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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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Monaten tot, und die Todesursache konnte mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Schuss in den Kopf gewesen sein. Das Eintrittsloch auf der linken Schläfe, das Austrittsloch auf der rechten. Wohl eine ziemlich großkalibrige Waffe, möglicherweise eine Berenger oder Pinchmann. Der Schuss war nur aus wenigen Zentimetern Entfernung abgegeben worden. Weder Kugel noch Hülse wurden gefunden.
    Und keine Papiere oder persönlichen Gegenstände. Abgesehen von einem Kaugummipäckchen der Marke Dentro Frucht mit zwei noch nicht gekauten Streifen in der rechten Vordertasche. Fingerabdrücke waren in Hinblick auf den Zustand der Leiche nicht zu nehmen, aber das Zahnprofil konnte von der Gerichtsmedizin in Maardam bestimmt werden – und dorthin war die Leiche auch zu allen möglichen weiteren Untersuchungen und Analysen unterwegs.
    Am Fundort oder in seiner Nähe war nichts von Interesse gefunden worden. Auch hatten keine Spuren eines Kampfes oder Streites festgestellt werden können. Ein relativ gut zugänglicher und befahrbarer Weg verlief nur dreißig Meter von der betreffenden Mulde entfernt, weshalb anzunehmen war, dass der Körper mit dem Auto in den Wald transportiert worden war. In lebendem oder totem Zustand.
    Es gab eigentlich nichts, was die Selbstmordalternative zu hundert Prozent ausschloss, aber vor Ort war keine Waffe gefunden worden, und der Körper war so sehr mit Laub und Zweigen bedeckt gewesen, dass nach allem zu urteilen wohl jemand versucht hatte, ihn vor den Augen der Welt zu verbergen.
    Mord, mit anderen Worten. Inspektorin Moerk wusste, dass man es mit einem Mord zu tun hatte. Sie hatte das in gemäßigt deutlicher Manier dem Polizeichef deKlerk mitgeteilt, der sich ausgerechnet an diesem Samstag unglücklicherweise in einer Familienangelegenheit in Aarlach befand, der aber jetzt – ein paar Minuten nach neun Uhr abends – hoffentlich in seinem Wagen auf dem Weg zurück saß (exakt in entgegengesetzter Richtung wie die Leiche und ihr möglicherweise sogar irgendwo auf seinem Weg begegnete, wie Beate Moerk mit einem merkwürdigen inneren Lächeln feststellte), um so gegen halb elf auf dem Revier aufzutauchen.
    Das hatte er zumindest versprochen, schließlich hatte man es in Kaalbringen nicht jeden Tag mit Mordermittlungen zu tun, und wenn man Polizeichef war, dann hatte man seine Pflicht zu erfüllen. Beate Moerk trank ihren letzten Schluck Tee und schob ihre Notizen in eine gelbe Mappe. Lehnte sich auf ihrem Schreibtischstuhl zurück und schaute aus dem Fenster, das die warme Augustdunkelheit hereinließ.
    Mord?, dachte sie, und da fiel ihr ein, dass sie wusste, wer der Tote war.
    Natürlich hätte sie schon früher daran denken sollen, aber es war ein hektischer Nachmittag und Abend gewesen. Sie war von Wachtmeister Bang ein paar Minuten nach vier von der Wache aus angerufen worden, und danach waren alle verfügbaren Kräfte eingesetzt worden. Der Fall lag, zumindest bis auf weiteres, auf dem Tisch der Kaalbringener Polizei. Die Techniker und das Ärzteteam kamen jedoch aus Oostwerdingen.
    Hektische Stunden ohne viel Zeit zum Nachdenken also.
    Gespräche mit dem pilzsuchenden alten Ehepaar, das die Leiche gefunden hatte. Ausführliche Unterhaltungen mit dem Pathologen Meegerwijk und Kommissar Struenlee, dem Leiter der Spurensicherung. Abwehrende Antworten für ein paar Journalisten, die aus unerklärlichen Gründen (Bang?) Wind von dem Fall bekommen hatten… Telefongespräche hierhin und dorthin, und erst jetzt – gegen neun Uhr abends – hatte sie die Gelegenheit gehabt, sich hinzusetzen und eine Weile nachzudenken.
    Aber das genügte. Plötzlich wusste sie, wer da hinten in Hildeshejm eine Kugel durch den Schädel bekommen hatte… nun ja,
wusste
war vielleicht zu viel gesagt, aber wenn ihr jemand eine Wette dahingehend angeboten hätte, hätte sie ohne zu zögern eine ziemlich hohe Summe gesetzt.
    Dieser Privatdetektiv nämlich, verdammt, wie hieß er noch gleich?
    Sie brauchte eine Weile, um den Namen zwischen all den anderen Namen zu finden, die in der Kaalbringener Polizeistation aufgeschrieben und archiviert waren, aber schließlich entdeckte sie ihn.
    Verlangen.
    Maarten Baudewijn Verlangen, wenn man genau sein wollte, und das sollte man wohl in so einer Situation.
    So war es also. Dieser verschwundene ehemalige Privatdetektiv, dessentwegen dieser berühmte ehemalige Kriminalhauptkommissar Anfang Mai hier gewesen war, um ihn zu suchen.
    Von dem er aber keine Spur hatte finden

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