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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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geschüttet   – und war gegangen. Oft hielt sichniemand in der Halle auf. Außerdem war ein fremdes Gesicht in einem großen Betrieb nichts Ungewöhnliches.
    »Was geistert Ihnen denn gerade durch den Kopf?«, fragte der Kriminalbeamte.
    Henry erzählte es ihm und wunderte sich, wie interessiert Neureuther zuhörte. »Weshalb sollte jemand das tun? Haben Sie dafür eine Erklärung?«
    »Durchaus. Es handelt sich um einen Racheakt.«
    Neureuther schüttelte den Kopf. »Möglich ist alles, nur wer will sich rächen?«
    »Nicht unbedingt sich rächen, aber der Firma schaden, meiner Freundin schaden, wie ihrem Vater, es hat Drohbriefe gegeben   …« Henry holte etwas weiter aus. »Nehmen wir an, jemand wollte sich an Amber rächen, für irgendwas, das in der Vergangenheit liegt, dann schickt er keinen Profi killer . Rache hat was mit Gefühl zu tun, und ein Auftragsmörder ist kalt. Den muss man bezahlen.«
    »Es ist alles eine Frage des Preises und der finanziellen Möglichkeiten des Auftraggebers«, sagte der Kommissar. »Aber Ihrer Theorie werde ich mich nicht anschließen, das klingt mir zu nebulös, es fehlte noch, dass Sie den Fall mit der Russenmafia in Verbindung bringen, nur weil wir uns in Baden-Baden befinden.«
    »Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen«, sagte Henry erfreut, »ein guter, ein schlüssiger Gedanke. Da hat Amber irgendeinem Oligarchen aus Minsk oder Moskau geraten, diesen oder jenen Wein zu kaufen, und Herr Oligarschow ist bei dem Geschäft betrogen worden, hat gefälschte Ware bekommen, sich vor seinen Oligarchenkollegen lächerlich gemacht   …«
    »Das merken die doch gar nicht, die trinken alles.«
    »Unterschätzen Sie die Russen nicht. Den Fehler haben andere bitter bereut.«
    »Jetzt fehlt nur noch, dass Sie mir die italienische Mafia anbieten.«
    »Schließen Sie die aus? Gab es nicht vor Jahren die Verbindung der ’Ndrangheta zum ehemaligen CD U-Minister präsidenten Günther Oettinger, der seine Fraktion mit ›kalabrischen Abenden‹ im Restaurant eines italienischen Freundes erfreute? Es ging, soweit ich mich erinnere, um Drogenhandel und Geldwäsche. Hat nicht der damalige Innenminister Thomas Schäuble seinen Fraktionschef informiert, dass die Polizei das Telefon dieses Freundes überwachte? In Ihrem schönen Ländle soll die ’Ndrangheta ziemlich aktiv sein.«
    Der Kommissar hatte aufmerksam zugehört, jetzt blickte er Henry finster an. »Das war vor meiner Zeit, ich kann meine Hände in Unschuld waschen. Aber Sie wissen ja so allerlei über unser Ländle«, sagte Neureuther, zwischen Ärger und Aufmerksamkeit noch nicht entschieden, »wo Sie angeblich im Ausland leben.«
    »Angeblich, das ist wahr. Damals lebte ich in Mainz. Ausländer sind besonders verdächtig, nicht wahr? Das Böse kommt immer von außen, es liegt nie in uns selbst.«
    »Sie spielen mir ziemlich schlechtes Theater vor.« Der Kommissar hatte sich für Ärger entschieden, und sein Gesicht wurde schmaler, die Sehnen seines dünnen Halses spannten sich unter der weißlichen Haut, der Hemdkragen wurde ihm dabei zu weit. »Sie waren meiner Kollegin gegenüber viel emotionaler, Ihre Theorie, der zufolge   …«
    »Ich sage Ihnen gern, was ich wirklich denke, Herr Kommissar.«
    »Da bin ich aber gespannt   …«
    »Heckler hat ihn umbringen lassen.«
    »Jetzt wird es lächerlich oder obszön, aber ich will es hören.« Er grinste und schien Henry für einen Aufschneider zu halten.
    Das war für Henry eine weitere Chance, den Kommissar zu verwirren, um Zeit zu gewinnen.
    »Der Mord war eine reine Marketingmaßnahme. Jetztwird ganz Deutschland hierherschauen, genau wie alle wichtigen Weinländer. Bis gestern hat doch außer den Beteiligten kaum ein Hahn nach der Baden-Baden Wine Challenge gekräht. Nur in lokalen Blättern stand etwas, ansonsten hat niemand den Verlag wahrgenommen. Mit der Bekanntheit steigt die Auflage und mit ihr der Anzeigenpreis. Und jetzt hat Heckler sogar eine internationale Affäre und wird sich vor Anfragen zur Teilnahme und vor Anzeigen der Importeure nicht retten können.«
    »Glauben Sie das wirklich?«, fragte der Polizist.
    »Es geht um Geld, es geht immer um Geld, und keiner ist, was er scheint«, sagte Henry. »Wie ich wirklich bin, Herr Kommissar, das müssen Sie selbst rauskriegen.«
    »Wenn ich es für interessant halte, mich weiter mit Ihnen zu beschäftigen, lasse ich Sie holen, aber unter diesen Umständen bezweifle ich das.«
     
    Die Telefonrechnung, die nach der

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