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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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endlich das Maul!«
    Aguirre hatte den Arm des entsetzten Mendoza noch immer nicht losgelassen, allein das Gewicht seiner Hand und seiner Stimme lähmte ihn   – und sein Blick.
    »Señores!« Henry stand auf, er würde sich kaum länger zurückhalten können, und verbeugte sich. »Ich möchte nicht länger mit   … diesem Herrn am selben Tisch sitzen. Ansonsten schätze ich Ihre Gesellschaft sehr   …«
    »Sie sollten sich in Acht nehmen, Meyenbeeker. Wir kennen Sie und können Sie überall erreichen!« Die Worte waren die eines Skorpions. Nur der Druck von Aguirres Hand brachte Mendoza zum Schweigen.

13
Die Wandlung
    AllesBio sprang auf: »Bitte, Meyenbeeker, bitte setzen Sie sich wieder.« Ihm war die Situation peinlich, er wollte vermitteln, derweil befreite sich Mendoza wütend aus Aguirres Griff und stand auf. »Ich warne Sie, Meyenbeeker! Es gibt Möglichkeiten, Spanien für Sie zu einem fremden Land werden zu lassen. Da hilft Ihnen auch Ihre Goldnase nichts. Vergessen Sie das nicht!« Er verzog das Gesicht zu einer abfälligen Grimasse.
    »Mittels Chlorbleichlauge vielleicht, Señor Blaspiñar?« Henry hatte den Pfeil ins Blaue abgeschossen   – und womöglich getroffen?
    Mendoza erstarrte, sein Mund klappte auf und wieder zu, er schien sich umdrehen zu wollen, aber er blieb, und das nicht nur, weil Koch erschienen war und an allen Tischen zur Ruhe gemahnte.
    »Herr Heckler wird eine Ansprache halten!«
    Das fehlt uns gerade noch, dachte Henry, aber es wäre grob unhöflich und würde Heckler weiter provozieren, wenn er jetzt das Lokal verließe, also setzte er sich wieder.
    »Wir werden auf jeden Fall weitermachen   …« Mit diesem Satz leitete der Verlagschef seine Rede ein.
    Hatte das irgendjemand bezweifelt?, fragte sich Henry und übersetzte flüsternd, da für Hecklers Rede kein Übersetzer engagiert war.
    »Der Anschlag auf unseren verehrten und geschätztenAlan Amber war ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit und damit auf uns alle   …«
    Als Anschlag auf sich selbst sah Henry den Mord an Amber nicht, wohl aber als einen auf die Meinungsfreiheit.
    »Er war ein Freund, ein Weggefährte, ein geschätzter Kollege, einer aus unserer Mitte   …«
    »Mein Freund war er nicht«, murmelte Aguirre, »uns schickte er zum Probieren nur noch seine Angestellten.«
    »Dass die feigen Täter bei Nacht zuschlugen, zeigt einmal mehr   …«
    »Feige?«, fragte flüsternd der Journalist aus Valladolid, »feige war der nicht, vielmehr gnadenlos und kaltblütig, abgebrüht.«
    »Wir werden den oder die Täter auf jeden Fall fassen   …«
    Der Muros-Exportleiter zeigte seine Zweifel offen, genau wie Aguirre, beide sahen sich kopfschüttelnd an, bevor sie Mendoza anstarrten, der in sich gekehrt an seinem Weinglas herumfingerte.
    »Es geht ausschließlich darum, unsere Baden-Baden Wine Challenge zu diskreditieren, zu sabotieren   …«
    Nicht nur Henry sah das anders, wie er den Mienen seiner Tischnachbarn entnahm, als er leise weiter übersetzte.
    »Wie Pilze sprießen immer neue Weinwettbewerbe aus dem Boden, die jeder Professionalität und Ernsthaftigkeit entbehren, bei denen das finanzielle Interesse im Vordergrund steht und wo jeder Hinz und Kunz sich eine Medaille abholen kann   …«
    War
fulanoy zutano
die korrekte spanische Übersetzung für »Hinz und Kunz«? Während Henry weiter übersetzte, wunderte er sich, dass in einer Industriegesellschaft sich diese Pilz-Metapher hielt. Er hatte noch nie Pilze aus dem Boden schießen sehen, höchstens mal einen ausgewachsenen Bovisten auf einer Wiese, und mit den unprofessionellen Weinwettbewerben konnte nur die Hamburg Wine International gemeint sein. Da holte sich niemand einfach Medaillenab, da lagen die gleichen Regeln zugrunde wie in Baden-Baden   … Dorothea   – er musste sie dringend fragen, ob sie ihren Hacker erreicht hatte, wahrscheinlich so ein menschenscheuer Nerd, ein Computerfreak, der nichts kannte außer Programmiersprachen und Fast Food in sich hineinschlang, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen   …
    »Was hat er eben gesagt?«, fragte AllesBio.
    »Über fünfhunderttausend Euro Startgeld sind hier zusammengeflossen«, sagte Henry, seinen Gedanken preisgebend, statt zu übersetzen, und er wunderte sich, dass man ihn verständnislos ansah. Er war draußen, er hatte den Faden verloren, er übersetzte mechanisch weiter, ohne den Sinn von Hecklers Rede zu begreifen und sich an das Gesagte zu erinnern. Und während er daran

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