Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
Vom Netzwerk:
dort abgegeben worden sein«, Henry zeigte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Jemand hat von hinten geschossen, die Kugel hat mich verfehlt und ist vor mir in einen Baum   …«
    »Hier!«, rief die Assistentin, »hier ist die Spur in der Borke, es sieht tatsächlich nach einem Schusskanal aus, aber oberflächlich.« Sie blickte Henry an, als hätte sie ihm bisher kein einziges Wort geglaubt. Sie musste sich recken, um die Einschlagstelle zu untersuchen, Neureuther blickte nach unten, für Henry lag sie auf Augenhöhe.
    »Da haben Sie richtig Schwein gehabt. Leider steckt da keine Kugel mehr, ein Streifschuss, und im Laub finden wir nichts.«
    »Es gibt noch andere.« Henry wies nach unten. »Sie haben noch mal geschossen, gleich neben mir.«
    Den Hang hinab führte sie eine Spur aufgewirbelter feuchter, dunkler Blätter, hierher war er geflohen. Der Weg war länger, als er gedacht hatte, er musste gerast sein und hatte wahnsinniges Glück gehabt, nicht gestürzt oder gegen einen Baum geprallt zu sein. Wie eine Suchmannschaft stiegen oder rutschten sie weiter, die Spur ließ sich nur bei genauem Hinsehen verfolgen. Schließlich fanden sie Henrys Erdloch, drei Meter entfernt davon ragte die Baumwurzel in die Höhe.
    »Hier hat er gestanden.« Henry ging an die Stelle, wo er den Schützen gesehen hatte, streckte selbst den Arm aus, als hielte er eine Waffe, und zielte ins Loch. »Da unten müssten die Kugeln sein, in der Erde! Aber rücken Sie bitte nicht mit Ihrer gesamten Kavallerie hier an, um danach zu suchen, das würde gewisse Gäste des ›Il Calice‹ nervös machen und sie zur Abreise veranlassen.«
    »Wir werden darüber nachdenken.« Neureuther und seine Assistentin machten mit ihren Mobiltelefonen einige Fotos, und als sie wieder bergan stiegen, blieb Frank, dessen Telefon geläutet hatte, zurück. Keuchend kam er hinter ihnen her.
    »Es ist was Grauenhaftes passiert.« Mehr sagte er nicht, er versuchte, zu Atem zu kommen. »Die Valianos, die Winzer aus Italien, sind umgebracht worden, nein, nicht die, die wirkennen«, sagte er, als er Henrys Schrecken bemerkte. »Die richtigen. Antonia, meine Frau, sagt es. Sie sind letzte Woche zur Challenge aufgebrochen, unterwegs wurden sie ermordet, und die Mörder haben ihre Rollen und ihren Wagen übernommen und sich für sie ausgegeben.«
    Am wenigsten überrascht zeigte sich Henry. »Ich wusste längst, besser, seit gestern Abend, dass sie keine Winzer sein können, denn wer vom Fach ist«, erklärte er dem Kommissar, »der hätte meine Fragen beantworten können.«
    »Henry, Herr Meyenbeeker, hat ihnen einige Fangfragen gestellt!«, erklärte Frank.
    »Dann haben sie sich mit falscher Identität auf der Challenge eingeschlichen, um Alan Amber zu ermorden? Und das soll niemandem aufgefallen sein? Kannte sie keiner?« Dem Kommissar fiel es schwer, sich vorzustellen, dass zwei Menschen umgebracht wurden, damit man ihre Rollen übernehmen konnte, um einen weiteren Mord zu begehen.
    »Und dann noch einen, die Frau Schönhals   …«
    »In einem Duisburger Restaurant haben sie in einer Kneipe sechs Leute auf einmal erschossen«, meinte seine Assistentin, die ziemlich ungerührt auf die Entdeckungen reagierte.
    »Zahlen spielen für diese Leute nur auf Geldscheinen eine Rolle«, meinte auch Frank. »Darin sind sie den Bankern seelenverwandt, und beide werden nicht zur Rechenschaft gezogen.«
    Neureuther blickte ihn finster an. »Bevor wir in eine politische Diskussion abgleiten, sollten wir zum Hotel gehen   …«
    Henry winkte ab. »Die sind längst über alle Berge. Wir können uns nur an die Brunners halten, die Besitzerin und ihren Mann, den Sternekoch. Im Knast freuen sie sich bestimmt, wenn er kommt. Den Brunner stecken sie in die Küche, da wird das Essen besser.«
    »Wir werden gar nichts unternehmen!«, sagte Neureuther in ungeahnter Schärfe. »Sie beide sind in einer Stunde imPräsidium in Baden-Baden. Ich untersage Ihnen ganz offi ziell , eigenmächtig zu handeln und die laufenden Ermittlungen zu stören. Ich werde sofort mit meiner vorgesetzten Behörde Rücksprache nehmen.«
     
    »Der Feigling.« Ärgerlich sah Henry den Kommissar und seine Assistentin in den Wagen steigen und abfahren. »Er will sich nicht die Pension verscherzen.«
    »Oder seine Oberen nicht gegen sich aufbringen, falls sie mit dem ›Il Calice‹ was zu tun haben«, feixte Frank. »Neureuther muss ihnen Zeit lassen, sich rechtzeitig diskret zurückzuziehen. Und du   –

Weitere Kostenlose Bücher