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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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groß genug, als dass sich eine Zahnarztpraxis lohnen würde, wie er leidvoll erfahren hatte. Und die Post öffnete täglich für drei Stunden, und das nur an zwei Tagen pro Woche. Dahinter begannen fünfzehn Kilometer Wüste, die ideale Western-Kulisse. Links oben am Hang der Sierra Nevada lagen die Weißen Dörfer: Yegen als Teil der Kette, eckige Häuser miteinander verklebt, verschachtelt, Knoblauch und Paprikaschoten auf den Dächern, Ziegen unten im Stall und alles so weiß wie die Dörfer der Berber auf der nordafrikanischen Seite im Atlasgebirge   – ein wirklich altes Stück Spanien.
    Gerald Brenan, ein junger intellektueller Brite, hatte nach dem Ersten Weltkrieg lange hier gelebt und darüber ein Buch geschrieben. »Südlich von Granada« hatte Henry wie kaum ein anderes Buch Einblick in jene Zeit gegeben. Virginia Woolf, Autorin und Freundin Brenans, später Heldin der Frauenbewegung, hatte es bei ihrem Besuch nur wenige Tage ausgehalten.
    Ob das auch für Juan Palomar galt, auf dessen Bodega sie zusteuerten? Der Spanier lebte in den USA   – und für die ließ er in Abwesenheit Wein produzieren, wobei der Süßweinaus Cabernet-Sauvignon-Trauben sein bester war   – er war genauso gut wie das Olivenöl.
    Sie ließen das Bergland hinter sich, fuhren über beste, EU-finanzierte Straßen durch scheinbar verwüstetes Land, das auf erschreckende Weise mit Plastikplanen bedeckt war. Als sie die Küste südlich von Almeria erreichten, war der Boden zur Gänze mit Kunststoff versiegelt, darunter »wuchsen« die Paprikaschoten, die Tomaten und Auberginen für ganz Europa   – und nicht einer der Nordafrikaner, die hier arbeiteten, ließ sich rechts und links der Küstenautobahn blicken. Henry kannte die Entwicklung seit den Neunzigerjahren, doch dass diese Polyethylen-Pest sich so schnell sogar bis Malaga ausbreiten würde, hatte er nicht erwartet.
    Der Bus taumelte kaum noch, die Straße war ausgezeichnet, das Meer lag still im öligen Dunst eines undramatischen Sonnenuntergangs. Marion gab Henry ein Zeichen, nach vorn zu kommen, als Koch sich zu einem Kollegen nach hinten begab. Es war eine Gelegenheit, sie weiter über die BBWC auszufragen.
    »Ich habe Sie auf die Liste der Juroren gesetzt«, sagte sie. »Ich kenne Ihren Newsletter, er ist tatsächlich ein ›Nachrichtenbrief‹.« Sie lächelte, als erwarte sie ein Lob dafür. »Ich kenne Ihre Homepage, ich habe Ihr Foto gesehen, aber in erster Linie finde ich Ihre Schreibe interessant, man nimmt das Gesagte ernst. Aber bilden Sie sich nichts ein«, jetzt zweifelte ihr Lächeln den Wert ihrer Worte an. »Sie sind nur einer von hundertvierzig Juroren.«
    »Und woher kommen die anderen? Wie treiben Sie die auf?«
    »Der Verlag hat jahrelange Erfahrung mit Wettbewerben. Es kommen Leute aus der ganzen Welt, neuerdings sind auch Rumänen und Japaner dabei, alles Spezialisten aus allen Sparten der Weinwirtschaft.«
    »Wohl mehr Herren aus der Wirtschaft als aus der Produktion.Ihre Anzeigenkunden? Ich habe mir die Liste vom letzten Jahr angesehen. Winzer sind weniger dabei, eher die Verwalter des Weins und Journalisten wie ich.«
    »Oh, bei Ihnen muss man ja auf der Hut sein. Das hätte ich nicht gedacht.« Sie schmollte gekonnt. »Es kommt auf die Meinungsbildner an, das betont der Chef uns gegenüber immer wieder. Die BBWC war lange Zeit der einzige Wettbewerb in Deutschland   …«
    »Bis die Hamburger kamen   …«
    Die Journalistin zuckte mit den Achseln. »Sie haben uns viele Kunden abspenstig gemacht, viele Händler und Winzer lassen ihre Weine jetzt in der Hansestadt bewerten. Früher haben sie die Teilnahme am Wettbewerb mit der Teilnahme an der Hamburger Weinmesse gekoppelt   …«
    »Soweit ich weiß, war das eine unbewiesene Behauptung von Heckler   …«
    »Die Hamburger weigern sich, die Namen ihrer Juroren zu nennen, und der Ausländeranteil unter ihnen stimmt nicht.«
    »Das sagen Sie! Hat Heckler nicht gedroht, auf die OI V-Patronage zu verzichten und die Zahlungen einzustellen?«
    »…   und dann wird zwischen Behörden und Veranstalter gekungelt   …«
    »Angeblich«, sagte Henry, »sagen Sie besser: angeblich. Heckler behauptet auch, dass die prämierten Weine nicht mit den anschließend verkauften Partien übereinstimmen. Soweit ich weiß, kungelt Heckler mit der Politik.«
    »Hat sich das bis nach Barcelona rumgesprochen?« Marion reckte sich, bemüht, Koch im Auge zu behalten. »Kennen Sie sich eigentlich, Koch und Sie?«
    »Wir

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