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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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aber Marion würde sauer sein, wenn er ihr schon wieder etwas ausschlug. Mit Hecklers Leuten musste er sich einstweilen gut stellen. Dabei stand ihm nicht der Sinn nach kurzweiligem Vergnügen, doch wenn er mitkäme, könnte er einige Leute weiter ausfragen.
    »Wohin soll’s gehen? Aber vorher muss ich was erledigen. Du kannst frühestens in einer halben Stunde mit mir rechnen.«
    »Komm in die Equipage, die Bar im Casino. Ich warte auf dich.« Um das Lächeln, mit dem sie sich verabschiedete, beneideten ihn alle am Tisch. Erst jetzt wurde Henry gewahr, dass Mendoza nicht zurückgekehrt war.
    Die Equipage? War das nicht der Glitzerladen mit den langbeinigen Blondinen für die Oligarchen? Na ja, ein Stündchen konnte er vorbeischauen, wenn er danach vor Marion Ruhe hatte. Ein diskreter Abgang ließe sich bestimmt einrichten.
    Es wäre unhöflich, ohne Verabschiedung aufzubrechen, aber Henry wollte das Risiko nicht eingehen, dass sich ihm womöglich jemand für den Rückweg zum Hotel anschloss. Er bestellte einen Espresso und entschuldigte sich für einen Moment. Er ging zur Toilette und bog, da Heckler den Haupteingang mit seiner Anwesenheit versperrte, zur Küche ab, wo er die Köche zu dem gelungenen Dinner beglückwünschte. Der Küchenhilfe, die einen Müllkübel schleppte, schloss er sich an und gelangte in den Hof und von dort aus zur Straße. Er wandte sich nach links, ging durch die Toreinfahrt, jetzt musste er sich noch einmal links halten, wenn er auf den Brunnen mit den Bäumen stoßen wollte, aber die Gasse führte ihn von seinem Ziel weg. Dann endlich fand er einen Durchgang in der richtigen Richtung. Henry glaubte, dass er inzwischen viel zu weit gegangen war. In der Dunkelheit ließen sich die Entfernungen nicht so genau einschätzen.
    Als er auf die nächste Straße traf, meinte er, dass der Brunnen zu seiner Linken lag. In einem Hausflur knutschte ein Pärchen, die konnte er nicht fragen, auch den Hund nicht, der an der Ecke pinkelte, und das ältere Ehepaar, das dem Hund dabei zusah, stritt   – wahrscheinlich seit Jahrzehnten   – in derselben Tonlage. Von Koch keine Spur. Ein Brunnen war nirgends zu entdecken. Hatte Koch ihn genarrt? Henry hatte vollständig die Orientierung verloren, was ihm sonst nie passierte. Er sah sich um, sah die dunklenHäuser, halbhoch, eine oder zwei Etagen, dunkle Fenster   – man ging anscheinend früh zu Bett   – zum Teil Jugendstil, zum Teil älter, Gründerzeit oder mit Anklängen vom Klassizismus, vor allem bieder.
    Da bewegten sich plötzlich drei Schatten vor ihm, zwei Frauen und ein Mann waren eilig um eine Ecke gebogen, er konnte endlich jemanden fragen   – Henry blieb abrupt stehen und drückte sich in einen Hauseingang. Zwei der nächtlichen Wanderer erkannte er, als sie durch den Schein einer Straßenlaterne gingen. Es waren die italienischen Winzer. Die Frau in ihrer Begleitung war ihm unbekannt. Sie hatte ihn gesehen, sie wollte ihre Begleiter auf ihn aufmerksam machen, doch er blieb im Schatten, und alle drei beschleunigten ihre Schritte. Henry meinte, italienische Wortfetzen gehört zu haben.
    Die Schritte entfernten sich eilig und verklangen hinter der nächsten Biegung. Nachdenklich ging er in die Richtung, aus der sie gekommen waren, und sah auf die Uhr. Koch, wenn er überhaupt am Treffpunkt wartete, würde ärgerlich sein. Das hatte er vorhin herausgehört. Plötzlich kam er aus der Dunkelheit auf ihn zu. Da war der Brunnen, Henry vernahm sein Plätschern, ringsum standen die Bäume.
    »Haben Sie sich doch entschlossen zu kommen? War es so schwer?«
    »Ist das nicht verständlich, Herr Koch? Unser Verhältnis ist nicht das beste. Aber ich habe nichts gegen Sie.« Henry blieb kühl und distanziert, er erwartete nichts Gutes, wahrscheinlich diente Koch seinem Chef auch als Überbringer schlechter Nachrichten.
    »Setzen wir uns«, schlug der Journalist vor. »Am besten dort drüben auf die Bank.«
    Sie lag im Schatten zwischen zwei Laternen. Henry sah sich um, abwartend und misstrauisch.
    »Ich habe keine Killer bestellt.« Koch kicherte leise. »Niemandvon uns ist so wichtig wie Amber, weder Sie als mögliches Opfer noch ich als potenzieller Auftraggeber.«
    »Sagen Sie endlich, was Sie von mir wollen, Herr Koch.« Diese Art von Versteckspiel widerte ihn an.
    »Ich möchte Ihnen ein Angebot machen! Nein, wehren Sie nicht gleich ab.« Koch hatte Henrys Zurückweichen richtig interpretiert. »Ich gehe auch in Vorleistung, mit einer

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