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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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bedeuten, viele Leute werden nervös, wenn man nach mir fragt, aus verschiedensten Gründen. Ich bin ihr schlechtes Gewissen und ein Schandfleck, müssen Sie wissen.«
    »Das werden Sie bald ändern können«, meinte Henry mehr zu sich selbst und schaute auf die Uhr. Es war kurz vor vier, an Schlaf war in dieser Nacht kaum mehr zu denken. Das Staatsweingut Blankenhornsberg stand auf dem Programm.
    »Um unser Gespräch zu einem Abschluss zu bringen   – weshalb zum Teufel wurde Amber nun erschossen? Sie vermuten, dass er mit der ’Ndrangheta in Verbindung stand, dass sie ihn finanzierte. Weshalb sollte der Verein ihn erschießen lassen?«
    »Sie verstehen die ’Ndrangheta nicht, Herr Meyenbeeker. Es ist kein Verein, keine Organisation und auch kein Syndikat, es ist eine Familie, und in dieser Familie gibt es nur ja oder nein, diese Familie wird man nie los.«
    »Er war Engländer«, warf Frank Gatow ein.
    »Wenn man wie er ihre Hilfe in Anspruch genommen hat, bleibt man ihr verpflichtet. Womöglich hatte er einen Job auszuführen und sich geweigert.«
    »Und die Brunners? Was ist mit denen?«
    »Rebecca fungiert für die Familien vielleicht als Quartiermeisterin, sie leitet die Poststation, da steigen die Kuriere ab, keiner fragt nach dem Namen.«
    »Sie wissen ja ziemlich gut Bescheid.«
    »Das sind alles Vermutungen. Wenn man jahrelang im Wirtshaus sitzt und nicht für voll genommen wird, kriegt man ziemlich viel mit   …«
     
    Es war viel, was sie erfahren hatten, darin waren Henry und Frank sich einig, als sie zurück zum »Il Calice« fuhren, aber es war nicht genug, und es war vor allem nicht gerichtlich verwertbar. Aber handfeste Beweise suchten sie nicht, im Grunde suchten sie einen Weg raus aus dieser Geschichte und das möglichst schnell. Frank sprach zwar nicht darüber, dass er sich Sorgen um seine eigene Sicherheit machte, aber Henry vermutete es. Er war still wie selten. Oder war er nur müde? Frank hielt auch genau wie er selbst Ausschau nach einem Verfolger; der häufige Blick in den Außenspiegel verriet ihn. Sie mussten schleunigst das Hotel wechseln, durch die Wirtin standen sie unter ständiger Beobachtung.
    Als Henry den Wagen vor dem Hotel einparken wollte, sah er zwei Personen am Waldrand stehen, er wendete, um sofort durchzustarten, als Frank ihn am Arm packte.
    »Ich glaube, da stehen Neureuther und seine kleine Assistentin. Panik?«
    »Nein, Vorsicht«, sagte Henry grinsend, aber ihm war nicht wohl dabei.
    Der Kommissar wollte natürlich wissen, wo sie zu dieser nachtschlafenden Zeit herkämen. »Und weshalb sind Sie noch hier, Herr Gatow, wo Ihre Frau bereits abgereist ist?«
    »Ich diene meinem Freund Meyenbeeker als Rückendeckung bei seinen Recherchen   – über die Weine des Kaiserstuhls.«
    »Das heißt, Sie kommen gerade von einer Verkostung im Morgengrauen? Ist das jetzt in eurer Szene angesagt?«
    »Wir haben das mit der Vernehmung eines Zeugen kombiniert«, ergänzte Henry.
    Bevor er fortfahren konnte, fuhr Neureuthers Assistentin dazwischen: »Dann rufen wir jetzt eine Streife und lassen eine Alkoholkontrolle durchführen   …«
    Neureuther brachte sie mit seinem finsteren Blick zum Schweigen. »Ist was dabei rausgekommen?«
    »Weil Sie es sowieso nicht glauben, behalten wir es besser für uns.«
    »Darf ich wenigstens wissen, wen Sie vernommen haben?«
    »Wir sprachen mit Jürgen Templin, einem Winzer, der mit Alan Amber in seiner Italienzeit befreundet war und seine Kontaktaufnahme zur ’Ndrangheta verfolgt hat.«
    »Das meinen Sie nicht ernst?« Der Kommissar machte einen Schritt rückwärts, der Unterkiefer fiel ihm herunter, »baff« war genau das richtige Wort, um seinen Ausdruck zu beschreiben. Er wusste nicht, was er mit der Antwort anfangen sollte, er blickte verstört von einem zum anderen, seine Assistentin wirkte genauso hilflos.
    »Todernst meine ich das, so ernst wie die Schüsse auf mich.«
    »Dann zeigen Sie mir mal, wo das passiert ist.« Neureuther war erleichtert, dass man sich bewegen konnte, und schwieg auf dem Weg in den Wald. Henry machte ihn darauf aufmerksam, dass sie vom Hotel aus beobachtet wurden. Er war sich nicht sicher, wer dort hinter der Gardine stand, er meinte, dass es der Koch gewesen war.
    »Hier bin ich entlanggegangen, einige Schritte weiter   …«, Henry blieb stehen und sah sich um, es war mittlerweile taghell, die ersten Strahlen der Morgensonne fielen zwischen den Stämmen auf den duftenden Waldboden. »Der Schuss muss von

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