henrys Unterhaltung mit dem Muros-Exportleiter, er wartete auf sein Stichwort, um wieder einsteigen zu können. Dabei erzählte ihm der Journalist aus Valladolid, der neben ihm saß, wie gekonnt und ohne jegliche finanziellen Verluste er die Finanzkrise bewältigte.
    Die Weine des Abends kamen aus Spanien und waren von Muros gesponsert. Sie waren nicht schlecht, sie waren gut trinkbar, obwohl sie schnell satt machten, diese Art von Qualität lieferten auch viele andere Bodegas. Amber, würde er noch leben, hätte seine Freude gehabt, es war genau der von ihm geförderte Stil. Isabellas Vater hingegen hatte es verstanden, die Kellerei Peñasco nie in den Nebel dieser modernen Machart zu steuern, und war beim klassischen alten Rioja-Stil geblieben, der die Leichtigkeit und die Eleganz betonte und bei dem das Holz des Barriques den Wein nicht dominierte.
    Es war nicht typisch, dass an einem spanisch sprechenden Tisch keine einzige Frau saß. Henry dachte an die Önologin des Rioja-Weingutes Remelluri, die er sehr schätzte, und an die verrückte und liebenswerte Amanda, die alle Männer von Lagar und damit auch ihre Ehefrauen durcheinanderbrachte. Diese männliche Tischgesellschaft war Ausdruck des alten Spaniens, und das wehrte sich gegen die Bedeutungslosigkeit wie das Abendland gegen die Türken, und deshalb waren einige Leute dort besonders gefährlich. Eine Frau am Tisch hätte sicherlich einen mäßigenden Einfluss auf die Männer gehabt, aber als nach einer Weile sämtliche Theorien bezüglich des Mordes an Amber und mögliche Nachfolger, die seinen Platz einnehmen könnten, durchgehechelt waren, ging es mit Politik weiter.
    Mendoza war dabei sicherlich der erste und auch einzige Kandidat für eine richtige Maulschelle oder ein Glas Wein im Gesicht. Aber wie schlecht der Wein auch wäre, er wäre in jedem Fall zu schade dafür gewesen.
    »Ist Ihre Geliebte eigentlich Kommunistin?«, fragte er so laut, dass es für niemanden überhörbar war.
    Henry hatte nicht übel Lust, mit dem Kerl vor die Tür zu gehen, doch das verbot sich von allein, denn Mendozas Zähne waren nicht mehr in bestem Zustand, und allzu viel Haar hatte er auch nicht mehr auf dem Kopf.
    »Das wäre mir neu«, sagte Henry und zwang sich zur Ruhe, »aber vielleicht wissen Sie mehr als ich. Ihre Leute haben angeblich beste Beziehungen zu den Geheimdiensten. Wie kommen Sie darauf?«
    »Man hört so einiges aus der Provinz La Rioja   – und nicht nur von dort. Ihre Archäologin macht sich mit ihren ›Ausgrabungen‹ weiter unbeliebt, und mit diesem Baltasar Garzón, dem Untersuchungsrichter, der sich an General Pinochet vergriffen hat, steht sie auch in Verbindung. Der hat sich national total lächerlich gemacht.« Mendoza gluckste.
    »Sie sollten besser mit den Journalisten essen gehen, Señor Mendoza, die das aufgebracht haben.«
    »Um was für Ausgrabungen handelt es sich?«, fragte AllesBio neugierig. »Es war immer mein heimlicher Wunsch, Archäologe zu werden, ich habe als Kind alle Bücher über Ausgrabungen verschlungen. Ich war in Ägypten, auf den Pyramiden und im Tal der Könige, ich war auf der Halbinsel Yucatán und in Tikal. Waren Sie mal in Tikal?   … Auch Machu Picchu hat mich begeistert. Aber zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mit der Bahn raufgefahren bin.«
    »Es geht um Leichen, werter Kollege«, sagte Aguirre, der Zorn Gottes, und lächelte, als rede man von Schokolade.
    »Um Mumien? Die haben mich an Ägypten besonders fasziniert. Im Britischen Museum stehen   …«
    »Nein, es geht um angebliche Massengräber«, unterbrach ihn Mendoza, »wie die Kommunisten das nennen. Da liegen aber nur drei Tote drin, deren Herkunft nicht geklärt ist. Das sind Bauern, von Räuberbanden vor Jahrzehnten umgebracht. Aber den Roten geht es ausschließlich darum, unser Vaterland in den Dreck zu ziehen, unsere Institutionen zu diskreditieren. Das Ansehen der Kirche und von General Franco bewerfen sie mit Schmutz und verkaufen uns an

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